Buehne frei Prinzessin
anzieht, nicht erkennen kann, wie es in
seinem Herzen aussieht.« Er warf mir einen vielsagenden Blick zu.
Aber der kann sagen, was er will. In die Hose gestopfte Pullis sehen an NIEMANDEM cool aus.
»Wahrscheinlich meint sie es nur gut«, sagte Tina, die immer an das Gute im Menschen glaubt.
»Die gute Absicht ist keine Entschuldigung dafür, jemanden in seiner Kreativität zu hemmen«, sagte Ling Su, die es wissen muss, denn es gibt an unserer Schule niemanden, der besser zeichnen kann als sie. »Viele der so genannten Kunstkritiker des neunzehnten Jahrhunderts haben es auch gut gemeint, als sie die Werke der Impressionisten in der Luft zerpflückten. Aber wenn Künstler wie Renoir oder Monet auf sie gehört hätten, wären viele der größten Kunstwerke der Weltgeschichte nie entstanden.«
»Na ja, ich möchte meine Aufsätze nicht mit einem Bild von Renoir vergleichen«, fühlte ich mich verpflichtet zu sagen. »Aber trotzdem danke, Ling Su.«
»Nehmen wir mal an, Mias Aufsatz war wirklich scheiße«, sagte Boris in seiner gewohnten direkten Art. »Dann bleibt trotzdem die Frage: Hat eine Lehrerin das Recht, ihr das zu sagen?«
»Jedenfalls wäre es nicht sehr pädagogisch«, meinte Shameeka.
»Wir müssen etwas dagegen unternehmen«, sagte Ling Su. »Die Frage ist nur, was?«
Aber während wir noch darüber nachdachten, fiel ein dunkler Schatten auf den Tisch, und als wir aufsahen, stand da... Lana.
Uns stockte der Atem. Na ja, mir jedenfalls.
Lana war in Begleitung der Person, die ihr Grand Moff Tarkin wäre, wenn sie Darth Vader wäre – Trisha Hayes.
»Hübsche Plakate, PiP«, sagte Lana. Nur dass sie es natürlich ironisch meinte. »Aber die werden dir auch nichts nützen.«
»Genau«, sagte Trisha. »Wir haben nämlich eben eine kleine stichprobenartige Umfrage in der Cafeteria durchgeführt. Wenn heute Wahltag wäre, würdest du nur sechzehn Stimmen bekommen.«
»Du meinst, es gab ganze sechzehn Leute in dieser Cafeteria«, sagte Lilly seelenruhig, während sie die Schokoglasur von einem Ho-Ho-Törtchen abzog, »die bereit waren, dir ins Gesicht zu sagen, dass sie dich nicht wählen werden? Wow! Ich hätte nicht gedacht, dass wir so viele Masochisten an der Schule haben.«
»Friss weiter deine Twinkys, Moppelchen«, zischte Lana. »Dann sehen wir ja, wer hier die Masochistin ist.«
»Das ist aber gar kein Twinky, sondern ein Ho Ho«, sagte Boris, der es immer sehr genau nimmt.
Lana würdigte ihn keines Blickes.
»Und dir sag ich auch was«, sagte sie zu mir. »Ich werde dich am Montag im Rededuell fertig machen, verlass dich drauf. Niemand an der Albert-Einstein-Schule will eine Schneckenpestverursacherin als Schulsprecherin.«
Schneckenpestverursacherin! Das ist fast so schlimm, wie als Babyschleckerin beschimpft zu werden!
Aber ehe ich Gelegenheit hatte, meine Schnecken-Aktion zu rechtfertigen, war Lana schon davongeschwebt.
Weil ich Lilly nicht demütigen wollte, indem ich sie vor ihrem Ex zusammenbrüllte (vor allem nachdem er jetzt auch noch ein Sexgott ist), sah ich sie nur ruhig an und sagte: »Lilly. Mädchenklo. SOFORT.«
Ich war ein bisschen überrascht, als sie mir widerspruchslos folgte.
»Lilly«, sagte ich und versuchte, alle meine diplomatischen Fähigkeiten einzusetzen, die ich durch Grandmère gelernt habe. Nicht dass sie mir konkret irgendwas beigebracht hätte, was mir im zwischenmenschlichen Bereich nützen würde. Aber der Umgang mit Grandmère fordert so viel diplomatisches Geschick,
dass ich dabei einiges dazugelernt hab. »Mir reicht’s jetzt. Ich wollte von Anfang an nicht als Schulsprecherin kandidieren, aber du hast mir die ganze Zeit gesagt, du hättest einen Plan. Wenn du wirklich einen Plan hast, dann will ich jetzt endlich eingeweiht werden. Ich hab es nämlich satt, von den Leuten PiP genannt zu werden – was auch immer das heißen soll. Und ich werde auf keinen Fall am Montag gegen Lana in einem Rededuell antreten. Auf GAR KEINEN FALL! Kapiert?«
»Prinzessin im Praktikum.« Das war alles, was Lilly dazu zu sagen hatte.
Ich guckte sie entgeistert an, weil ich dachte, jetzt wäre sie endgültig geisteskrank. Was – mit ziemlicher Sicherheit – auch der Fall ist.
»Prinzessin im Praktikum«, sagte sie noch einmal. »PiP ist die Kurzform dafür. Das wolltest du doch wissen.«
»Ich hab dir schon mal gesagt«, presste ich zwischen den Zähnen hervor, »dass du mich nicht so nennen sollst!«
»Stimmt nicht«, sagte Lilly. »Du hast mir verboten,
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