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Bullenball

Bullenball

Titel: Bullenball Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
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die kühle Stimme des Beamten.
»Ein paar Fragen habe ich noch.«
    »Ja«, murmelte Hambrock schließlich. »Wirklich ein seltsamer Zufall.«
    Die Dämmerung legte sich über den kleinen Bauernhof. Ruhe kehrte
ein. In den Ställen war das Licht bereits gelöscht, genau wie in der Küche und
der großen Diele. Nur im Wohnzimmer brannte noch Licht, dort saßen ihre Eltern
vor dem Fernseher und sahen Nachrichten. Adelheid war in ihr Zimmer gegangen
und hatte den Computer hochgefahren. Hausaufgaben, hatte sie unten gesagt. Der
Bildschirm leuchtete auf, der Rechner wurde mit dem Internet verbunden.
    Heute ließ sie sich nicht einfach nur treiben, wie sie es sonst
immer gemacht hatte. Heute hatte sie ein konkretes Ziel. Jemanden, den sie
unbedingt beobachten wollte: den König von Brook.
    Sie hatte jeden einzelnen Beitrag von ihm im Forum gelesen. Dabei
war er ihr immer vertrauter geworden. Adelheid und er hatten viele
Gemeinsamkeiten. Nur in manchen Dingen war er anderer Meinung als sie, doch
darüber würde sie liebend gern mit ihm diskutieren. Es war, als hätte sie den
Brieffreund gewonnen, den sie sich immer gewünscht hatte. Nur wusste der noch
gar nichts von ihr. Und er würde wohl auch nie etwas erfahren. Es sei denn, sie
wagte es, in Erscheinung zu treten und Kontakt zu ihm aufzunehmen. Aber das
schien ihr unmöglich. Was, wenn der König sich gar nicht für sie interessierte?
Wenn er sie nur auslachte, wie alle anderen auch?
    Nach ein paar Klicks war sie wieder im Forum. Der König war
ebenfalls online, sein Name leuchtete am unteren Rand des Bildschirms. Adelheid
spürte die vertraute Aufregung. Sie ging die Themenliste durch und fand den
Bereich, in dem der König gerade einen Beitrag online gestellt hatte. Da ging
es um mögliche Formen des Weltuntergangs. Was passierte, wenn ein Meteorit vom
Himmel fiel, was, wenn ein mutiertes Influenzavirus mit tödlichen Folgen
entstand. Sie las, was der König dazu geschrieben hatte. Dann überflog sie die
Beiträge der anderen. Doch natürlich war das, was der König sagte, am
interessantesten. Der Wunsch, ihn kennenzulernen, wurde immer größer.
    Sie kannte das Anmeldeverfahren bereits auswendig. Es gab auch schon
einen Namen, mit dem sie in Erscheinung treten würde. Trotzdem zögerte sie. Sie
hatte Angst davor, sichtbar zu werden. Solange sie die anderen nur beobachtete,
konnte ihr nichts passieren. Sich im Forum anzumelden kam ihr vor, als würde
sie in das Licht greller Scheinwerfer treten. Alle würden sehen, was sie war:
ein Bauerntrampel aus Brook, für den sich keiner interessierte. Sie hörte ihre
Klassenkameradinnen schon kichern: »Guckt mal die! Was die da im Internet
schreibt! Das ist sooo peinlich!«
    Natürlich wusste Adelheid: Das Netz war anonym. Keiner würde je
erfahren, wer sich hinter ihrem ausgedachten Namen verbarg. Trotzdem. Ihr
Bauchgefühl war ein anderes.
    Ihre Hände begannen zu schwitzen, und ihr Herz schlug wild in der
Brust. Sie wählte den Namen, den sie sich zurechtgelegt hatte:
Schneeprinzessin. Ein Bild fügte sie nicht hinzu. Auch die Profildaten blieben
unausgefüllt. Sie wollte keinerlei Hinweise darauf liefern, wer sie in
Wirklichkeit war. Schließlich drückte sie auf Enter. Nach wenigen Minuten war
es so weit: Sie war angemeldet.
    Es fühlte sich an, als hätte sie einen verbotenen Tempel betreten.
Als wäre sie in zwei Welten gleichzeitig. Da war immer noch ihr Zimmer auf dem
Bauernhof in Brook, aber zur selben Zeit befand sie sich an einem fremden,
geheimnisvollen Ort. Zusammen mit zahllosen anderen Menschen.
    Jetzt konnte sie sich die Profile der anderen ansehen. Ohne
Anmeldung hatte ihr die Zugangsberechtigung gefehlt. Als Erstes klickte sie auf
das Profil des Königs von Brook. Ein neues Fenster öffnete sich. Auch bei ihm
war kaum etwas eingetragen. Der König war genauso zurückhaltend wie sie. Ein
Bild zeigte den französischen Sonnenkönig, bei Wohnort war Deutschland
eingetragen. Das war schon alles.
    Sie kehrte zurück in den Forenbereich, in dem der König mit anderen
diskutierte. Es ging immer noch um einen möglichen Meteoriteneinschlag. Gerade
als sie das Forum betrat, erschien ein neuer Beitrag:
    ecovader13
    AW: Weltuntergang
    Nach so einem Kometeneinschlag wäre jedenfalls alles vorbei. Da
würde nichts überleben. Erst verglüht die Welt im Feuerregen, danach wird es
dunkel, weil kein Licht mehr durch die Asche dringt, und eine neue Eiszeit
beginnt. Ich kann euch sagen, da würdet ihr euch wünschen, sofort zu

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