Buchanan - 06 - Schattentanz
sie schon wach?«, fragte Nick überrascht. Rasch blickte er auf die Uhr. »Ist es schon nach sieben? Ich dachte, es sei …« Er schüttelte den Kopf. »Mir fehlen vier Stunden. Weiß Laurant schon von Jordan?«
»Ja. Sie hat gerade Nachrichten geschaut, als deine Mutter und ich hereinkamen.«
»Ich hatte doch den Stecker vom Fernseher herausgezogen.«
»Anscheinend hat ihn jemand wieder eingesteckt. Deine Mutter ist bei ihr, und sie möchten beide wissen, wie es Jordan geht. Danach tausche ich mit deiner Mutter den Platz, weil sie gerne bei Jordan sitzen möchte.«
Nick lief über die Treppe zu Laurants Zimmer, während Noah ins Wartezimmer ging, um Chaddick anzurufen. Er hatte sich bisher jede halbe Stunde bei ihm gemeldet. Wahrscheinlich machte er den Kollegen wahnsinnig, aber das war ihm egal. Wenn er die Informationen hatte, die er brauchte, würde er aufhören, ihn zu belästigen.
Dr. Morganstern stand in der Tür, als er Chaddick gerade in der Leitung hatte. Noah hob die Hand, damit er wartete, bis er sein Telefonat beendet hatte.
»Okay, ich habe seinen Namen«, sprudelte Chaddick hervor.
»Wie heißt er?«
»Paul Newton Pruitt.«
Noah wiederholte den Namen für Morganstern.
»Hast du jemals von ihm gehört?«, fragte Chaddick.
»Nein. Erzähl, was du weißt.«
»Er ist seit fünfzehn Jahren tot. Ja, ich weiß, er ist nicht wirklich tot«, fuhr er fort, »ich wiederhole ja nur, was hier steht. Pruitt hat gegen einen Typen namens Chernoff ausgesagt. Ray Chernoff. Du hast vermutlich schon von ihm gehört. Auf jeden Fall brachte ihm Pruitts Aussage mehrmals lebenslänglich ein. Pruitt sollte eigentlich in Schutzhaft bleiben, bei zwei weiteren Prozessen aussagen, und dann ins Zeugenschutzprogramm kommen.«
»Und was ist passiert?«, fragte Noah.
»Pruitt verschwand«, erwiderte Chaddick. »Das ist passiert. Die zuständigen Bundespolizisten fanden Blut in seiner Wohnung. Viel Blut, und es war von ihm. Aber es gab keine Leiche. Nach langwierigen Ermittlungen kamen sie zu dem Schluss, dass einer von Chernoffs Partnern ihn getötet hatte und sie seine Leiche wahrscheinlich nie finden würden.«
»Er hat seinen eigenen Tod inszeniert und neu angefangen.«
»Und das ist ihm bisher auch ganz gut gelungen«, fügte Chaddick hinzu.
»Hat der Prozess gegen Chernoff großes Interesse in der Öffentlichkeit erregt?«, fragte Noah.
»Ja, sicher.«
»Viele Fernsehberichte?«
»Nicht so viele, soweit ich mich erinnere«, erwiderte Chaddick. »Sie haben versucht, ihn unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu führen, um die Zeugen zu schützen, aber du weißt ja, wie es so geht. Warum?«
»Jordan hat mir erzählt, dass Professor MacKenna ihr gegenüber mit seinem fotografischen Gedächtnis geprahlt hat. Er hat gemeint, er würde nie ein Gesicht vergessen. Ich wette, der Professor hat Pruitt erkannt. Bestimmt!«, sagte Noah.
»Die Einzahlungen. MacKenna hat ihn erpresst. Übel«, murmelte Chaddick. »Irgendwie ist in Serenity fast jeder erpresst worden. Beim Professor hätte ich mir das nicht vorstellen können, aber anscheinend hatte er ein einträgliches Nebengeschäft gefunden.«
Noah ließ sich auf das Sofa fallen. »Dann wissen wir also Bescheid.«
»Ich sage dir, jeder verfügbare Mann wird nach dem Typen suchen. Du wirst von Agenten überrannt werden, die mitmachen wollen. Und wenn Chernoffs Bande erfährt, dass Pruitt wieder aufgetaucht ist, dann werden sie wohl ebenfalls nach ihm Ausschau halten. Hoffentlich haben sie ihn noch nicht kaltgemacht.«
»Nein«, erwiderte Noah. »Er ist noch in der Stadt.«
»Bist du sicher? Ich setze mich ins nächste Flugzeug nach Boston. Ich will auch dabei sein. Ich habe mit Trumbo geredet. Ich meine, mit Pruitt. Zum Teufel, ich habe ihm die Hand geschüttelt.«
»Im Ernst? Du kommst hierher?«
»Ja, genau. Warte auf mich, bevor du ihn umlegst.«
Natürlich sollte es ein Witz sein – aber genau das hatte Noah vor.
41
Hatte er getroffen oder nicht? Würde Jordan Buchanan am Leben bleiben oder sterben? Ironischerweise hing auch Pruitts Leben in der Schwebe. Wenn sie überlebte, würde er noch einmal hingehen und sie erledigen müssen. Wenn sie starb, konnte er zu seiner Familie und seiner Arbeit zurückkehren.
Ihr Zustand war immer noch kritisch. In der Nacht hatte Pruitt zweimal im Krankenhaus angerufen. Beim zweiten Anruf war er mit der Intensivstation verbunden worden, und eine müde, überarbeitete Krankenschwester hatte ihm mitgeteilt, Jordan Buchanan
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