Bufo & Spallanzani
Gefangene der Konventionen.«
»Ich verstehe von Löwenäffchen nicht viel. Aber warum kann man nicht die ganze Familie, Eltern und Junge, mit einem hiesigen Männchen oder Weibchen zusammenbringen?« fragte ich.
»Die Löwenäffchen sind monogam, sagen die Umweltschützer. Verstehst du das Problem?«
»Vielleicht nehmen die Männchen die Jungen von anderen an und die Weibchen nicht. Jedenfalls muß nach dem, was du da sagst, bei diesem Vorhaben ein Emigranten-Pärchen getrennt werden und desgleichen ein hiesiges«, sagte ich.
»Da siehst du mal, wie kompliziert die Monogamie ist«, sagte Minolta. »Ich glaube, ich schreibe ein Gedicht über die Monogamie. Ich habe keinen Rohzucker gefunden. Paß du auf den Reis auf, ich lauf mal schnell zum Paraíso da Sáude in der Rua Dias Ferreira.«
Das Abendessen, das Minolta kochte, bestand aus Naturreis, einem Sojasteak und gekochtem Chuchugemüse. Wo sie den Rohzucker aufgetrieben hatte, weiß ich nicht.
»Schmeckt’s?« fragte Minolta, während sie kräftig und bedächtig kaute.
Es schmeckte scheußlich. »Ja«, sagte ich. Wozu die Kleine ärgern?
Zum Glück gab Minolta, als wir untertauchten und nach Iguaba zogen, diese makrobiotische Marotte auf, und wir entdeckten die Freuden von Tisch und Bett – aber das kommt später.
Das Telefon klingelte. Es war Ceresso von der Brasilianischen Gesellschaft zum Schutz der Amphibien.
»Diese Pflanze, die Sie mir gebracht haben.«
»Ja?«
»Ein befreundeter Botaniker hat sie für mich untersucht. Er sagte, die eingekerbten Blätter, die ovalen, in rispenförmigen Ähren angeordneten Blüten, die einsamige Schließfrucht weisen zweifelsfrei darauf hin, daß es sich um Pyrethrum parthenium handelt, eine Pflanze aus der Familie der Compositae oder Wucherblumen.«
»Doktor Ceresso, eine aus dieser Pflanze gewonnene Substanz, vermischt mit dem Gift der Kröten, kann – « stotterte ich.
»Ich weiß«, fiel er mir ins Wort, »das steht in dem Buch von Nobre Soares. Sie kann einen Zustand tiefer Totenstarre hervorrufen. Guten Abend.« Er legte auf.
Minolta sagte: »Ich dreh’ eine Runde. Gib mir den Schlüssel, damit ich dich nicht wecke. Ich komme spät wieder.« Ich hörte kaum, was sie sagte, so nervös und aufgeregt war ich.
Ich schlief mit Unterbrechungen. Ich glaube, ich hatte mehrere Albträume – als ich aufwachte, konnte ich mich nicht mehr daran erinnern, aber daß es Albträume waren, weiß ich, weil meine Stirn schweißnaß war und das Herz mir klopfte. Zum Glück wurde es dann hell; als ich aus dem Bett oder vielmehr vom Sofa aufstand, hatte ich wieder die gleichen Rückenschmerzen.
Ich drückte das Ohr an die Schlafzimmertür. Minolta war sehr spät gekommen, ich hatte es gemerkt, aber getan, als schliefe ich.
Ich machte Kaffee, röstete das Brot, strich Butter drauf, schnitt eine Papaya à la française auf und klopfte an die Tür.
»Was ist?« hörte ich. »Herein.«
Minolta sah beim Aufwachen genauso aus wie beim Zubettgehen. Zilda war sehr hübsch, aber morgens waren ihre Augen verquollen. Minoltas Gesicht war klar und hatte frische Farben, wie bei einem gesunden Kind.
»Zieh was an«, sagte ich und machte die Tür zu. Wenn ich nackt schlief, bekam ich eine Erkältung. Ich brauchte gar nicht ganz nackt zu sein, es reichte schon, wenn ich nur ein Teil, das Oberteil oder das Unterteil, wegließ, und schon bekam ich eine fürchterliche Erkältung, auch wenn ich mich mit dem Laken zudeckte.
»Jetzt reicht es mit der Bevormundung«, sagte Minolta, als sie aus dem Schlafzimmer kam. »An so einem heißen Tag soll ich mich total einmummeln« – sie hatte knappe Shorts und eine Bluse auf bloßer Haut an –, »nur weil du die Spielregeln diktieren willst.«
»Ich habe das Frühstück gemacht«, sagte ich.
»Nur weil du das Frühstück gemacht hast, kannst du mir noch lange keine Vorschriften machen.«
»Ich will dir keine Vorschriften machen.«
»Alle Männer wollen den Frauen Vorschriften machen.«
»Ich nicht.«
»Das stimmt nicht. Aus welchem Grund ist die Frau, die hier bei dir gewohnt hat, abgehauen?«
»Zilda?«
»Ja, Zilda. Hast du noch andere gehabt?«
»Nein. Zilda ist sehr nervös.«
»Sag doch: Zilda ist krank. Auf diese Weise machen nämlich die Männer die Frauen kaputt.«
»Nein, Zilda ist keine kranke Frau.«
»Ach, diese Zilda interessiert mich nicht.«
»Na also. Laß uns lieber von den Löwenäffchen reden.«
»Ich will auch nicht über Löwenäffchen reden.« Wer ein
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