Buehne frei Prinzessin
diejenige, die rumlaufen und Menschen ansprechen musste, die mich in den Gängen der Albert-Einstein-Schule normalerweise keines Blickes würdigen. »Hi, ich glaub, wir haben uns noch nicht persönlich kennen gelernt. Ich bin Mia Thermopolis, die Prinzessin von Genovia, und ich trete zur Wahl der Schulsprecherin an.«
Ganz ehrlich? Ich bin mir noch nie bescheuerter vorgekommen. Natürlich hat sich keiner für mich interessiert. Das Spiel war anscheinend eines von der superspannenden Sorte. Unsere Schule war gegen die Jungs von der Trinity angetreten, die uns quasi seit Bestehen unserer Schulmannschaft Jahr für Jahr gnadenlos in Grund und Boden gespielt haben.
Aber heute war alles anders. Heute präsentierte die Albert-Einstein-Schule nämlich ihren neuen Superstar: Ramon Riveras. Zusammenfassend kann man sagen, dass sich Ramon den Ball erkämpfte und ihn danach praktisch nicht mehr abgab, außer wenn er ihn am Torwart der Trinity vorbei ins Netz schoss. Die AES hat die Trinity vier zu null geschlagen.
Wie sich herausstellte, hatte ich mit meiner Vermutung über Ramon Recht. Nachdem er das entscheidende Tor gemacht hatte, riss er sich das Trikot vom Leib und wirbelte es in der Luft herum. Ich will hier ja keine Gerüchte in die Welt setzen, aber ich hab deutlich gesehen, wie daraufhin ein Ruck durch Mrs Weinberger ging und sie sich kerzengerade aufsetzte.
Und Lana stürmte natürlich sofort aufs Spielfeld und warf sich Ramon an den Hals. Als ich sie das letzte Mal sah, trug er sie gerade auf den Schultern umher wie eine Siegestrophäe. Was sie möglicherweise auch ist: Gewinne ein Spiel für die AES und du bekommst einen Cheerleader gratis. Aber Ramon kann sie gerne haben. Vielleicht hält er sie so in Atem, dass sie MICH dafür in Ruhe lässt. Mich und meinen »Studenten«.
Was mich daran erinnert, dass ich gleich zu Michael ins Wohnheim muss, aber nur, damit ich seinen Mitbewohner kennen lerne und wir »besprechen können, was in der Woche, die wir uns nicht gesehen haben, so passiert ist«.
Zumindest hat er das vorhin am Handy behauptet. Er hat sich leicht genervt angehört, weil er mich erst mal lange nicht erreichen konnte. Na ja, mir war erst ziemlich spät eingefallen, dass ich ja mein Handy ausgeschaltet hatte.
»Was war gestern Abend eigentlich bei dir los, als ich angerufen hab?«, wollte er wissen.
»Och, na ja.« Ich war gerade dabei, mir an einem Verkaufsstand im Central Park eine Brezel zu kaufen, als er anrief. Viele Leute wissen es nicht, aber die New Yorker Brezeln (zumindest die, die man an diesen Ständen kriegt) haben eine heilsame Wirkung. Das stimmt echt. Ich weiß nicht, was die da reintun, aber wenn man Kopfweh oder sonst was hat und in so eine Brezel reinbeißt, ist der Schmerz sofort verschwunden. Und ich hatte ziemlich schlimme Kopfschmerzen, weil ich quasi kaum geschlafen hab.
»Die Mädels waren bei mir und wir haben so eine Art Mitternachtsparty
gefeiert«, erklärte ich Michael, nachdem ich den ersten Bissen der warmen Salzbrezel heruntergeschluckt hatte. »Nur dass sie dann in eine Bis-zum-frühen-Morgen-Party ausgeartet ist...« Ich erzählte ihm, wie wir auf meinem Bett auf und ab gehüpft waren und »Aus-ziehen. Aus-ziehen!« gebrüllt hatten.
Michael schien das nicht so witzig zu finden. Natürlich erzählte ich ihm nicht, wie ich später für alle (die Gummibadematte als Minikleid um mich gewickelt) »Milkshake« in die Fernbedienung vom Fernseher gesungen hab. Ich will ja nicht, dass er mich für komplett DURCHGEKNALLT hält.
»Da hast du ein ganzes Hotelzimmer für dich allein«, sagte Michael, »und lädst meine Schwester ein?«
»Und Shameeka und Tina und Ling Su.« Ich wischte mir Senf vom Kinn. Weil man nämlich unbedingt Senf auf die Brezel tun muss, sonst kann sie ihre heilenden Kräfte nicht entfalten.
»Aha«, sagte Michael. »Und was ist jetzt? Kommst du nachher noch her oder nicht?«
Vielleicht hätten einige Menschen seinen leicht genervten Ton etwas... unhöflich gefunden. Aber aus irgendeinem, mir völlig schleierhaften Grund empfand ich ihn eher als erleichternd. Solange er genervt ist, denkt er vielleicht nicht an Sex. Ich habe nämlich wenig Lust auf diese geplante Aussprache, auch wenn ich weiß, dass Tina Recht hat und wir die Sache irgendwann klären müssen.
Jetzt teile ich mir gerade mit Lilly eine Käsepizza, um Kraft zu tanken, bevor ich mich mit Lars in die Limo setze und zu Michaels Wohnheim fahren lasse. Nach so einer durchfeierten Nacht
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