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Brunetti 12 - Verschwiegene Kanäle

Brunetti 12 - Verschwiegene Kanäle

Titel: Brunetti 12 - Verschwiegene Kanäle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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»falls man den größeren LCD-Schirm nimmt.«
    »Und den wollen Sie wirklich bestellen?« fragte er.
    »Ich fürchte, ich habe keine andere Wahl.«
    »Wieso nicht?«
    »Weil ich diesen hier« - und Signorina Elettra deutete auf ihren fast nagelneuen Bildschirm, als handele es sich um einen Sack für die Altkleidersammlung, den sie die Putzfrau fortzuräumen bitte - »schon Vianello versprochen habe.«
    Brunetti beschloß, sich nicht weiter einzumischen, und wechselte das Thema. »Es scheint, als gäbe es eine Verbindung zwischen dem Vice-Questore und Dottor Moro«, begann er. »Glauben Sie, daß Sie Näheres darüber in Erfahrung bringen könnten?«
    Signorina Elettra hatte sich schon wieder in ihren Katalog vertieft. »Nichts leichter als das, Commissario«, sagte sie und blätterte um.

11
    W ie jede andere italienische Stadt litt auch Venedig unter der rückständigen Immigrationspolitik seiner Regierung, die sich strikt weigerte, den steigenden Einwanderungszahlen in vernünftiger Weise Rechnung zu tragen. Eine Folge davon, die Brunetti allerdings nicht unmittelbar betraf, waren die Tausende von illegalen Einwanderern, die sich die laxe Bürokratie zunutze machten, um in den Besitz italienischer Papiere zu gelangen. Mit denen reisten sie dann ganz legal in die nördlichen Nachbarländer der europäischen Union ein, wo sie Arbeit fanden und einen gewissen Rechtsschutz genossen. Natürlich führte die Gelassenheit, mit der die Italiener sich des Problems entledigten, indem sie die Immigranten einfach durchschleusten, zu erheblichen Unstimmigkeiten mit den Regierungen der Nachbarstaaten.
    Die Venezianer und mit ihnen Brunetti hatten auf ihre Weise unter der verfehlten Politik zu leiden: Die Zahl der Taschendiebstähle war sprunghaft gestiegen; Ladendiebstahl wurde selbst für die kleinsten Händler zum Problem; und kein Wohnungsinhaber war mehr vor Einbrüchen sicher. Da die meisten Fälle bei der Questura landeten, war Brunetti über die wachsende Kleinkriminalität im Bilde, nahm sie jedoch so gelassen hin wie jemand, der eine leichte Erkältung hat, feststellt, daß seine Temperatur um ein, zwei Grad gestiegen ist, aber weiter keine Beschwerden hat. Wenn ihm die steigende Verbrechensrate Kummer machte, dann höchstens durch die zusätzlichen Protokolle, die er täglich abzeichnete und wohl auch hätte lesen müssen.
    Gewaltverbrechen kamen in den Häusern oder auf den Gassen Venedigs gegenwärtig so gut wie gar nicht vor, ein glücklicher Umstand, den Patta, der unter Entzugserscheinungen litt, weil sein Name seit über einer Woche nicht mehr im Gazzettino gestanden hatte, sich umgehend zunutze machte. Er befahl Brunetti und ersuchte Signorina Elettra, eine Dokumentation zu erstellen, in der die hohe Aufklärungsrate der venezianischen Polizei statistisch nachgewiesen wurde. Dieser Bericht, so hatte Patta es sich ausbedungen, sollte belegen, daß die Täter in den meisten Fällen ermittelt und verhaftet würden, was im letzten Jahr zu einem steten Rückgang der Verbrechensrate in der Stadt geführt habe.
    »Aber das ist doch Schwachsinn«, sagte Brunetti, als Signorina Elettra ihm den Auftrag übermittelte.
    »Nicht schwachsinniger als jede andere Statistik.«
    Brunetti, verärgert wegen der wertvollen Zeit, die dieser Bericht ihn kosten würde, fragte schroffer als beabsichtigt:
    »Zum Beispiel?«
    »Zum Beispiel die Statistiken über Straßenverkehrsopfer«, sagte sie und quittierte seine Gereiztheit mit einem duldsamen Lächeln.
    »Ja, und was ist mit denen?« Die Frage interessierte ihn eigentlich nicht, aber er war doch neugierig, ob und wie etwas so gut Dokumentiertes wie eine Unfallstatistik zu manipulieren sei.
    »Angenommen, Sie sterben an den Folgen eines Verkehrsunfalls, aber erst eine Woche hinterher oder noch später, dann sind Sie statistisch gesehen kein Unfallopfer«, erklärte sie triumphierend.
    »Heißt das, in dem Fall hat einen das Krankenhaus umgebracht?« fragte er mit einem Anflug von Ironie.
    »Auch das«, versetzte sie mit engelsgleicher Geduld, »kommt bestimmt oft genug vor, Signore. Was die verspäteten Unfalltoten angeht, so weiß ich zwar nicht, in welche Statistik die gehören, aber als Verkehrsopfer gelten sie jedenfalls nicht.«
    Brunetti glaubte ihr aufs Wort, und ihr Beispiel brachte ihn auf eine Idee. »Meinen Sie, diese Methode könnten wir bei unserem Bericht kopieren?«
    »Nach dem Motto: Wenn jemand niedergeschossen wird, aber erst eine Woche später stirbt, wurde er

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