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Buddenbrooks

Buddenbrooks

Titel: Buddenbrooks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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unseres Postwesens gethan! Denken Sie mal, Wenzel, wie er in der Bürgerschaft gemahnt hat, die Hamburger Diligencen mit der Post zu vereinigen, und wie er anno 50 beim Senate, der damals ganz unverantwortlich langsam war, mit immer neuen Anträgen zum Anschluß an den deutsch-österreichischen Postverein getrieben hat … Wenn wir jetzt einen niedrigen Portosatz für Briefe haben und die Kreuzbandsendungen und die Freimarken und Briefkasten und die telegraphischen Verbindungen mit Berlin und Travemünde, er ist nicht der Letzte, dem wir dafür zu danken haben, und wenn er und ein paar andere Leute den Senat nicht immer wieder gedrängt hätten, so wären wir wohl ewig hinter der Dänischen und der Thurn- und Taxisschen Post zurückgeblieben. Nun, und wenn ich jetzt in solchen Sachen meine Meinung sage, so hört man darauf …«
    »Das weiß Gott, Herr Konsul, da sagen Herr Konsul ein wahres Wort. Und was die Hamburger Bahn betrifft: Das ist keine drei Tage her, daß Bürgermeister Doktor Oeverdieck zu mir gesagt hat: ›Wenn wir erst so weit sind, daß wir in Hamburg ein geeignetes Terrain für den Bahnhof ankaufen können, dann schicken wir Konsul Buddenbrook mit; Konsul Buddenbrook ist bei solchen Verhandlungen besser zu gebrauchen, als mancher Jurist‹ … Das waren seine Worte …«
    »Na, das ist mir sehr schmeichelhaft, Wenzel. Aber geben Sie da überm Kinn noch ein bißchen Schaum; das muß da noch sauberer werden.
    Ja, kurz und gut, wir müssen uns regen! Nichts gegen Oeverdieck, aber er ist eben bei Jahren, und wenn ich Bürgermeister wäre, so ginge Alles ein wenig schneller, meine ich. Ich kann nicht sagen, welche Genugthuung ich empfinde, daß nun die {396} Arbeiten für die Gasbeleuchtung begonnen haben und endlich die fatalen Öllampen mit ihren Ketten verschwinden; ich darf mir gestehen, daß ich auch nicht ganz unbeteiligt an diesem Erfolge bin … Ach, was giebt es nicht noch Alles zu thun! Denn, Wenzel, die Zeiten ändern sich, und wir haben eine Menge von Verpflichtungen gegen die neue Zeit. Wenn ich an meine erste Jugend denke … Sie wissen besser, als ich, wie es damals bei uns aussah. Die Straßen ohne Trottoirs und zwischen den Pflastersteinen fußhoher Graswuchs und die Häuser mit Vorbauten und Beischlägen und Bänken … Und unsere Bauten aus dem Mittelalter waren durch Anbauten verhäßlicht und bröckelten nur so herunter, denn die einzelnen Leute hatten wohl Geld, und niemand hungerte; aber der Staat hatte gar nichts, und Alles wurstelte so weiter, wie mein Schwager Permaneder sagt, und an Reparaturen war nicht zu denken. Das waren ganz behäbige und glückliche Generationen damals, und der Intimus meines Großvaters, wissen Sie, der gute Jean Jacques Hoffstede, spazierte umher und übersetzte kleine unanständige Gedichte aus dem Französischen … aber beständig so weiter konnte es nicht gehen; es hat sich Vieles geändert und wird sich noch immer mehr ändern müssen … Wir haben nicht mehr 37 000 Einwohner, sondern schon über 50, wie Sie wissen, und der Charakter der Stadt ändert sich. Da haben wir Neubauten, und die Vorstädte, die sich ausdehnen, und gute Straßen und können die Denkmäler aus unserer großen Zeit restaurieren. Aber das ist am Ende bloß äußerlich. Das Meiste vom Wichtigsten steht noch aus, mein lieber Wenzel; und nun bin ich wieder bei dem ceterum censeo meines seligen Vaters angelangt: der Zollverein, Wenzel, wir müssen in den Zollverein, das sollte gar keine Frage mehr sein, und Sie müssen mir Alle helfen, wenn ich dafür kämpfe … Als Kaufmann, glauben Sie mir, weiß ich da besser Bescheid, als unsere Diplomaten, und die Angst, an Selbständigkeit und Freiheit einzubüßen, ist {397} lächerlich in diesem Falle. Das Inland, die Mecklenburg und Schleswig-Holstein, würde sich uns erschließen, und das ist um so wünschenswerter, als wir den Verkehr mit dem Norden nicht mehr so vollständig beherrschen, wie früher … genug … bitte, das Handtuch, Wenzel«, schloß der Konsul, und wenn dann noch über den augenblicklichen Kurs des Roggens ein Wort gesagt worden war, der auf 55 Thaler stehe und noch immer verflucht zum Fallen inkliniere, wenn vielleicht noch eine Bemerkung über irgend ein Familienereignis in der Stadt gefallen war, so verschwand Herr Wenzel durch das Souterrain, um auf der Straße sein blankes Schaumgefäß aufs Pflaster zu entleeren, und der Konsul stieg über die Wendeltreppe ins Schlafzimmer hinauf, wo er Gerda,

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