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Bugschuß

Bugschuß

Titel: Bugschuß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hardy Pundt
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niemals freiwillig, wofür auch immer, und das Wichtigste: sich tarnen und verdrücken in offenem Gelände. Mittlerweile konnte er verstehen, warum viele nach dieser Gangart versuchten, den Militärdienst hinter sich zu bringen.
    Der Leutnant spähte mit dem Feldstecher in Richtung der Scheibe. Zunächst sagte er nichts. Dann nahm er das Ziel genauer unter die Lupe. Er schwieg, als er seinem Nebenmann das Fernglas in die Hand drückte. Der griff schweigend danach.
    »Was sagen Sie?«, fragte der Leutnant.
    »Nun ….«, der Schüler zögerte. Er konnte sich keinesfalls selbst loben.
    »Also, was halten Sie von Ihren Schießkünsten, Genosse Feldwebel?«
    ›Genosse Feldwebel‹, wiederholte er gedanklich. »Na, … ich denke, ich kann ganz zufrieden sein«, versuchte der Schütze, Bescheidenheit zu demonstrieren.
    »Zufrieden, zufrieden … Kaum einer kann mit diesen russischen Geräten so umgehen wie Sie! Gratuliere – so gewinnen Sie den Schießwettkampf der Kompanie am Ende des Monats«, der Leutnant klopfte ihm fast freundschaftlich auf die Schulter.
    So kannte der Schütze den alten Schleifer gar nicht, der dafür bekannt war, seine Lieblinge zu hegen und pflegen. Wen er nicht mochte, der hatte es schwer. Manche Soldaten bekamen Aufträge, die kaum zu bewältigen waren, um dann ordentlich zurechtgewiesen zu werden. In der Armee musste man gehorchen, das nutzten militärische Vorgesetzte aus, seitdem sich die Menschheit hatte einfallen lassen, Streitmächte aufzustellen.
    »Danke, Genosse Leutnant!« Er sah nochmals mit dem Feldstecher in Richtung des Zieles. Ein flüchtiger Schwenk auf die andere Schießbahn hatte ihm gezeigt, dass der Nachbar nicht so gut abgeschnitten hatte.
    »Weitermachen!«, sagte nun laut und vernehmlich der Leutnant, sodass die anderen Unteroffiziere, die an Stehtischen eine Pause eingelegt hatten, aufhorchten. Dann unterhielten sie sich weiter – der Feldwebel war als einer der besten Schützen bekannt. Worauf er auch schießen sollte, er traf. Seltsam war nur, dass er immer schweigsamer wurde. Die Kameraden konnten sich keinen Reim darauf machen.
    Abends, auf der Stube, sagte er kaum etwas, hörte den anderen zu, oder es sah nur so aus, während er an ganz andere Dinge dachte. Mitunter starrte er teilnahmslos aus dem Fenster, in den grauen Innenhof der Kaserne. Warum durften Staaten einen einfach in eine Uniform stecken, ob man wollte oder nicht? Früher hatten ihn solche Fragen nicht interessiert. Aber dass man sie nicht einmal stellen durfte, störte ihn mittlerweile mehr als der Dienst selbst.

8
     
     
    Onno Ahlert hatte gerne seine Ruhe. Manche beschrieben ihn als Mann mit zwei Seiten. Er konnte sehr zuvorkommend und freundlich sein, aber er konnte sich in Sekundenschnelle in einen Hitzkopf verwandeln. Wenn man ihn provozierte, konnte er sich, an der richtigen Stelle getroffen, zu Dingen hinreißen lassen, die er später manches Mal bereut hatte. Ahlert war Eigentümer eines schmucken Häuschens, liebte seinen Garten und wäre mit sich und der Welt zufrieden, wenn ihm nicht der ewig währende Nachbarschaftsstreit die Suppe versalzen hätte. Mit diesem Typen nebenan war ein friedliches Auskommen unmöglich. Das war seit Ewigkeiten so. Über viele Jahrzehnte bestand dieser Clinch bereits, als wäre er genetisch übertragbar. Schon die Väter und Großväter hatten es sich regelmäßig gezeigt, den jeweils anderen diverser schlechter Taten bezichtigt. Man mobbte sich, wo man konnte, auch wenn die älteren Generationen diesen Ausdruck noch nicht kannten; das, was sich dahinter verbarg, schien seit Jahrtausenden zu den Grundeigenschaften der Menschheit zu gehören. Es hatte sogar die eine oder andere Begegnung vor Gericht gegeben.
    Der Zwist musste entstanden sein, als der alte Ahlert erneut Zweifel an der Richtigkeit des Katasterplanes geäußert hatte. Von seinem Großvater, der das Grundstück an seinen Vater vererbt hatte, kannte er die Behauptung, der Nachbar, Meinhard Wientjes, habe vor vielen Jahren in einer Nacht-und-Nebel-Aktion zwei Grenzsteine versetzt. Das habe dessen Grundstück einige Quadratmeter mehr gebracht. Wenig später war die offizielle Vermessung und Grenzsteinfestlegung erfolgt. Die Geschichte besagte dazu, dass der alte Wientjes die Mitarbeiter vom Katasteramt derart geschickt in ein kleines, vorsommerliches Besäufnis verstrickt habe, dass die Grenzsteine so, wie sie in ebenjenem Augenblick standen, in die amtlichen Entwurfsbögen eingetragen wurden.

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