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Buddenbrooks

Buddenbrooks

Titel: Buddenbrooks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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notorisch lebhaftes und weit verzweigtes … Was ich bei einigen anderen Hamburger Leuten, wie zum Beispiel bei einem Bankier Kesselmeyer, erfahren, hat mich gleichfalls vollauf befriedigt. Kurz, wie du weißt, Bethsy, ich kann nicht anders, als diese Heirat, die der Familie und der Firma nur zum Vorteil gereichen würde, dringend erwünschen! – Es thut mir ja leid, mein Gott, daß das Kind sich in einer bedrängten Lage befindet, daß sie von allen Seiten umlagert ist, bedrückt umhergeht und kaum noch spricht; aber ich kann mich schlechterdings nicht entschließen, Grünlich kurzer Hand abzuweisen … denn noch Eines, Bethsy, und das kann ich nicht oft genug wiederholen: Wir haben uns in den letzten Jahren bei Gott nicht in allzu hocherfreulicher Weise aufgenommen. Nicht als ob der Segen fehlte, behüte, nein, treue Arbeit wird redlich belohnt. Die Geschäfte gehen ruhig … ach, allzu ruhig, und auch das nur, weil ich mit äußerster Vorsicht zu Werke gehe. Wir sind nicht vorwärts gekommen, nicht wesentlich, seit Vater abgerufen wurde. Die Zeiten jetzt sind wahrhaftig nicht gut für den Kaufmann … Kurz, es ist nicht viele Freude dabei. Unsere Tochter ist heiratsfähig und in der Lage, eine Partie zu machen, die allen Leuten als vorteilhaft und rühmlich in die Augen springt – sie soll sie machen! Warten ist nicht ratsam, nicht ratsam, Bethsy! Sprich noch einmal mit ihr; ich habe ihr heute Nachmittag nach Kräften zugeredet …«
    - Tony war in bedrängter Lage, darin hatte der Konsul recht. Sie sagte nicht mehr »nein«, aber sie vermochte auch das »Ja« nicht über die Lippen zu bringen – Gott mochte ihr helfen! Sie begriff selbst nicht recht, warum sie sich die Zusage nicht abgewinnen konnte.
    {124} Unterdessen nahm sie hier der Vater beiseite und sprach ein ernstes Wort, ließ dort die Mutter sie bei sich Platz nehmen, um eine endliche Entschließung zu fordern … Onkel Gotthold und seine Familie hatte man in die Angelegenheit nicht eingeweiht, weil sie immer ein bißchen moquant gegen die in der Mengstraße gestimmt waren. Aber sogar Sesemi Weichbrodt hatte von der Sache erfahren und riet mit korrekter Aussprache zum Guten, selbst Mamsell Jungmann sagte: »Tonychen, mein Kindchen, brauchst keine Sorge haben, bleibst in den ersten Kreisen …« und Tony konnte nicht den verehrten seidnen Salon draußen vorm Burgthore besuchen, ohne daß die alte Madame Kröger anfing: »A propos, ich höre da von einer Affaire, ich hoffe, du wirst Raison annehmen, Kleine …«
    Eines Sonntags, als sie mit den Eltern und Geschwistern in der Marienkirche saß, redete Pastor Kölling in starken Worten über den Text, der da besagt, daß das Weib Vater und Mutter verlassen und dem Manne nachfolgen soll, – wobei er plötzlich ausfallend wurde. Tony starrte entsetzt zu ihm empor, ob er sie vielleicht sogar ansähe … Nein, Gott sei Dank, er hielt seinen dicken Kopf nach einer anderen Seite gewandt und predigte nur im Allgemeinen über die andächtige Menge hin; und dennoch war es nur allzu klar, daß dies ein neuer Angriff auf sie war und jedes Wort ihr galt. Ein jugendliches, ein noch kindliches Weib, verkündete er, das noch keinen eigenen Willen und keine eigene Einsicht besitze und dennoch den liebevollen Ratschlüssen der Eltern sich widersetze, das sei strafbar, das wolle der Herr ausspeien aus seinem Munde … und bei dieser Wendung, welche zu denen gehörte, für die Pastor Kölling schwärmte und die er mit Begeisterung hervorbrachte, traf Tony dennoch ein durchdringender Blick aus seinen Augen, der von einer furchtbaren Armbewegung begleitet war … Tony sah, wie ihr Vater neben ihr eine Hand erhob, als wollte er sagen: »So! nicht zu heftig …« Aber es war kein Zweifel, daß {125} Pastor Kölling von ihm oder der Mutter ins Einverständnis gezogen war. Rot und gebückt saß sie an ihrem Platze, mit dem Gefühle, daß die Augen aller Welt auf ihr ruhten, – und am nächsten Sonntage weigerte sie sich aufs bestimmteste die Kirche zu besuchen.
    Sie ging schweigsam umher, sie lachte nicht mehr genug, sie verlor geradezu den Appetit und seufzte manchmal so herzbrechend, als ringe sie mit einem Entschlusse, um dann die Ihren kläglich anzusehen … Man mußte Mitleid mit ihr haben. Sie magerte wahrhaftig ab und büßte an Frische ein. Schließlich sagte der Konsul:
    »Das geht nicht länger, Bethsy, wir dürfen das Kind nicht maltraitieren. Sie muß mal ein bißchen heraus, zur Ruhe kommen und

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