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Bugschuß

Bugschuß

Titel: Bugschuß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hardy Pundt
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immer so war, meistens trank er dort nur Antialkoholisches, heute hatte aber ein Schützenbruder Geburtstag gehabt und einen ausgegeben. Ahlert war seit seiner Jugend aktiv als Schütze. Zufällig kam Wientjes zeitgleich vom Rudertraining nach Hause. Nach dessen Beendigung hatten die Sportsfreunde noch zusammengesessen, um den Wintertrainingsplan und Aktivitäten wie Grünkohlessen, Preisknobeln zu Martini und Klootschießen zu erörtern. So trafen Ahlert und Wientjes an ihren Hauszufahrten aufeinander. Wientjes erkannte sofort, dass Ahlert betrunken war, und wollte an ihm vorbeigehen, ausschließlich ein »Moin« knurrend. Doch Ahlert hielt ihn zurück.
    »Wientjes«, lallte er, »das mit der Mauer, das nehm’ ich dir übel! Vieles andere auch, aber das besonders.«
    »Die Mauer ist meine Sache und sie bleibt, wo sie ist!« Wientjes antwortete betont sachlich und wollte dabei gar nicht unfreundlich klingen.
    »Du willst nur kaschieren, dass sie auf meinem Grundstück steht, auf meinem !«
    »Hör bitte endlich auf mit dem Scheiß. Diese uralte Geschichte, an der nichts, aber auch gar nichts dran ist. Die Mauer steht voll und ganz auf meinem Grundstück und damit basta.« Wientjes hatte 15 Ruderkilometer und längere Diskussionen hinter sich und wollte schlafen – alles andere war ihm heute Abend vollkommen egal. Ahlert sowieso.
    »Ich weiß es besser – und ich werde es dir beweisen!«, rief Ahlert so laut, dass er vermutlich alle Nachbarn aus dem Schlaf riss.
    »Lass mich zufrieden mit dem Gesülze«, nuschelte Wientjes und wollte sich an ihm vorbeischieben.
    Ahlert flippte geradezu aus, schrie: »Beweisen werd’ ich dir das! Eigentlich seid ihr alle Verbrecher, die ganzen Wientjes, du und dein Vater, dein Opa schon …«
    Das ging zu weit. So einen Unsinn musste er sich nicht anhören, nachts, erschöpft von Arbeit, Training und langen Diskussionen. Die Hand war ihm ausgerutscht. Eine Backpfeife, kein wirklich harter Schlag.
    Ahlert war zurückgewichen, wankte für einen Augenblick. Fast wäre Wientjes, überrascht und erschrocken über die eigene, heftige Reaktion, ihm zu Hilfe geeilt. Aber Ahlert blieb in sicherer Entfernung stehen, rieb sich die Wange, setzte ein schräges Lächeln auf und sagte nur: »Kiek äben na tegenöver, bi Meyers is noch Lücht!« Er hatte den Kopf leicht nach rechts geneigt, während er sich die Wange hielt und aussah, als habe er starke Schmerzen, was Wientjes übertrieben vorkam.
    Wientjes hatte sich zum Haus der Nachbarn gegenüber gewandt und sah noch, wie die Gardine schnellstens zugezogen wurde.
    »Sonst regt sie mich ja schon auf, die Meyer. Steht ständig am Fenster, immer, wenn man hier draußen etwas arbeitet oder mit jemandem redet. Ist doch auch seltsam, was? Ich glaube, sie bekommt hier eine Menge mit. Mal guckt sie einfach so, mal … Was soll’s. Heute Abend passt mir das ganz gut.« Fast schien es so, als lache Ahlert, der sich nach wie vor die Wange hielt. Die schwoll langsam an.
    Wientjes’ registrierte das, als Ahlert kurz die Hand wegnahm und ärgerte sich. Jetzt hatte Ahlert etwas, der würde wieder aus einer Fliege einen Elefanten machen!
    Nach einer Pause fügte Onno Ahlert hinzu: »Die Meyer, die wird ganz bestimmt eine ehrliche Zeugenaussage machen, wenn die Anzeige wegen Körperverletzung bei der Polizei aufgenommen wird, Harm Wientjes. So wahr ihr Gott helfe!«

9
     
     
    Dietmar Stöwers würde das Krankenhaus bald verlassen können. Dr. Kurt-Thomas Rotenberg, Chirurg und Oberarzt, hatte den Streifschuss untersucht, verbunden und festgestellt, dass es lediglich eine Fleischwunde und der Knochen nicht in Mitleidenschaft gezogen worden war. Der Arzt machte einen sportlichen, aufgeweckten Eindruck. Er hatte seinen Abschluss an der Universität Münster gemacht. Das Studium war anspruchsvoll gewesen und die bei Medizinern oft übliche Vorgehensweise, die Doktorarbeit quasi neben dem Studium und den Praktika zu machen, hatte ihm manch schlaflose Nacht beschert. Schließlich wollte er allen Anforderungen und den Gesetzen der Wissenschaft, was sorgfältiges Quellenstudium und richtiges Zitieren sowie sauber durchgeführte und vollständig dokumentierte Versuchsanordnungen anging, gerecht werden.
    Rotenbergs Rhetorik war brillant und seine Freundlichkeit und Kompetenz blendeten. Doch Stöwers traute ihm aus irgendeinem Grunde nicht. So viel überlegene Sicherheit und Überzeugungskraft konnte niemand allein auf sich vereinigen, dachte er.
    »Glück gehabt«,

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