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Brunetti 14 - Blutige Steine

Brunetti 14 - Blutige Steine

Titel: Brunetti 14 - Blutige Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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sie sich nach ihren Frauen sehnten. Sobald einer mit seinem Arrangement zufrieden war, stand er auf und trat hinter seine Waren zurück; wobei sie sich fast immer am einen oder anderen Deckenzipfel postierten, um das Gespräch mit dem Kollegen nebenan nicht abreißen zu lassen. Die Männer waren meist auffallend groß und alle sehr schlank. Ihre Haut besaß - soweit das an Gesichtern und Händen zu erkennen war - den glänzenden Ebenholzschimmer jener Afrikaner, deren Vorfahren sich nie mit Weißen vermischt hatten. Sie wirkten nicht nur gesund und kräftig, sondern es lag auch eine gewisse Heiterkeit in ihren Zügen, ihren Bewegungen, so als könnten sie sich für diesen Abend kein größeres Vergnügen vorstellen, als in der klirrenden Kälte auszuharren, um gefälschte Markentaschen an Touristen zu verhökern.
    Ihnen gegenüber hatten in einem kleinen Kreis von Zuhörern drei Straßenmusikanten Aufstellung genommen, zwei Geiger und ein Cellist, die ein Stück vortrugen, das ebenso barock wie verstimmt klang. Aber da die Musiker sich begeistert ins Zeug legten und zudem jung waren, fand ihr Publikum Gefallen an ihnen, und nicht wenige traten vor und warfen ein paar Münzen in den Geigenkasten, der aufgeklappt vor dem Trio stand.
    Es war noch früh am Abend, vermutlich zu früh für einen schwunghaften Handel; dennoch nahmen die Straßenverkäufer stets pünktlich zum Ladenschluß ihre Arbeit auf. Und so standen, als die beiden Männer herankamen, alle Afrikaner hinter ihren Decken und warteten auf die erste Kundschaft. Frierend traten sie von einem Fuß auf den anderen und hauchten zwischendurch in die gefalteten Hände, ohne daß die davon warm geworden wären.
    Am Ende des Deckenspaliers blieben die beiden Weißen, scheinbar ins Gespräch vertieft, stehen, obwohl in Wahrheit kein Wort zwischen ihnen fiel. Sie hielten die Köpfe gesenkt, wohl um die Gesichter vor dem Wind zu schützen; nur ab und zu hob einer von ihnen den Blick und nahm die Reihe der Schwarzen ins Visier. Schließlich faßte der Größere den Kleinen am Arm, wies mit dem Kinn auf einen der Afrikaner und sagte etwas. Gleichzeitig schob sich eine Reisegruppe mit lauter Senioren, die in ihren farbenfrohen Gesundheitsschuhen und wattierten Parkas aussahen wie hutzlige Kleinkinder, von der Kirche her in die schmale Gasse zwischen den Straßenmusikanten und den Afrikanern. Auf halbem Wege blieb die Vorhut stehen, um auf die Nachzügler zu warten, und als alle wieder beisammen waren, flanierte man lachend und schwatzend an den Afrikanern vorbei und machte sich gegenseitig durch Zurufe auf die verschiedenen Taschensortimente aufmerksam. Ohne zu schubsen oder zu drängeln, nahmen sie nach und nach in Dreierreihe vor den Schwarzen und ihren Decken Aufstellung.
    Der größere der beiden Männer steuerte auf die Seniorengruppe zu, dicht gefolgt von seinem Begleiter. Unweit der Kirche blieben sie stehen und postierten sich mit Bedacht hinter zwei älteren Ehepaaren, die abwechselnd auf die eine oder andere Tasche zeigten und sich nach dem Preis erkundigten. Der junge Händler, vor dessen Tuch sich das abspielte, war so sehr auf die Fragen seiner potentiellen Käufer konzentriert, daß er die beiden Männer zunächst gar nicht bemerkte. Plötzlich aber stockte er und straffte sich, angespannt wie ein Tier, das Gefahr wittert.
    Sein Nachbar nutzte geistesgegenwärtig diese Chance, dem Kollegen die vielversprechende Kundschaft abzuwerben. Ihre Schuhe verrieten ihm, daß er es mit Amerikanern zu tun hatte, und so legte er sofort auf englisch los: »Gucci, Missoni, Armani, Trussardi. Bei mir finden Sie alles, Ladies und Gentlemen. Beste Qualität, direkt vom Hersteller.« Bei der schummrigen Beleuchtung hier am Ende des Platzes war sein Gesicht kaum zu erkennen; um so heller blitzten die lächelnd entblößten, strahlend weißen Zähne.
    Drei Mitglieder der Seniorengruppe schlängelten sich an den beiden Männern vorbei zu ihren Freunden nach vorne durch; man diskutierte lebhaft über die Taschen, wobei das Interesse mittlerweile zwischen den Angeboten der beiden rivalisierenden Händler schwankte. Auch die zwei Außenseiter rückten auf ein Zeichen des Größeren näher, bis sie nur noch ein halber Schritt von den Amerikanern in der ersten Reihe trennte. Als er sie vortreten sah, stieß sich der erste Verkäufer mit dem rechten Fuß ab und wich in einer halben Drehbewegung von seinem Tuch, vor den Touristen und den beiden Männern zurück. Die aber zogen

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