Brunftzeit

vielen anderen Sie schon geschlafen haben – es ist ihm egal, ob es vier oder vierhundert waren. Wichtig ist die Tatsache, dass Sie überhaupt schon einen anderen Mann geliebt haben.
    Wenn Sie also eine sehr schillernde Vergangenheit haben und Ihr Mann sich darüber aufregt, sollten Sie keinesfalls Asche auf Ihr Haupt streuen und alles bereuen, denn Sie tragen keine Schuld an dem, was er empfindet . Wichtig ist Ihr Verhalten nach Ihrem Kennenlernen, nicht das davor; das sollte er verstehen. Wenn Sie ihn mögen und er sich Gedanken um Ihre Vergangenheit macht, helfen Sie ihm einfach dabei, sich besser zu fühlen. Sagen Sie ihm, dass Sie jetzt mit ihm zusammen sind, dass Sie ihn lieben, dass mit ihm alles viel besser ist als vorher, dass Sie glücklich sind und sich keinesfalls in die Zeit zurücksehnen, in der Sie sich mit ganzen Rugby-Teams verabredet haben (falls es so war). Trösten Sie ihn. Behandeln Sie ihn einfach so, wie Sie gern behandelt werden würden, wenn Sie in seiner Haut steckten und seine Gefühle ertragen müssten.
Was in seinem Kopf vorgeht
    Wir alle wissen, dass die meisten Frauen schon vor uns Beziehungen hatten (wir sind ja schließlich nicht blöd); wie sich das allerdings mit unserer Sicht einer »idealen« Frau vereinbaren lässt, ist schwer zu sagen. Einerseits ist der Gedanke, dass meine Freundin – oder die Frau, die ich gern zur Freundin hätte – schon mit anderen Männern geschlafen hat, der blanke Horror, auch wenn das lange vor unserer Zeit war. Andererseits möchte kein Mann mit einer Jungfrau ausgehen. Eine erfahrene Frau, die Spaß und Interesse an Sex hat, ist in der Tat viel attraktiver, nicht zuletzt, weil sie ihrem neuen Freund die Chance bietet, von ihren Vorlieben und ihrer Erfahrung zu profitieren. Diese Gefühle stehen einander natürlich diametral entgegen, was die Sache für uns nicht einfach macht. Es klingt verrückt, aber wir wünschen uns eine Jungfrau und eine Sexgöttin zugleich, vereint in einem weiblichen Körper.
    Wirft man die beiden Extreme allerdings in die Waagschale, wird sie sich immer zugunsten der erfahrenen Frau neigen.
Manchmal urteilen wir aber doch
    Leider muss ich zugeben, dass wir in einigen Fällen Frauen doch nach ihren Taten in der Vergangenheit beurteilen. Wenn auch nicht besonders häufig. Im Augenblick fallen mir nur zwei Beispiele ein, von denen ich eines selbst erlebt habe.
Das Beispiel ohne meine Beteiligung
    Mein Freund Bill lernte eine Frau kennen, in die er sich sehr schnell verliebte. Sie passten ausgezeichnet zusammen, und nach einigen Wochen war er sehr glücklich und zufrieden über den Verlauf der Dinge. Er hatte das Gefühl, dass sich etwas richtig Ernstes anbahnte.
    Eines Abends erzählte er einem Freund von dieser Frau. Der Freund fragte Bill nach dem Namen seiner Freundin.
    Bill nannte den Namen.
    Bills Freund verstummte.
    Bill fragte seinen Freund, was los sei.
    Bills Freund meinte, das spiele keine Rolle.
    Bill erklärte, dass es offenbar doch eine Rolle spiele und stellte dieselbe Frage noch einmal.
    Bills Freund sagte, es dürfe keine Rolle spielen.
    Bill erwiderte, er wolle selbst entscheiden, was eine Rolle spiele und ob es eine Rolle spielen dürfe. Er fragte zum dritten Mal.
    Bills Freund atmete tief durch und sagte, was los war: Voreinigen Jahren hatten sich zwei ihrer gemeinsamen Freunde mit dieser Frau bei einem flotten Dreier vergnügt.
    Aber, wiederholte Bills Freund, das dürfe keine Rolle spielen.
    Bill widersprach. Es spielte eine Rolle.
    Und Bill machte Schluss mit ihr.
    Bill tat mir unendlich leid, die Situation war für ihn ein wahrer Albtraum. Statt rosarot sah er nur noch Sternchen. Er erzählte mir, dass er diese Frau unendlich gernhatte, sie aber nicht anschauen konnte, ohne dass das Bild mit ihr und seinen beiden Kumpels auftauchte. Nur zur Klarstellung: Er machte ihr keine Vorwürfe wegen des flotten Dreiers, er konnte nur nicht mit einer Frau zusammen sein, bei der ihm beim bloßen Anblick Bilder seiner zwei Freunde in eindeutiger Position mit ihr durch den Kopf gingen.
    Hätte Bill erst einige Monate später von diesem Abenteuer erfahren, zu einem Zeitpunkt, an dem er gefühlsmäßig wirklich gebunden und nicht nur verliebt war, wäre die Sache vielleicht anders ausgegangen. Möglicherweise wäre ihm dann die stabile Beziehung zu einer geliebten Frau im Hier und Jetzt wichtiger gewesen als ein einmaliger Ausrutscher in der Vergangenheit. So, wie ich Bill kenne, wäre es wohl so gekommen. Weil er aber