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Bullenball

Bullenball

Titel: Bullenball Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
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Söhnchen und Töchterchen und holen sich darauf einen runter, wenn deren
hochwohlgeborene Eltern ihnen auf die Schulter klopfen. Das ist so eine
himmelschreiende Verlogenheit, da fehlen einem die Worte. Ich sage euch: Ich
hätte echt mal Lust, die Knarre draufzuhalten und alles wegzuballern. Gerechtigkeit
zu schaffen. Aber wirklich.
    Das war ein gutes Gefühl, gestern in der Schule anzurufen. Der
Scheißsekretärin ist das Lachen im Hals stecken geblieben, das könnt ihr mir
glauben. Es war eigentlich nur so eine spontane Idee von mir, um mich abzureagieren.
Aber dann war ganz schön was los! Nur wegen so einem kleinen Anruf.
    Na, die werden sich wundern. Das war noch gar nichts im Vergleich zu
dem, was kommen wird. Wenn die wüssten, was ich bald durchziehen werde! Dann
würden die nicht wegen so einer Kleinigkeit ausflippen.
    Die Morgensonne fiel durch Hambrocks Bürofenster. Er blinzelte. Der
Computerausdruck lag vor ihm auf dem Tisch. Es war ein Beitrag aus einem Forum,
in dem sich Ehemalige des Anne-Frank-Gymnasiums trafen, um in alten Zeiten zu
schwelgen und zu berichten, was aus ihnen geworden war. Lauter fröhliche
Statements von Leuten, die gern an ihre Schulzeit zurückdachten. Da passten die
folgenden Zeilen so gar nicht zum Rest:
    Am Mittwoch um 9 Uhr wird es in der Schule ein Blutbad geben. Vor
allem Herr Schmied und Frau Teichler werden dran sein. Von den beiden wird nur
ein Haufen Matsch zum Beerdigen übrig bleiben.
    Auch der Name des Mitglieds hob sich von den anderen ab: mercenaryX.
Nicht unbedingt der Spitzname eines allseits beliebten Schülers. Auch über das
Profil war vorerst nichts Weiteres über ihn herauszufinden.
    Hambrock blickte in die Runde der Kollegen, die sich um den
Besprechungstisch in der Coesfelder Kreispolizeibehörde versammelt hatten. Ein
paar Typen von der Direktion Gefahrenabwehr und Kriminalität waren dabei,
daneben die Männer der Nottulner Polizeiwache und mittendrin Suhrkötter, der
Hambrock über alles informiert hatte.
    »Ein Ehemaligentreff«, stellte Hambrock fest.
    Suhrkötter bemerkte: »Das hat natürlich nichts zu bedeuten. Da kann
sich jeder anmelden. Der Webmaster hat uns auf den Beitrag aufmerksam gemacht.
Er hatte auch keine Idee, wer sich dahinter verbergen kann.«
    Heike nahm sich den Ausdruck und betrachtete ihn eingehend. Seit
ihrem Eintreffen in Coesfeld hatte sie noch kein Wort gesagt, als wäre sie mit
den Gedanken woanders.
    »Wie weit sind wir mit dem Provider?«, wandte sich Hambrock an
Suhrkötter.
    »Die werden uns natürlich helfen. Aber einen Beschluss müssen wir
trotzdem liefern. Der Antrag ist schon bei der Staatsanwaltschaft.«
    Hambrock nickte. Es würde nicht lange dauern, bis sie den
richterlichen Beschluss hatten. Bei diesen Amokgeschichten ging das in
Windeseile. Seit Emsdetten und Winnenden hatte das Priorität, auch wenn beinahe
täglich irgendwo eine Amokdrohung auftauchte und so gut wie nie eine ernsthafte
Absicht dahintersteckte.
    Sobald sie grünes Licht bekamen, konnten sie von dem Provider die
Herausgabe der IP -Adresse des Forumsmitglieds erzwingen, und dann würden
sie wissen, wo der Rechner stand, von dem aus die Nachricht ins Netz gesetzt
worden war.
    »Haben die Befragungen der Schüler etwas ergeben?«
    »Bisher nicht.« Suhrkötter verschränkte die Arme. »Aber das läuft
noch.«
    Die Kollegen waren an alle Schüler herangetreten, die laut Lehrer
und Schulpsychologin in gehäufter Form Merkmale aufwiesen, die das Risiko eines
unkontrollierten Gewaltaktes erhöhten: Isolation, Narzissmus,
Perspektivlosigkeit, gewalttätige Phantasien, das Fehlen von Anerkennung.
    »Bei diesen Schülern hat sich kein konkreter Verdachtsmoment
ergeben«, meinte Suhrkötter. »Wir haben allerdings auch ein paar Ehemalige
hergebeten, die während ihrer Schulzeit auffällig geworden sind. Mal sehen, was
da herauskommt.«
    Heike fummelte einen Faden aus dem Bündchen ihres Pullovers und
rollte ihn gedankenverloren zu einem Knäuel. Hambrock suchte ihren Blick, doch
sie starrte zum Fenster. Er wandte sich wieder an Suhrkötter.
    »Die Schule ist schon informiert worden, oder?«
    »Natürlich. Die Rektorin will trotz der Drohung den Unterricht
stattfinden lassen. Sie will sich von diesen Ankündigungen nicht einschüchtern
lassen. Die Eltern sind zwar informiert, und es ist ihnen freigestellt, ob sie
ihre Kinder zu Hause behalten wollen. Aber ansonsten soll alles regulär
ablaufen. Wir haben schon jetzt verstärkte Polizeipräsenz vor Ort.

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