Buehne frei Prinzessin
Großmutter im Prinzessunterricht beibringt?«
Die anderen Feministinnen lachten.
In diesem Moment fiel mir ein, dass ich ja eigentlich einen feministischen Rat gebrauchen konnte. »Stimmt es eigentlich, was man sagt… äh, was frau sagt – nämlich, dass Studenten von ihren Freundinnen erwarten, dass sie mit ihnen schlafen?«
»Nicht nur Studenten«, sagte eine der Frauen, und die anderen brachen wieder in röhrendes Gelächter aus.
Also ist es WIRKLICH wahr. Ich hätte es wissen müssen. Ich meine, ich hatte irgendwie die schwache Hoffnung, dass Lana mir bloß Angst machen wollte. Aber anscheinend ist es die reine Wahrheit.
»Du siehst so besorgt aus, Mia«, stellte Kate fest, die Performancekünstlerin ist und sich aus Protest gegen die Kosmetikindustrie gern mal auf der Bühne mit Hühnerfett einschmiert.
»Sie macht sich doch immer Sorgen«, sagte Gretchen, eine Schweißerin, die sich auf Stahlskulpturen von Körperteilen spezialisiert hat. Männlichen Körperteilen im Besonderen. »Sie ist und bleibt eben Mia.«
Darauf lachten die feministischen Künstlerinnen wieder kollernd los.
Das traf mich tief. Anscheinend hat Mom hinter meinem Rücken über mich geredet. Okay, natürlich rede ICH hinter IHREM Rücken auch über sie. Aber das ist was anderes – sie ist meine Mutter.
Lilly ist anscheinend nicht die Einzige, die mich für eine dauerbesorgte Babyschleckerin hält.
»Du vergeudest viel zu viel Zeit damit, dir Sorgen zu machen, Mia.« Becca, die Kunst aus Neonröhren macht, zeigte mit ihrem Margaritaglas auf mich und nickte wissend. »Du solltest wirklich aufhören, so viel über alles nachzudenken. Als ich in
deinem Alter war, hab ich mir nicht halb so viele Gedanken gemacht wie du.«
»Klar, weil du schon damals auf Valium warst«, sagte Kate.
Aber Becca ignorierte sie.
»Geht es um die Schnecken?«, wollte Becca wissen.
Ich blinzelte sie verwirrt an. »Um was?«
»Die Schnecken«, wiederholte sie. »Du weißt schon, die Schnecken, die du vor der Küste Genovias ausgesetzt hast. Belastet es dich, dass alle deswegen sauer auf dich sind?«
»Hm.« Ich fragte mich, ob Becca das wie Tina aus den Nachrichten wusste. »Kann sein.«
»Verständlich«, sagte Becca. »Das würde mich auch belasten. Wie wär’s, wenn du anfängst, Yoga zu machen?«, schlug sie vor. »Mir hilft das immer zu entspannen.«
»Du könntest auch mehr Fernsehen schauen«, meinte Dee, die Totempfähle schnitzt und sich anschließend Stücke frischer Leber unter die Achseln schnallt und um die Pfähle herumtanzt.
Ich fasste es nicht. Diese intelligenten Frauen rieten mir, MEHR Fernsehen zu schauen? Sie waren eindeutig nicht mit Karen Martinez befreundet.
»Hört doch auf, auf Mia herumzuhacken«, schaltete sich Windstorm ein, die zufälligerweise Moms älteste Freundin UND Hebamme UND Priesterin UND Choreografin ist. Sie stand auf, um neues Crush-Eis zu machen. »Sie hat alles Recht der Welt, nachzudenken und sich Sorgen zu machen, wenn sie das will. Es gibt nichts Stressigeres, als fünfzehn zu sein. Außer vielleicht fünfzehn UND Prinzessin zu sein.«
Das war etwas ganz Neues für mich. Denke ich wirklich zu viel nach? Denken andere Leute nicht so viel nach wie ich? Wobei ich nach Ms Martinez’ Meinung ja eher ZU WENIG nachdenke...
»Hm, das war wahrscheinlich jemand vom Pizzaservice, der Flyer unter der Tür durchgeschoben hat«, sagte Mom, als sie in die Küche zurückkam. »Was habe ich verpasst?«
»Nichts.« Ich schnappte mir schnell meinen Teller, um in mein Zimmer zu gehen. »Viel Spaß, Leute! Ich meine, Frauen! «
Hat Windstorm vielleicht wirklich Recht? Damit, dass ich zu viel nachdenke, meine ich. Vielleicht ist das mein Problem. Ich kann mein Gehirn nicht abschalten. Andere Leute können das vielleicht, ich nicht. Okay, nicht dass ich es schon mal probiert hätte – weil... wer will schon einen leeren Kopf haben? Außer vielleicht die Hilton-Schwestern. Weil es wahrscheinlich einfacher ist, die ganze Zeit wilde Partys zu feiern, wenn man sich keine Gedanken um Killeralgen machen muss oder darüber, dass die Erdölvorräte irgendwann versiegen könnten.
Aber vielleicht hat es auch andere Vorteile. Ich kann zum Beispiel oft kaum schlafen, weil meine Gedanken da oben im Kopf wild rotieren, und ich mich frage, was ich machen soll, falls nachts die Außerirdischen kommen, um die Weltherrschaft an sich zu reißen. Ich fände es total GENIAL, wenn ich mein Gehirn manchmal abschalten könnte, so wie das
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