Buehne frei Prinzessin
jetzt mit einem Baby teilen zu müssen. Wir mussten ihn schon ein paarmal aus Rockys Bettchen verjagen, weil er sich anscheinend einbildet, wir hätten es extra für ihn aufgestellt. Wobei ich sagen muss, dass es aber auch wirklich die ideale Größe für ihn hat. Ich muss ebenfalls zugeben, dass ich echt viel Zeit mit Rocky verbringe – Zeit, die ich früher genutzt hab, um Fat Louie ausgiebig zu massieren oder mit ihm zu spielen.
Aber ich gebe mir WIRKLICH große Mühe, eine gute Mutter zu sein – eine Babyschleckerin für meinen kleinen Bruder UND meinen Kater.
Zuletzt hab ich ihn dann doch gefunden. Er hatte sich unter
meinem Bett verkrochen... das heißt, sein Kopf war verborgen, der Rest ist ein bisschen zu dick, weshalb sein Katerhintern in die Luft ragte.
Ich kann verstehen, dass er sich verkriechen wollte. Moms Freundinnen können einem schon Angst machen.
Mr G kann das anscheinend auch nachempfinden. Er hatte sich nämlich ebenfalls verkrochen, und zwar im Schlafzimmer, wo er sich mit Rocky ein Baseballspiel anschaute. Er guckte erschrocken hoch, als ich reinkam, um Rocky einen Begrüßungskuss zu geben.
»Sind sie weg?«, fragte er, und sein Blick hinter den Brillengläsern sah ziemlich gehetzt aus.
»Nö.« Ich zuckte mit den Schultern. »Die haben noch nicht mal angefangen zu spielen.«
»Scheiße!... Ups« Mr G schaute auf seinen Sohn hinunter, der ausnahmsweise mal nicht weinte. Wenn der Fernseher läuft, ist er meistens friedlich. »Ich meinte... schade.«
Ich spürte, wie Mitgefühl für Mr G in mir aufstieg. Es ist echt kein Zuckerschlecken, mit Mom verheiratet zu sein. Abgesehen davon dass sie eine durchgeknallte Malerin ist, ist sie anscheinend nicht in der Lage, eine Rechnung pünktlich zu bezahlen oder auch nur WIEDERZUFINDEN, wenn sie sich endlich daran erinnert, dass es höchste Zeit wäre, sie zu bezahlen. Mr G erledigt seit neuestem alles per Online-Banking, aber das nützt eigentlich auch nichts, weil die Schecks, die Mom für ihre Bilder bekommt, meistens an den absurdesten Orten landen, zerknüllt in der Hülle ihrer Gasmaske aus dem Terrorangriff-Notfallset zum Beispiel.
Ganz ehrlich, wenn ich mir überlege, was er mit uns beiden mitmacht – mit mir, die ich keine Ahnung vom Bruchrechnen habe, und ihr, die in keiner Weise reif ist, irgendeine Verantwortung zu übernehmen (die über die Teilnahme an Protestmärschen und das Stillen ihres Kindes hinausgeht) -, ist es eigentlich ein Wunder, dass er sich nicht von uns scheiden lässt.
»Soll ich dir irgendwas zu essen bestellen?«, fragte ich Mr G. »Spareribs? Garnelen mit Knoblauchsoße?«
»Nein, Mia«, sagte er mit der schwer geprüften Miene, die ich an ihm nur allzu gut kenne. »Vielen Dank, aber wir haben alles, was wir brauchen.«
Ich überließ die Männer sich selbst und ging in die Küche, um mir was Essbares zu schnorren, bevor ich mich zum Hausaufgabenmachen in mein Zimmer zurückzog. Zum Glück beachteten mich Moms Freundinnen gar nicht, weil sie gerade zu sehr damit beschäftigt waren, sich darüber aufzuregen, dass Macho-Musiker wie Eminem dafür verantwortlich sind, dass eine ganze Generation junger Männer als Frauenhasser heranwächst.
Ich konnte unmöglich daneben stehen und zulassen, dass in meinem eigenen Haus solche Unwahrheiten verbreitet werden. Vielleicht waren es die Nachwirkungen meiner feurigen Rede in dem fast leeren Konferenzraum im Plaza, jedenfalls stellte ich meinen Teller mit Chinapfanne (ohne Huhn) hin und sagte Moms Freundinnen, dass sie tendenziös seien (ich weiß nicht mal, was das genau heißt, aber Michael und Lilly werfen sich das gegenseitig oft vor, wenn sie sich streiten), und wenn sie sich nur einen Moment Zeit nehmen und sich in Ruhe »Cleaning Out My Closet« anhören würden (übrigens einer von Rockys Lieblingssongs), würden sie erkennen, dass Eminem eigentlich nur zwei Sorten von Frauen hasst – seine Mutter und die Schlampen, die ihn betrogen haben.
Dieser meiner Meinung nach extrem intelligente Einwurf wurde von den Feministinnen mit Schweigen aufgenommen. Dann sagte Mom verlegen: »Äh, hat es gerade geklingelt? Das ist bestimmt Vern von unten. Er regt sich in letzter Zeit immer auf, wenn er denkt, wir feiern eine Party und er ist nicht eingeladen. Bin gleich wieder da.«
Und sie stürzte zur Tür, obwohl ich kein Klingeln gehört hatte.
Irgendwann fragte eine der Feministinnen: »Sag mal, Mia, dass du Eminem so verteidigst, gehört das zu den Dingen, die dir deine
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