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Bullenball

Bullenball

Titel: Bullenball Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
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auf ihrem Profil gewesen sein. Sie klickte auf das
Kästchen, und ein Fenster öffnete sich.
    hey schneeprinzessin!
    ich hab gesehen, du warst zweimal auf meinem profil :-)
    was du im forum geschrieben hast, fand ich sehr gut. die meisten
machen sich nur wichtig, da tut es gut, wenn einer mal ehrlich ist und sich
nicht aufbläst. hast du lust, mit mir in den privatchat zu gehen? dann könnten
wir uns besser kennenlernen. ich würd mich total freuen! *fg*
    lg – der könig
    Adelheids Hände begannen zu zittern. Ein Gefühl, als wäre sie vom
Zehnmeterbrett gestoßen worden: Der Magen sackt weg, Adrenalin fließt durch den
Körper, und jeden Moment kann der Aufschlag kommen. Wieder stand sie auf und
ging unruhig durchs Zimmer. Wusste der König vielleicht, wo sie lebte? War er
deshalb an ihr interessiert? Weil er ebenfalls aus Brook stammte und nun wissen
wollte, wer sie war? Gab es Möglichkeiten, den Wohnort anderer User irgendwie
herauszufinden? Hacker schafften doch so einiges. War sie vielleicht gar nicht
so unsichtbar, wie sie glaubte?
    Es gab nur einen Weg, das herauszufinden. Sie setzte sich an den
Computer. Wischte sich die Hände an den Hosenbeinen ab und rückte die Tastatur
zurecht. Sie war noch nie in einem Chat gewesen. Am Ende machte sie vielleicht
alles falsch. Doch das Risiko musste sie eingehen.
    Jamaine hatte an diesem Abend frei. Hinterm Tresen vertrat ihn eine
Endvierzigerin in einem Strickkleid und mit sonnenverbranntem Dekolleté, die
ihre Haare unter einem Batiktuch zusammengebunden hatte. In den Achtzigern war
sie bestimmt mal eine echte Schönheit gewesen, doch nach zwanzig Jahren
Alkohol- und Drogenkonsum war alles an ihr ein bisschen auseinandergegangen.
Sie lehnte am Schnapsregal und plauderte mit einer Freundin, die ihr gegenüber
auf einem Barhocker kauerte und in einem beachtlichen Tempo Whiskey in sich
hineinschüttete.
    Hambrock saß am anderen Ende des Tresens und beobachtete die beiden.
Er trank bereits sein drittes Bier, dabei war es noch nicht mal acht.
Eigentlich hatte er sich zu Hause etwas zu essen machen und danach früh ins
Bett gehen wollen. Aber als er dann in der Küche stand, hatte er sich nicht
einmal dazu aufraffen können, ein paar Spiegeleier in die Pfanne zu schlagen.
Es machte ihm keinen Spaß, für sich allein zu kochen. Erlend verwöhnte er gern
mit seinen Kochkünsten. Doch wenn sie nicht da war, sah er keinen Sinn darin,
aufwendige Gerichte zuzubereiten. Sieben Bier sind eine Mahlzeit, war ihm in
den Sinn gekommen, und so hatte er die Wohnung verlassen und war zu Jamaine
gegangen.
    »Noch ein Bier für dich?«, kam es vom Schnapsregal.
    Er nickte, und die Thekenfrau setzte sich schwerfällig in Bewegung.
    Es entbehrte nicht einer gewissen Ironie: Da fuhr Erlend nach
Groningen, weil ihre Mutter im Krankenhaus lag und ihr Vater sich allein keine
Mahlzeit zubereiten konnte. Und was passierte? Hambrock, der große Hobbykoch,
brachte es nicht einmal mehr zustande, sich ein paar Spaghetti in den Topf zu
werfen. Der Kühlschrank war seit Tagen leer, er aß fast nur noch auswärts.
    Die Thekenfrau stellte ihm wortlos das Bier hin und kehrte zu ihrer
Freundin zurück.
    »Danke«, warf er ihr hinterher.
    Am Nachmittag hatte er kurz mit Erlend telefoniert. Da war sie
gerade aus dem Krankenhaus gekommen und musste sich beeilen, um den Bus noch zu
erwischen. Ihre Stimme hatte sich erschöpft angehört. Die OP -Wunde
ihrer Mutter hatte sich entzündet, was ihren Krankenhausaufenthalt noch einmal
verlängerte. Und ihr Vater verwandelte sich zunehmend in ein störrisches und
eigensinniges Kind, das sich von vorn bis hinten bedienen ließ. Anscheinend
nahm er es seiner Frau übel, dass sie so lange im Krankenhaus blieb. Und
Erlend, die eigentlich längst wieder in Münster sein wollte, versuchte es allen
recht zu machen und geriet dabei nur zwischen die Fronten.
    In seiner Phantasie bestieg Hambrock einen Helikopter, mit dem er in
kürzester Zeit in Groningen war. Er las Erlend auf und entführte sie für ein
paar Stunden in irgendein Wellnesshotel, wo sie saunieren und schwimmen konnten
und er ihr bei leiser Entspannungsmusik die Füße massierte. Nur einen halben
Nachmittag lang, er wusste ja, dann wäre sie ohnehin mit den Gedanken wieder
bei ihren Pflichten. Aber dieses Geschenk würde er ihr gerne machen. Er konnte
es nicht ertragen, dass es ihr schlecht ging, gerade jetzt, wo sie ihm so sehr
fehlte.
    Er nahm einen tiefen Schluck von seinem Bier und versuchte sich

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