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Brunetti 02 - Endstation Venedig

Brunetti 02 - Endstation Venedig

Titel: Brunetti 02 - Endstation Venedig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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dem Daumen. »Also, wenn ich sonst noch etwas tun kann, lassen Sie es mich wissen. Und sagen Sie Ihrer Frau das mit den Messern.«
    »Ja, danke, Bocchese«, sagte Brunetti. »Was haben Sie mit den Beuteln gemacht?«
    Bocchese schaltete seine Maschine ein, hob das Messer und sah zu Brunetti auf. »Welche Beutel?«

9
    Er sah keinen Anlaß, noch in der Questura zu bleiben, da wenig Aussicht auf irgendwelche neuen Informationen bestand, bevor er wieder nach Vicenza fuhr. So stellte er die Aktentasche in den Schrank zurück und verließ sein Büro. Vor der Eingangstür blickte er rasch nach beiden Seiten, ob ihm jemand Verdächtiges auffiel. Dann wandte er sich nach links in Richtung Santa Maria Formosa und weiter zur Rialtobrücke, wobei er schmale Seitengäßchen benutzte, die es ihm nicht nur erlaubten, einem möglichen Verfolger aus dem Weg zu gehen, sondern auch den Batallionen wildgewordener Touristen, die ihre Attacken ausnahmslos auf die Gegend um San Marco konzentrierten. Jedes Jahr wurde es schwieriger, Geduld mit ihnen zu üben, ihr Stop-and-Go und die Hartnäckigkeit zu ertragen, mit der sie selbst in der engsten Calle darauf bestanden, zu dritt nebeneinander zu gehen. Manchmal hätte er sie am liebsten angebrüllt oder sogar beiseite geschubst, aber er begnügte sich damit, seine Aggressionen dadurch abzureagieren, daß er sich weigerte, anzuhalten oder seinen Kurs zu ändern, damit sie fotografieren konnten. Darum war er sicher, daß sein Rücken, sein Gesicht, sein Ellbogen auf Hunderten von Fotos und Videos zu sehen waren; manchmal stellte er sich die enttäuschten Deutschen vor, wie sie während eines tobenden Nordseesturms ihre Sommervideos anschauten, auf denen dann eine italienische Gestalt im dunklen Anzug zielbewußt vor Tante Gerda oder Onkel Fritz einherschritt und zwischendurch den Blick auf lederbehoste, stramme Oberschenkel verdeckte, die auf der Rialto-Brücke, vor dem Portal von San Marco oder neben einer besonders charmanten Katze posierten. Er wohnte hier, zum Donner, und sie konnten mit ihren dämlichen Fotos warten, bis er vorbei war, oder sie sollten das Bild eines echten Venezianers mit nach Hause nehmen; wahrscheinlich war das sowieso der engste Kontakt, den sie je zu der Stadt haben würden. Ach ja, welch einen gutgelaunten Menschen brachte er jetzt heim zu Paola! Und das, nachdem gerade ihr Semester wieder angefangen hatte.
    Um das zu vermeiden, machte er einen Abstecher zu Do Mori, seiner Lieblingsbar, nur ein paar Schritte von der Rialtobrücke entfernt, um Roberto, dem grauhaarigen Besitzer, guten Tag zu sagen. Sie wechselten ein paar Worte, und Brunetti bestellte ein Glas Cabernet, das einzige, was er im Augenblick trinken mochte. Dazu aß er ein paar von den am Tresen stets vorrätigen gerösteten Shrimps, wonach er beschloß, sich ein dick mit Schinken und Artischocken belegtes tramezzino zu gönnen. Danach trank er noch ein Glas Wein und fühlte sich zum erstenmal an diesem Tag wieder wie ein Mensch. Paola warf ihm immer vor, er werde unleidlich, wenn er zu lange nichts gegessen habe, und allmählich glaubte er, daß sie recht hatte. Er zahlte, ging hinaus und setzte seinen Heimweg fort.
    Bei Biancat blieb er stehen, um die Blumen im Schaufenster zu betrachten. Signor Biancat erkannte ihn durch die riesige Glasscheibe, lächelte und nickte, woraufhin Brunetti hineinging und zehn blaue Iris verlangte. Während Biancat sie einwickelte, erzählte er von Thailand, wo er gerade eine Woche zu einer Konferenz von Orchideenzüchtern gewesen war. Merkwürdig, mit so etwas eine Woche zuzubringen, fand Brunetti, aber dann überlegte er, daß er schon in Dallas und Los Angeles gewesen war, um an Polizeiseminaren teilzunehmen. Wie konnte er darüber urteilen, ob es merkwürdiger war, eine Woche über Orchideen zu reden als über die Häufigkeit von Sodomie bei Serienmördern oder die verschiedenen Gegenstände, die bei Vergewaltigungen benutzt wurden?
    Nun, Wein und Essen hatten offenbar einiges dazu beigetragen, seine Stimmung zu heben.
    Die Treppen zu seiner Wohnung waren gewöhnlich ein genauer Gradmesser für seinen Seelenzustand. Wenn er sich gut fühlte, schienen sie kaum vorhanden; wenn er müde war, zahlten seine Beine jede einzelne der vierundneunzig Stufen. Heute abend hatte offenbar jemand welche dazugemogelt.
    Er schloß die Tür auf und freute sich schon auf die heimeligen Gerüche, nach Essen oder den vielen verschiedenen Düften, die er im Lauf der Zeit mit dieser Wohnung zu

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