Buehne frei Prinzessin
hören, wie Doo Pak draußen weiter eindringlich flüstert und Michael ihm antwortet. Gott sei Dank redet Michael jetzt lauter, sodass ich wenigstens SEINEN Teil des Gesprächs mitkriege.
»Doo Pak, ich hab dir GESAGT, wer sie ist«, meinte er gerade. »Sie ist meine Freundin. Niemand versucht, dich hier auf den Arm zu nehmen.«
Übrigens muss ich sagen, dass das Bad ganz schön sauber ist, dafür dass es ein Jungsbad ist. Ich sehe nichts, das so eklig wäre, dass ich es nicht anfassen würde. Sie haben sogar den stinkigen Gummiduschvorhang gegen einen mit einer aufgedruckten Weltkarte ausgetauscht. Wahrscheinlich, um Doo Pak zu trösten, der sich in Amerika eindeutig noch nicht so ganz eingewöhnt hat. So hat er wenigstens beim Duschen sein Heimatland im Blick.
Oh, jetzt flüstert auch Doo Pak auch nicht mehr. Die beiden halten mich wohl für taub.
»Aber ich verstehe nicht, Mike«, sagt er gerade. MIKE????? »Du und sie. Warum solltet ihr zusammen sein?«
Ah, jetzt wird mir alles klar. Doo Pak hat mich wahrscheinlich erkannt. Klar, ich war in der letzten Zeit ziemlich oft in den Medien – wegen des Schneckenschlamassels und der Schulsprecherwahl und so. Vielleicht kann er sich nicht vorstellen, dass Michael mit einer Prinzessin zusammen ist.
Was ich ihm übrigens nicht verdenken kann. Es gibt wirklich nichts Dämlicheres, als Prinzessin zu sein. Kein Wunder, dass Michael ihm nichts erzählt hat. Wahrscheinlich ist es ihm peinlich, gegenüber seinen Freunden an der Uni zuzugeben, dass er nicht nur mit einer kleinen Zehntklässlerin zusammen ist, sondern mit einer kleinen Zehntklässlerin, die außerdem auch noch PRINZESSIN ist.
Armer Michael. Ich hatte ja keine Ahnung, dass er hier an der Uni ausgelacht wird, weil er mit einer Adeligen zusammen ist. Dass selbst das (neben meinem unterentwickelten Brustgewebe, meinem Bodyguard und der Tatsache, dass ich eine Babyschleckerin bin) seiner Liebe zu mir keinen Abbruch tut, ist echt ein Wunder.
Oooohh, sie haben aufgehört zu reden. Vielleicht kann ich jetzt rauskommen …
Samstag, 5. September, 19 Uhr, in der Cafeteria (Zi. 212)
Ich muss mich beeilen, schnell zu schreiben, solange Michael an der Kasse ist und unser Essen zahlt. Zum Glück ist die Schlange unheimlich lang – die Cafeteria ist echt PROPPEN-VOLL -, weshalb es wohl eine Weile dauern wird.
Also. Ich weiß inzwischen, warum Doo Pak gedacht hat, dass Michael ihn verarscht und ich nicht seine Freundin sein kann. Und zwar deshalb, weil Doo Pak mich für Michael zu HÜBSCH findet.
Ohne Witz. Doo Pak hat es mir selbst gesagt, als ich aus dem Bad kam. Er sah total verlegen aus. Und dann hat er gesagt (und zwar, ohne dass Michael ihn dazu gezwungen hätte): »Es tut mir sehr Leid, dass ich dir nicht geglaubt habe, als du mir gesagt hast, dass du Mikes Freundin bist. Weißt du...«, sagte er beschämt, »du bist viel zu hübsch, um mit Mike zusammen zu sein. Mike ist ein... wie nennt ihr das?... ein Computerfuzzi, ein Fachidiot, ein... ach ja... Nerd ! So ein Nerd wie ich. Nerds haben keine hübschen Freundinnen. Deswegen habe ich gedacht, dass er mich auf den Arm nehmen will. Bitte nimm meine Entschuldigung an.«
Ich sah von Michael zu Doo Pak, um festzustellen, ob die beiden vielleicht mich auf den Arm nehmen wollten, aber ich erkannte an Doo Paks rotem, verlegenem Gesicht und Michaels noch röterem, noch verlegenerem Gesicht, dass Doo Pak die Wahrheit sagte. Er findet mich zu hübsch für Michael!!!!!
EHRLICH WAHR!!!
In Südkorea haben die anscheinend ganz andere Vorstellungen von Hübschheit als hier bei uns. Und da, wo Doo Pak herkommt, finden Typen, die die ganze Zeit an Computern rumspielen, anscheinend keine Freundinnen.
Nie.
Vielleicht ist das der Grund dafür, dass sie die ganze Zeit welche zeichnen. Mädchen, meine ich. In ihren Animes und Mangas.
Aber dann hab ich Doo Pak erklärt, dass es bei uns in Amerika zurzeit sogar ziemlich angesagt ist, Nerd zu sein, und dass die meisten coolen, interessanten Mädchen lieber mit Nerds zusammen sind als mit fiesen, arroganten Schönlingen oder geistig minderbemittelten Sportlern.
Doo Pak sah aus, als wäre das zu schön, um wahr zu sein, aber dann habe ich ihm gesagt, dass Bill Gates, den man ja wohl mit Fug und Recht als den absoluten Obernerd bezeichnen kann, sogar verheiratet ist. Und da schien er es endlich zu glauben. Er schüttelte mir die Hand und erkundigte sich aufgeregt, ob ich vielleicht Freundinnen hätte, die ich mal mitbringen
Weitere Kostenlose Bücher