Buehne frei Prinzessin
IHM ZU SCHLAFEN, UND ICH HAB ES NOCH NICHT MAL GEMERKT, WEIL ICH IN LIE-BESDINGEN SO UNERFAHREN BIN??????
Was mach ich denn jetzt? Ich muss eindeutig mit jemandem reden. Nur mit wem? Mit Lilly kann ich nicht reden, weil Michael ihr Bruder ist. Mit Tina kann ich nicht reden, weil die mir schon gesagt hat, dass die Blume der Jungfräulichkeit das wertvollste Geschenk ist, das eine Frau einem Mann machen kann, weshalb sie sich für Prinz William aufheben will, der nur eine Jungfrau heiraten darf. (Aber sie hat gesagt, dass sie auch bereit ist, die Blume ihrer Jungfräulichkeit Boris zu schenken, falls das mit Prinz William bis zum Abschlussball nicht geklappt hat.) Mit meiner Mutter kann ich nicht darüber reden, weil die sich ja schon kaum auf die Aufgabe konzentrieren kann, auf die sie sich momentan konzentrieren sollte – nämlich sich um meinen kleinen Bruder kümmern -, auch ohne dass sie auch noch durch ihre halbwüchsige Tochter davon abgelenkt wird, die mit ihr über SEX reden will.
Außerdem kann ich mir schon denken, was sie tun würde: Sie würde für mich einen Termin bei ihrer Frauenärztin ausmachen. Entschuldigung, aber... urgh!
Und mit Dad kann ich natürlich erst recht nicht darüber reden, weil der sofort dafür sorgen würde, dass Michael von der genovesischen Leibwache standrechtlich erschossen wird.
Und Grandmère würde mich nur am Kopf tätscheln und es dann brühwarm überall rumerzählen.
Wer bleibt übrig? Nur einer:
MICHAEL. Ich muss mit Michael über das Thema Mia-und-Michael-und-der-Sex reden.
Bin ich denn BESCHEUERT????!!! Ich kann auf keinen Fall mit einem Jungen über Sex reden!!!!! Erst recht nicht mit diesem Jungen!!!!!!!
WAS MACH ICH NUR????????
Ogottogottogott, ich glaub, ich krieg einen Herzinfarkt. Ganz im Ernst. Meine Herzschlagsfrequenz liegt momentan ungefähr bei einer Million Schläge pro Minute und mein Herz steht kurz vor der Explosion. Ich glaub, ich muss zur Schulschwester. Ich glaub, mir wird...
Mrs Hill hat mich gerade gefragt, ob alles in Ordnung ist. Weil heute der erste Schultag ist, tut sie so, als hätte sie vor, uns dieses Schuljahr tatsächlich zu beaufsichtigen. Wir mussten vorhin sogar Fragebögen ausfüllen und Ziele nennen, die wir im kommenden Halbjahr erreichen wollen. In ihrem Fach jedenfalls. Ich hab unauffällig auf Boris’ Zettel geschaut: »Antonin Dvořáks Violinkonzert a-Moll perfekt einüben und einen Grammy gewinnen, wie mein großes Vorbild Joshua Bell.«
Ehrlich gesagt halte ich dieses Ziel für nicht sehr realistisch. Obwohl ich zugeben muss, dass Boris jetzt beinahe so sexy aussieht wie Joshua Bell. Hm, vielleicht ist es dann doch machbar. Falls man mit sexy Aussehen bei Grammy-Preisrichtern punkten kann.
Ich wollte auch bei Lilly gucken, aber die hat total geheimnisvoll getan. Sie hat die Hand über ihr Blatt gelegt und mich extrem unhöflich angeblafft: »Glotz nicht so, Babyschleckerin!«
Bestimmt hätte sie nicht so fies reagiert, wenn sie geahnt hätte, welch reißender Mahlstrom der Gefühle derzeit in meinem Inneren tobt, wo ich mir doch jetzt ernste Sorgen über die Zukunft meiner Beziehung zu ihrem Bruder machen muss.
Weil ich kein Ziel für mich wusste – ich weiß ja noch nicht mal,wieso ich dieses Jahr überhaupt wieder für T & B eingeteilt wurde -, hab ich bloß geschrieben: »Einen Roman schreiben und in Geometrie durchkommen.«
Es überrascht mich echt, dass Mrs Hill gemerkt hat, dass ich eben beinahe einen Herzinfarkt gehabt hätte. Normalerweise kriegt sie so was nie mit. Was vielleicht auch daran liegt, dass
sie sonst immer im Lehrerzimmer sitzt, aber trotzdem. Ich hab ihr gesagt, dass es mir gut geht.
Dabei hab ich – dank Lana – große Zweifel, dass es mir jemals wieder gut gehen wird.
Dienstag, 1. September, Politik
HERRSCHAFTSTHEORIEN
Gottesgnadentum: Der Herrscher ist direkt von Gott eingesetzt, um die Menschen zu regieren. Religiöse und säkulare (weltliche) Interessen sind miteinander verwoben. Untertanen wagten es kaum, ihren König zu kritisieren, weil sie dadurch Gott kritisiert hätten. In christlichen Gesellschaften leiteten die Könige ihren Herrschaftsanspruch von Gott ab. Mit dem Segen der Kirche waren sie die rechtmäßigen Herrscher.
Außer in Genovia, wo nicht Gott, sondern der italienische König meine Urahnin Rosagunde auf den Fürstenthron gesetzt hat, und zwar in Anerkennung ihrer Verdienste auf dem Schlachtfeld – oder besser gesagt, im Schlafzimmer. Denn dort hat sie
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