Bufo & Spallanzani
mir zerstritten und ist ausgezogen, und jetzt ärgert sie sich, weil du hier bist. Aber morgen ist ihre Wut wieder vorbei.«
»Hast du sie gern?«
»Ja. Sie ist sehr hübsch. Ich zeig’ dir ein Bild von ihr.«
Ich zeigte ihr das Foto von Zilda.
»Na ja«, sagte Minolta.
»In Wirklichkeit ist sie hübscher.«
»Kann sein«, sagte Minolta.
Minolta wollte im Wohnzimmer schlafen, aber ich bestand darauf, daß sie im Schlafzimmer schlief. »Ich liebe es, auf dem Sofa zu schlafen«, sagte ich.
Ich wachte sehr früh auf und hatte Rückenschmerzen. Ich duschte und rasierte mich, kochte Kaffee, machte Milch heiß, deckte den Frühstückstisch. Dann klopfte ich an die Schlafzimmertür.
Minolta machte die Tür auf. Sie war vollkommen nackt. Bis auf ihre Umhängetasche.
»Das Frühstück ist fertig«, sagte ich.
»Ich komm’ gleich«, antwortete sie.
»Zieh dir was über«, sagte ich und ging ins Wohnzimmer zurück.
Während des Frühstücks redeten wir kaum.
»Ich gehe zur Arbeit und bin gegen sieben Uhr wieder hier«, sagte ich. »Mach’s dir bequem. Pulverkaffee ist da, und im Eisschrank Milch und Obst. Es muß auch noch was andres da sein.«
»Wo ist die Maschine?«
Ich zeigte ihr, wo die Maschine stand und wo ein dicker Block Papier lag. Ich zeigte ihr auch, wo die sauberen Handtücher waren.
Als ich zur Panamericana kam, war Gomes schon da.
»Alles klar?« fragte er und sah mich an, als hätte ich einen blutbefleckten Gazeverband um den Kopf.
»Alles klar«, antwortete ich.
»Wirklich alles in Ordnung?«
Ich rückte den Schlipsknoten zurecht. »Ja.«
Auf dem Tisch lag kein einziger Arbeitsauftrag. Ich ging zu Dr. Zumbanos Sekretärin Dona Duda ins Zimmer, um ihr guten Tag zu sagen. Sie hielt mich immer über die aktuellen Ereignisse auf dem laufenden. Als der Leiter der Rechtsabteilung ausgewechselt und Dr. Ribeiroles ernannt worden war, informierte sie mich noch vor dem Allgemeinen Rundschreiben der Panamericana. Sie war sehr nett und schenkte mir immer eine Praline, die sie aus einer Schachtel in ihrer Schreibtischschublade nahm.
»Wenn ich doch so wie Sie wäre«, sagte Dona Duda.
»So wie ich?«
»Sie essen alles, Bonbons, Pralinen und sind immer rank und schlank.«
Ich steckte mir die Praline in die Tasche.
»Essen Sie Ihre Praline«, sagte sie, nahm sich selbst eine heraus und verzehrte sie auf der Stelle. »Alles in Ordnung bei Ihnen?« fragte sie, während sie noch eine Praline verzehrte.
»Alles klar«, antwortete ich.
»Haben Sie gestern die Serie gesehen?«
Ich haßte Serien. Ich haßte Fernsehen. Ich haßte Kinder. (Das habe ich schon gesagt.) Aber ich hatte nicht vor, das Dona Duda zu sagen.
Ab neunzehn Uhr, sobald sie nach Hause kam, sah sie sich immer drei Serien an, genau wie Zilda. Sie träumte davon, nach ihrer Pensionierung auch noch die anderen Serien zu sehen, die tagsüber liefen. Sie sah auch gern synchronisierte Filme. Die Stimmen der Sprecher waren immer dieselben, und das gefiel ihr. Tauchte mal eine neue Stimme auf – was selten geschah –, beschwerte sie sich. Einmal schrieb sie sogar einen Brief an die Fernsehgesellschaft Rede Globo: »Die Stimme, die Sie in dem Film vom Donnerstag Burt Reynolds gegeben haben, hat mir gar nicht gefallen. Was ist mit der alten Stimme passiert? Der Mann, der sonst Burt gesprochen hat, hat auch Lee Majors, Humphrey Bogart, Clark Gable, Telly Savalas, Laurence Olivier und den Sheriff Wolf gesprochen. Wollen Sie ihn womöglich auch noch bei diesen Leuten austauschen? Duília Teixeira, Chefsekretärin.« Sie hörte gern bekannte Stimmen. Einmal wurde sie böse auf mich, weil ich sagte, Humphrey Bogart habe ein lebensgefährliches Opfer auf sich genommen, um diese heisere Stimme zu erlangen, und einen Kehlkopfkrebs nicht behandeln lassen, und wer ihn lebensecht synchronisieren wolle, müsse zumindest die gleiche Krankheit haben. An diesem Tag fragte ich Dona Duda, während ich meine Praline aß, welche Serie sie meine, die um sechs, die um sieben, die um acht oder die um zehn Uhr.
»Die um sechs sehe ich nie«, sagte sie seufzend. »Die um acht.«
»Die um acht habe ich nicht gesehen.«
»Wissen Sie, wer Dr. Max, den Direktor der Gesellschaft, umgebracht hat?«
»Nein.«
»Gerard Vamprey. Aber das wußte ich schon, ich hab’s in der Revista Amiga gelesen. Gerard Vamprey, der so brav wie ein Heiliger aussieht, der hat Dr. Max umgebracht.« Und dann erzählte Dona Duda mir die ganze Folge.
Mit anderen „Worten, in Dr.
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