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Brunetti 06 - Sanft entschlafen

Brunetti 06 - Sanft entschlafen

Titel: Brunetti 06 - Sanft entschlafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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gelesen, daß alte Leute manchmal reihenweise sterben, ohne besonderen Grund.«
    »Das habe ich ja eben gesagt. Gewöhnlich gleich nach den Ferien.«
    »Könnte es auch hier so eine Erklärung geben?« fragte er.
    Brunetti glaubte so etwas wie Zorn in ihren Augen aufblitzen zu sehen. »Natürlich könnte das sein. Aber warum hat sie dann versucht, mich zum Schweigen zu bringen?«
    »Ich glaube, das haben Sie mir vorhin gesagt, Maria.«
    »Was?«
    »Ihr Gelübde. Gehorsam. Ich weiß nicht, wie wichtig das denen ist, aber es könnte sein, daß es ihnen mehr Sorgen bereitet als alles andere.« Als sie nicht antwortete, fragte er:
    »Halten Sie das für möglich?« Sie verweigerte weiterhin die Antwort, darum fragte er jetzt: »Wie ist es dann weitergegangen? Mit diesen Leuten am Lido?«
    »Sie waren sehr nett zu mir. Nach dem Essen hat die Frau mir ein paar Kleider von sich gegeben.« Sie zeigte auf den Rock, den sie anhatte. »Ich bin die erste Woche bei ihnen geblieben, dann haben sie mir geholfen, diese Arbeit im Krankenhaus zu finden.«
    »Mußten Sie sich dafür nicht irgendwie ausweisen?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Die waren so froh, jemanden zu finden, der zu dieser Arbeit bereit war, daß sie mir gar keine Fragen gestellt haben. Aber ich habe ans Bürgermeisteramt meiner Heimatstadt geschrieben und um Kopien meiner Geburtsurkunde und meines Personalausweises gebeten. Wenn ich in dieses Leben zurückkehren soll, werde ich die wohl brauchen.«
    »Wohin haben Sie die schicken lassen, an die Klinik?«
    »Nein, zu diesen Leuten.« Sie hatte die Besorgnis in seinem Ton gehört und wollte wissen: »Warum fragen Sie das?«
    Er tat ihre Frage mit einer raschen Kopfbewegung ab. »Reine Neugier. Man weiß nie, wie lange so etwas dauert.« Es war eine dumme Lüge, aber Maria war so lange im Kloster gewesen, daß Brunetti bezweifelte, ob sie eine Lüge als solche erkennen würde, vor allem aus dem Munde eines Menschen, den sie als Freund betrachtete. »Haben Sie noch Verbindung mit irgend jemandem aus der casa di cura, oder von Ihrem Orden?«
    »Nein, mit niemandem.« Nach kurzem Schweigen fügte sie hinzu: »Ich bin zwei Leuten begegnet, deren Eltern im San Leonardo meine Patienten waren. Aber ich glaube nicht, daß sie mich erkannt haben.« Hier lächelte sie und meinte dann: »Genau wie Sie.«
    Brunetti erwiderte ihr Lächeln. »Wissen die Leute im Pflegeheim, wohin Sie gegangen sind?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Das können sie unmöglich wissen.«
    »Würden die Leute vom Lido es ihnen sagen?«
    »Nein. Ich habe sie gebeten, niemandem etwas von mir zu erzählen, und ich glaube, das tun sie auch nicht.« Anscheinend fiel ihr Brunettis Unbehagen von vorhin wieder ein, denn schon wollte sie wissen: »Warum fragen Sie?«
    Er sah keinen Grund, ihr nicht wenigstens das zu sagen. »Wenn etwas dran ist an Ihrem...«, begann er, merkte dann aber, daß er gar nicht wußte, wie er es nennen sollte: Eine Anschuldigung war es jedenfalls nicht, eigentlich nichts weiter als eine Wiedergabe unzusammenhängender Ereignisse. Er fing noch einmal von vorn an: »Wegen der Dinge, die Sie mir berichtet haben, könnte es ratsam sein, vorerst keinen Kontakt mit den Leuten von der casa di cura aufzunehmen.« Er machte sich klar, daß er keine Ahnung hatte, wer diese Leute waren. »Als Sie diese alten Frauen von ihrem Geld reden hörten, hatten Sie da irgendeine Ahnung, wem, ich meine welcher bestimmten Person, sie es vermachen wollten?«
    »Darüber habe ich nachgedacht«, antwortete sie mit leiser Stimme, »und ich möchte es lieber nicht sagen.«
    »Bitte, Maria, ich glaube. Sie können es sich jetzt nicht mehr aussuchen, was Sie über das alles sagen wollen und was nicht.«
    Sie nickte, aber sehr langsam; sie mußte wohl zugeben, daß er recht hatte, aber das machte es ihr keineswegs angenehmer. »Sie könnten es der casa di cura selbst vermacht haben, oder dem Direktor. Oder dem Orden.«
    »Wer ist der Direktor?« »Doktor Messini, Fabio Messini.«
    »Käme sonst noch jemand in Frage?« Sie dachte einen Moment darüber nach, dann meinte sie: »Vielleicht Padre Pio. Er ist so gut zu den Patienten, daß viele ihn sehr gern haben. Aber ich glaube nicht, daß er etwas annehmen würde.«
    »Die Mutter Oberin?« fragte Brunetti.
    »Nein. Der Orden erlaubt uns nicht, etwas zu besitzen. Den Frauen jedenfalls nicht.«
    Brunetti zog sich ein Blatt Papier heran. »Kennen Sie Padre Pios Familiennamen?«
    Die Angst stand deutlich in

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