Buehne frei Prinzessin
ist es echt schwer, den nächsten Tag zu überstehen. Ich weiß nicht, wie die Hilton-Schwestern das immer hinkriegen.
Lilly hat gerade gesagt, wir hätten die Wahl so gut wie in der Tasche. Ich hab echt keine Ahnung, woher sie ihre Zuversicht nimmt, weil:
a. wir gestern Abend nicht mehr dazu gekommen sind, den Probedurchlauf für das Rededuell zu machen, und ich für Montag überhaupt keine Antworten vorbereitet habe, und weil
b. die meisten Leute, mit denen ich heute während des Spiels gesprochen habe, mich bloß anguckten, als hätte ich einen Sprung in der Schüssel, und sagten: »Ey, Alte, was willst du überhaupt? Ich stimme sowieso für Lana.«
Aber Lilly saß ja das ganze Spiel über bei den Eltern rum und hat überhaupt keine Ahnung.
Ich würde echt gern mit ihr über die Sex-Sache reden. Lilly hat da ja auch noch keine Erfahrungen... jedenfalls nicht dass ich wüsste. Mit ihrem letzten Freund ist sie auch bloß bis Phase zwei gekommen.
Aber ich kann nicht mit Lilly darüber sprechen, ob ich mit ihrem Bruder schlafen soll oder nicht. Ich meine …nee, das geht echt nicht. Das wäre ja wohl voll WIDERLICH. Wenn irgendein Mädchen mit mir darüber sprechen wollen würde, ob es mit Rocky schlafen soll oder nicht, würde ich ihr wahrscheinlich eins auf die Nuss geben. Wobei Rocky natürlich auch mein jüngerer Bruder und erst vier Monate alt ist.
Außerdem weiß ich, glaub ich, was Lilly sagen würde. Sie würde sagen: Mach’s doch.
Aber Lilly kann so was natürlich auch locker sagen, weil sie sich in ihrem Körper total wohl fühlt. Wenn sie vor Sport im Umkleideraum ihre Schuluniform auszieht und ihre Sportsachen anzieht, bringt sie das nicht so schnell wie möglich in der dunkelsten Ecke der Umkleidekabine hinter sich. Es ist sogar schon vorgekommen, dass sie SPLITTERNACKT im Umkleideraum rumstolzierte und rief: »Kann mir eine ihr Deo borgen?«, und die Bemerkungen, die Lana und Konsorten über Lillys Wabbelbauch und Orangenhaut machen, scheinen ihr nicht das Geringste auszumachen.
Nicht dass ich Angst hätte, Michael könnte Bemerkungen über meinen nackten Körper machen. Ich weiß nur nicht, ob ich überhaupt will, dass er weiß, wie ich ohne alles aussehe.
Wobei ich natürlich nichts dagegen hätte, zu wissen, wie er aussieht.
Wahrscheinlich beweist das, dass ich prüde bin und unsicher und sexistisch und überhaupt alles Schlechte, was man nur sein kann. Wahrscheinlich verdiene ich es sowieso nicht, Schulsprecherin der Albert-Einstein-Schule zu werden, noch nicht mal die paar Tage lang, bis ich abdanke und das Zepter an Lilly übergebe. Und ganz bestimmt verdiene ich es nicht, Prinzessin eines Landes zu sein, das durch meine eigene Schuld aus der EU gejagt wurde... jedenfalls, falls es so weit kommt.
Ich glaub ganz ehrlich, dass ich überhaupt sowieso nicht besonders viel verdiene.
Na ja, dann fahr ich jetzt wohl mal zu Michael.
Kann mich bitte jemand erschießen?
Samstag, 5. September, 17 Uhr, in Michaels Badezimmer
Ich hab immer gedacht, die Columbia University sei so eine Art Elite-Universität, an der nur ausgewählte Studenten aufgenommen werden.
Dann frage ich mich aber, wieso sie solche Psychopathen wie Michaels Mitbewohner aufnehmen.
Alles lief wunderbar, bis ER auftauchte. Lars und ich haben Michael vom Foyer im Erdgeschoss aus angeklingelt, worauf er runtergekommen ist, um uns beim Pförtner Besucherausweise ausstellen zu lassen – die sind hier nämlich sehr besorgt um die Sicherheit ihrer Studenten. (Nur schade, dass sie um die Sicherheit der Gäste ihrer Studenten nicht so besorgt sind!)
Ich musste meinen Schülerausweis als Pfand dalassen, damit sie sichergehen können, dass ich das Gebäude nachher auch wieder verlasse, und Lars seinen Waffenschein. (Seine Waffe durfte er aber behalten, nachdem er ihnen gesagt hatte, dass ich die Prinzessin von Genovia bin und er mein Bodyguard.)
Als alles geklärt war, nahm Michael uns mit nach oben. Ich bin ja an seinem Einzugstag schon mal da gewesen, aber diesmal sah es – ohne überall herumstehende Umzugskartons und Eltern – schon anders aus. In den Gängen rannten kreischende Studenten mit nichts als Badetüchern am Leib herum, und alles war genauso wie in dem Studentenheim von Rory von den »Gilmore Girls« in Yale. Aus manchen offenen Zimmertüren dröhnte laute Musik, und überall hingen Plakate und Flyer, auf denen die Bewohner des Studentenheims aufgefordert wurden,
an irgendwelchen Demos teilzunehmen oder zu
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