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Brunetti 02 - Endstation Venedig

Brunetti 02 - Endstation Venedig

Titel: Brunetti 02 - Endstation Venedig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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fortzusetzen. Da ein schlichter Raubüberfall die passendste Erklärung war, würde Patta seine Hoffnungen darauf richten und auch die Ermittlungen entsprechend steuern wollen.
    »Sie haben völlig recht. Aber ich dachte, bis wir den Tater gefunden haben, könnte es nicht schaden, wenn wir den Eindruck erwecken, daß die Quelle für das Verbrechen außerhalb der Stadt liegt. Sie wissen ja, wie Touristen sind. Schon die geringste Kleinigkeit erschreckt sie, und dann bleiben sie weg.«
    Schwand daraufhin merklich die Röte in Pattas Gesicht, oder bildete Brunetti es sich nur ein? »Ich bin froh, daß wir da einer Meinung sind, Commissario.« Und nach einer Pause, die man nur als bedeutungsvoll bezeichnen konnte, fügte Patta hinzu: »Ausnahmsweise.« Er streckte eine wohlmanikürte Hand aus und strich damit über den Ordner, der vor ihm lag. »Glauben Sie, es gibt eine Verbindung mit Vicenza?«
    Brunetti nahm sich Zeit für seine Antwort, hocherfreut darüber, wie leicht Patta ihm die Verantwortung dieser Entscheidung überließ. »Ich weiß es nicht, Vice-Questore. Aber ich finde, es könnte uns hier nicht schaden, wenn wir den Eindruck erwecken, daß dem so ist.«
    Die Pause, mit der sein Vorgesetzter dies begrüßte, war gekonnt, als er seine Bedenken gegen jedes irreguläre Vorgehen sorgsam abwog gegen seinen Wunsch, bei der Suche nach der Wahrheit keine Möglichkeit außer acht zu lassen. Er zog seinen Montblanc-Meisterstück aus der Brusttasche, klappte die Mappe auf und unterschrieb drei Schriftstücke, wobei es ihm gelang, seinen Namenszug jedesmal bedachtsamer und zugleich entschlossener zu Papier zu bringen. »Also gut, Brunetti, wenn Sie der Meinung sind, daß wir die Sache am besten so handhaben sollten, fahren Sie noch einmal nach Vicenza. Wir können nicht zulassen, daß die Leute sich fürchten, nach Venedig zu kommen, nicht wahr?«
    »Nein, Vice-Questore«, antwortete Brunetti mit musterhaftem Ernst in der Stimme, »das können wir wahrhaftig nicht.« Und im selben Ton fragte er: »Wäre das dann alles?«
    »Ja, das ist alles, Brunetti. Und Sie erstatten mir dann ausführlich Bericht, ja?«
    »Natürlich«, sagte Brunetti, schon auf dem Weg zur Tür und sehr gespannt, welchen Gemeinplatz ihm Patta diesmal hinterherschleudern würde.
    »Wir werden den Mann vor Gericht bringen«, sagte Patta.
    »Bestimmt, Vice-Questore«, antwortete Brunetti, erfreut, daß sein Vorgesetzter im Plural sprach, und nur allzu bereit, ihn darin zu bestärken.
    Er ging in sein eigenes Büro und blätterte die Papiere durch, die er in seiner Aktenmappe gehabt hatte, um Bocchese noch eine halbe Stunde Zeit für die Fingerabdrücke zu geben. Als die halbe Stunde um war, ging er wieder ins Labor hinunter, wo er Bocchese diesmal mit einem Brotmesser an der rotierenden Scheibe der Maschine fand. Als Bocchese ihn kommen sah, stellte er die Maschine ab, behielt das Brotmesser aber in der Hand und fuhr prüfend mit dem Daumen über die Schneide.
    »Haben Sie eine Nebentätigkeit angenommen?« fragte Brunetti.
    »Nein. Meine Frau bittet mich alle paar Monate, ihre Messer zu schleifen, und so geht es am besten. Wenn Ihre Frau irgend etwas zu schleifen hat, mache ich das gern für sie.«
    Brunetti nickte. »Danke. Haben Sie etwas gefunden?«
    »Ja. Auf dem einen Beutel ist ein guter Satz Abdrücke.«
    »Seine?«
    »Ja.«
    »Noch andere?«
    »Ein oder zwei andere, wahrscheinlich von einer Frau.«
    »Und der zweite?«
    »Sauber, entweder abgewischt oder nur mit Handschuhen angefaßt.« Bocchese nahm ein Stück Papier und rasierte mit dem Brotmesser ein Stückchen davon ab. Zufrieden legte er es auf den Tisch und drehte sich zu Brunetti um. »Ich glaube, der erste Beutel ist vorher für etwas anderes benutzt worden, bevor das...« Bocchese unterbrach sich, unsicher, was er sagen sollte, »... bevor die andere Substanz hineingefüllt wurde.«
    »Und wofür wurde er ursprünglich benutzt?«
    »Ganz genau kann ich das nicht sagen, aber es könnte Käse gewesen sein. An der Innenseite war eine Spur von irgendeiner öligen Substanz. Und dieser Beutel ist eindeutig öfter angefaßt worden als der andere, er hatte mehr Falten, so daß ich sagen würde, es war etwas anderes darin, bevor das - ah - Pulver eingefüllt wurde.«
    Als Brunetti darauf nichts sagte, fragte Bocchese: »Sind Sie nicht überrascht?«
    »Nein, bin ich nicht.«
    Bocchese zog aus einer Papiertüte links neben der Maschine ein Steakmesser mit Holzgriff und prüfte die Klinge mit

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