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Bugschuß

Bugschuß

Titel: Bugschuß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hardy Pundt
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Wasser und ab und zu ein Pils genießen und sich dabei sportlich zu betätigen?«, formulierte Boomgarden die eigentlich rhetorisch gemeinte Frage.
    »Wenn ich das wüsste, meine Herren, dann wäre ich just am Ziel meiner Arbeit!«, antwortete Ulfert Ulferts, »aber wie gesagt, es gibt verschiedene Möglichkeiten und im Moment wissen wir noch gar nichts. Daher brauche ich so viele Informationen von Ihnen wie möglich! Versuchen Sie, alles zu durchdenken, auch vorher, nachher …«, seine Tonlage beschrieb bei diesen Worten seine Stimmung, die irgendwo zwischen Verärgerung, Enttäuschung und Wehleidigkeit angesiedelt war. Eine Zeit lang schwieg er und dachte daran, dass er selbst gern mal wieder etwas ganz anderes unternehmen würde, und wenn es nur für ein Wochenende wäre. Irgendetwas fehlte ihm. Das schadete seiner Tatkraft.

7
     
     
    Viele Jahre waren vergangen, seitdem der damalige Feldwebel seine Schießkünste fortwährend perfektioniert hatte. Sein Vorgesetzter im Dienstrang eines Leutnants hielt indes viel von ihm.
    »Sie haben heute ein gutes Gewehr, dennoch ist es eine Herausforderung!« Der Leutnant sah den kräftigen Mann mit Genugtuung an. Man mochte an einen Vater denken, der seinen wohlgeratenen Sohn betrachtet, als jener denselben Weg einschlägt, wie er selbst.
    »Jawohl, Genosse Leutnant«, raunte der in der militärischen Hierarchie Tieferstehende, hatte dabei allerdings ein Lächeln im Gesicht, das zeigte, sie verstanden sich offenbar.
    Der Feldwebel konzentrierte sich. Das russische Schnellfeuergewehr lag schwer in seinen Händen, glücklicherweise durfte er gerade jetzt, wo der Offizier neben ihm stand, auflegen. Er drückte den Kolben der KMS 72, liebevoll ›Kaschi‹ genannt, an seine Schulter, spannte den Zeigefinger noch einen winzigen Tick weiter an. Jetzt fehlte nur mehr ein Hauch, und die Ladung würde gezündet. 100 Schuss konnte die Waffe innerhalb einer Minute in kurzen Feuerstößen abgeben. Er atmete ruhig und versuchte, seine Anspannung richtig einzusetzen. Er brauchte einen Teil davon, es durfte allerdings nicht zu viel sein, sonst wäre er verkrampft, was einem möglichst genauen Schuss nicht zuträglich war. Der Unteroffizier war ein erfahrener Schütze, er konnte sich auf eine solche Situation einstellen und wusste, wie er zu reagieren hatte. Er kniff sein linkes Auge zu, um mit dem rechten die Zielscheibe besser fokussieren zu können – dieses kleine, runde Stück Pappe in etwa 150 Meter Entfernung. Das erschien nahe angesichts der Tatsache, dass das Maschinengewehr bis zu 800 Meter weit schoss. Gleichwohl war es schwierig genug, die Waffe richtig zu bedienen.
    »Ich will Erfolge sehen! Mit der Maschinenpistole können Sie sich noch steigern!«, hatte sein Vorgesetzter gesagt und für den Schützen klang es fast so, als wolle er fortsetzen: ›Wenn es ein guter Schuss wird, verwende ich mich für Ihre Beförderung.‹ Das würde den Schritt zum Oberfeldwebel bedeuten. Angesichts seiner eher bescheidenen Leistungen auf der Polytechnischen Schule war ihm der Besuch der Erweiterten Oberschule verwehrt gewesen und damit auch eine Offizierskarriere, von der er als Jugendlicher geträumt hatte. Dennoch hatte er den Militärdienst voller Enthusiasmus begonnen, wollte auf jeden Fall den Dienstgrad eines Stabsfeldwebels erreichen. Nach gut zwei Jahren Wehrdienst erschien ihm das mittlerweile jedoch nicht mehr erstrebenswert. Die Armee, so begann er zu denken, war doch nicht das Wahre. Warum es ruhmvoll und ehrenhaft sein sollte, wenn man lernte, andere zu erschießen, ging ihm einfach nicht in den Kopf. Und noch ehrenvoller wäre es, das Gelernte auch auszuführen? Nein, sein Denken hatte sich gewandelt.
    Als er den letzten Rest Luft aus seinem Körper gepresst hatte, hielt er den Atem an. Er krümmte seinen Zeigefinger ein bisschen mehr. Ein ohrenbetäubender Kugelhagel wurde abgefeuert, der Schütze hielt die Waffe konzentriert in seinen Händen und so schnell sich die Schüsse gelöst hatten, so schnell schwieg die todbringende Konstruktion wieder. Erneut sog er Luft ein, die jetzt anders roch – Rückstände schwirrten darin herum, ein seltsames Gemisch stieg ihm in die Nase, das er gleichwohl gut kannte. Schießen konnte er. Er musste sich aber eingestehen, dass ihm nach jeder Schießübung mehr Zweifel an der Sinnhaftigkeit seines Handelns kamen. Zuerst war er strikt gegen das militärische Motto vieler Rekruten gewesen: Sei nie der Erste, sei nie der Letzte, melde dich

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