Bullet Catcher - Ben
dort kennengelernt.«
»Wen?«
»Einen Mann, den sie … geliebt hat.«
»Deinen Urgroßvater?«
»Nun, ja … und nein.«
Sie war natürlich verwirrt. Komplexes Denken würde für sie hart sein. Verdammt, es war langsam auch hart für ihn, aber er war zehn Minuten nach ihr in den Kühlraum gekommen und vierzig Kilo schwerer.
»Erzähl es mir«, beharrte er. »Wer war dieser Mann?«
»Genau das ist es. Ich weiß es nicht.«
»Komm schon, Callie. Du gibst nie auf.« Er drückte sie fest an sich. »Kämpf gegen die Kälte an.« Er drückte sie noch fester an sich. »Denke. Fühle.« Lebe.
»Wir wissen nicht wirklich, wer er war«, sagte sie. »Und ich hatte irgendwie gehofft …« Ihre Stimme versagte.
»Was hattest du gehofft?«
»Egal. Seine Name war … Jeremiah. Er war Amerikaner … ein Spion. Während des Zweiten Weltkriegs. Bei der Besetzung Frankreichs.«
Er strich ihr durchs Haar und hielt ihr den Kopf fest, als er zur Seite wegsackte. »Bleib bei mir, Callie. Bleib bei mir. Erzähl mir mehr.«
Sie kämpfte um Stärke und Luft, und ihre Haut lief ganz eigenartig blau an. Schließlich klärten sich ihre Augen. »Sie hat ihn auf dem Pont au Change kennengelernt.«
Sie sprach die bekannte Pariser Brücke mit einem perfekten französischen Akzent aus, als hätte sie das Wort eine Million Mal gehört und würde etwas so Kostbares niemals mit einem muttersprachlichen Akzent versehen.
»War deine Urgroßmutter Französin?«
»Belle Dumont? Durch und durch Französin.« Sie versuchte zu lächeln, aber die Anstrengung war zu groß. »Lass mich mich hinsetzen, Ben. Bitte.«
»Nein.« Wenn sie sich setzte, würde sie nie wieder aufstehen. Er warf einen Blick auf das Schloss und sandte dem Wasser einen stummen Befehl zu gefrieren, wollte unbedingt, dass sein verzweifelter Plan funktionierte. »Erzähl mir von Belle und Jeremiah. Waren sie ein Liebespaar?«
»Mmmh.« Sie lächelte. »Für eine Nacht. Es war Liebe auf den ersten Blick auf der Brücke.« Sie schloss die Augen. »Die Deutschen … die Nazis … waren überall. Sie wollte sterben. Wollte dem Elend des Krieges entfliehen. Sie stand auf der Brücke, wollte springen, als er sie fand …«
Ben rieb seine Wange an ihrer, atmete auf die Eisbröckchen in ihrem Haar. »Er hat sie gerettet?«, riet er.
»Ja. Er ist direkt zu Granny Belle hingegangen …« Callie stieß ein leises Stöhnen aus, als sei die Erinnerung ihre, nicht die ihrer Urgroßmutter.
»Was hat er gesagt, dieser Spion namens Jeremiah?«
»Er sagte, sie sei zu schön, um zu sterben, und er versprach ihr … versprach ihr, dass die Dinge sich bald ändern würden.« Endlich öffnete sie die Augen. »Es war der 4. Juni 1944.«
Zwei Tage vor der Invasion in der Normandie. »Was ist passiert?«
»Sie verbrachten die Nacht zusammen, und er verschwand am nächsten Tag, aber … er ließ einen Teil von sich zurück. Meinen Großvater.«
»Er wusste von der Invasion«, sagte Ben. »Weil er ein Spion war.«
»Und er hat ihr das Leben gerettet, indem er ihr Hoffnung gab.«
»Genauso, wie ich es jetzt machen werde.«
Ihre Augen wurden leer, ihr nächster Atem gequält, ihr Körper erschlaffte zusehends in seinen Armen. »Ich kann nicht … weiter … machen …«
»Doch, du kannst«, beharrte er, und er küsste ihr Gesicht, ihre gefrorenen Wimpern, ihren Mund. »Du musst, Callie. Für Belle. Für Jeremiah.«
Sie hatte kaum die Energie, den Kopf zu schütteln.
»Ich arbeite für eine Frau …«, wisperte er in einem Kuss, »die dich und die Asche deiner Urgroßmutter mit einem Privatflugzeug nach Paris bringen könnte.«
Sie wimmerte und entglitt ihm ein Stück.
»Du könntest morgen Nacht schon dort sein.« Das war immer noch nicht genug, um wieder Leben in sie hineinzuhauchen. Er brauchte etwas, das niemand sonst ihr geben konnte. Er brauchte … Jeremiah. »Und ich wette sechstausend weitere Dollar darauf, dass sie die Identität dieses Spions für dich aufdecken kann.«
Sie versteifte sich und schnappte nach Luft. Oh ja, sein Bauchgefühl hatte richtig gelegen. »Du … sie … könnte?«
»Würdest du gern wissen, wer er war, Callie?«
»Ja.«
»Dann halt mich einfach …«
Das Knacken von Metall auf Metall ließ ihn innehalten, und sie drehten sich beide zur Tür um. Da war es wieder, ein Knistern von … Hoffnung.
»Ich denke, das Schloss ist aufgebrochen«, sagte er und ging das Risiko ein, sie loszulassen. Sie blieb stehen. Mit knapper Not.
»Beweg dich nicht. Jetzt
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