Bullet Catcher 3: Johnny
Fenster gelehnt, gestern Abend, als sie unbedingt den Namen seiner Schwester wissen wollte und ob sie sich nahestanden. Wenn er diese kleine Bombe hatte platzen lassen, um sie von weiterem Nachforschen abzubringen, hatte er sich allerdings geschnitten. Auf der Fahrt hierher hatten sie beide nicht viel geredet, sich aber unablässig an der Hand gehalten.
»Wennduratendürftest,wersichhintergelbervogel1verbirgt,wenwürdestdunennen ?« ,fragteeraufdemWegüberdieSteintreppen,dievonwuchtigenBronzeskulpturenflankiertwaren.
»Eines der Mädchen. Wahrscheinlich Vivian .« Am Eingang mit den verzierten Rundbögen blieb Sage stehen. »Du hast hoffentlich einen Waffenschein für das Ding, das du da mit dir herumträgst? Hier gibt es nämlich einen Metalldetektor. Ansonsten musst du draußen auf mich warten. Oder aufgeben .«
Er zog die Tür auf. »Hab ich .«
»Gültig für Massachusetts ?«
»Ja .«
»Gut, dann zeig ihn dem Aufseher. Ihr könnt ja dann ein bisschen übers Schießen fachsimpeln, während ich in den Innenhof gehe .«
»Du gehst auf keinen Fall allein .«
Sie stieß einen entnervten Seufzer aus. »Johnny, wer auch immer mich da sehen will, will mich alleine sehen .«
»Eben .«
»Ich kann kein Interview führen, solange du in meinem Nacken mit der Waffe herumfuchtelst .«
Er unterdrückte ein Lachen. »Ich fuchtele mit gar nichts. Hör zu! Ich werde in der Nähe bleiben, aber nicht an deiner Seite. Wer auch immer sich da mit dir trifft, wird keine Ahnung haben, dass ich da bin. Bleib einfach in meinem Blickfeld, dann halte ich mich vollständig zurück .« Um das Versprechen zu bekräftigen, legte er ihr die Hände auf die Schultern. »Ich weiß, wie man so was macht .«
Das Selbstvertrauen, das er in dieser Situation zeigte, überzeugte sie schließlich. »Also gut. Aber du darfst mich auf keinen Fall unterbrechen. Manchmal dauert es ein paar Minuten, um einen neuen Kontakt zum Reden zu bringen. Vielleicht will sie auch woandershin gehen. Keine Fragen, okay ?«
»Okay .«
Sie hielten auf den Sicherheitsmann zu, einen älteren Herrn, und Johnny sprach ihn an, um ihm, wie Sage annahm, seinen Waffenschein zu zeigen. Unterdessen betrachtete sie die imposante Freitreppe, die zum Hauptlesesaal hochführte.
Wen würde sie treffen, und was würde diese Person ihr erzählen? Es war nicht das erste Mal, dass sie einen Unbekannten an einem ungewöhnlichen Ort traf. So etwas gehörte zu ihrer Arbeit. Aber diese Geschichte war anders. Sie war persönlich. Und deshalb ballte sie, von einem leichten Anflug von Furcht alarmiert, die Fäuste in den Taschen ihrer Jeansjacke.
»Gehenwir,Süße .« JohnnysBerührungversetztesieebenfallsinAlarmbereitschaft,wennauchaufandereWeise.
»Du bleibst hinter mir. Weit hinter mir. Zum Innenhof geht es hier rechts .« Sie ging los, aber er hielt sie zurück.
»Langsam. Einen Moment noch. Wir brauchen einen Plan, für den Fall, dass wir getrennt werden .«
Allmählich bekam das hier einen Hauch von Mantel-und-Degen-Romantik. »Hier ist der Plan .« Sie zog ihr Handy heraus. »Ruf mich an .« Sie sagte ihre Nummer auf, drehte sich um und ging.
Im Innenhof angekommen, konzentrierte sie sich sofort auf den Brunnen, doch keines von den Gesichtern der morgendlichen Leser und Kaffeetrinker kam ihr bekannt vor. Sie sah über die schmiedeeisernen Tische, die überall im Hof, aber auch hinter den Säulen standen, die den steinernen Weg säumten. Sie ging von einer Seite zur anderen, aber niemand sagte etwas oder zeigte auch nur das geringste Interesse an ihr.
Als sie sich umdrehte, sah sie noch nicht einmal mehr Johnny.
Das wirst du dann sehen. Am Springbrunnen. Neun Uhr . Sie blickte auf ihre Armbanduhr: 9:02 Uhr.
Das wirst du dann sehen . Was würde sie sehen?
Ein Mann mit einem Laptop schaute kurz zu ihr hoch, dann wieder auf seinen Monitor zurück. Eine Frau, die ein Baby im Kinderwagen fütterte, lächelte ihr unverbindlich zu. Auf dem steinernen Rand des Springbrunnens saß ein älteres Paar mit Kaffee und Kuchen.
Alles war ruhig, nur ein Kind lachte an einem der Tische weiter hinten, und das Wasser des Brunnens gurgelte und rauschte.
Sage setzte zu einer Runde um den Brunnen an. An ein paar Studenten, die zusammensaßen, und einer Frau mit einem Taschenbuch vorbei. Dann, auf der anderen Seite des Brunnens, entdeckte sie es.
Eine neongrüne Karteikarte. Ihr Herzschlag beschleunigte sich, als sie einen Schritt näher trat. Unwillkürlich sah sie sich um, ob sie jemand
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