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Burakkuboru: Die kleine süsse Überraschung (German Edition)

Burakkuboru: Die kleine süsse Überraschung (German Edition)

Titel: Burakkuboru: Die kleine süsse Überraschung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eduard Spiegel
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eine
überdimensionierte, pompöse Sonnenuhr steht, die auch noch nur von innen
gelesen werden kann. Und, sofern ich mich nicht irre, haben wir genau zwölf Uhr
mittags in Kǒnghuāng.
     
      Mein Reisebegleiter besetzt einen freien Platz und bittet
mich dasselbe zu tun. In Erwartung, dass der Gastgeber – Huángdì Pankofu bald
zu uns stößt, setze ich mich hin und starre auf den noch leeren dritten Platz,
lasse mich von der schönen Atmosphäre im Raum verzaubern und streife hin und
wieder über den eindringlichen Blick des jungen Mannes, der sich auf seinem
Drehsitz spielerisch hin und her schaukelt. Nach fast einer Minute des stillen
Wartens, lasse ich mich von der kindlichen Art des Mannes anstecken und fange
auch an, die beweglichen Teile meines Sitzes zu strapazieren, woraufhin er
damit aufhört.
     
    P…Als ich tatsächlich noch ein Kind war, entwickelten meine
Eltern ein Spiel, und gaben es mir zum Testen. Es war ein vegetatives Spiel namens
„Bǔcǎo“ (frei übersetzt „Raubpflanzen“), das man mindestens zu zweit
spielen musste. Da ich aber ein Einzelkind war, spielte ich die meiste Zeit
gegen mich selbst – gegen meine eigene Kopie. Ich brauchte einige Zeit, um das
Spiel kennen zu lernen, um zu verstehen, dass es ein Strategiespiel ist, das
immer derjenige gewinnt, der taktisch klüger spielt und seinen Gegner besser
einschätzen kann, was bei uns problematisch war, weil wir noch vor Anfang jeder
Runde dieselbe Person waren. Zunächst versuchten wir, das Problem durch
Spontaneität zu umgehen, was uns zwar Spaß bereitete, doch recht selten zum
gewünschten Erfolg beitrug. Dann, bevor mir das Spiel komplett langweilig
wurde, spielte ich drei Runden gegen meine Eltern, und sie zeigten mir die
wahre Natur von „Bǔcǎo“. Sie gewannen jede Runde, weil sie erstens
das Spiel todernst nahmen, als ginge es bei jeder Runde um ihr Überleben, und
weil sie zweitens ihr ganzes Wissen und ihre ganze Lebenserfahrung dafür
verwandten, um mich auszutricksen, mich zu täuschen, mir etwas vorzumachen, was
nicht stimmte, mich in komplex ausgearbeitete Fallen zu locken, während sie mit
jedem Zug, wie sinnlos der auch schien, ihre Verteidigung undurchdringbar
machten… Die erste Runde verlor ich nach zehn Minuten, weil ich ein schnelles
Durchkommen witterte und in eine Falle geriet. Die zweite Runde verlor ich nach
einer halben Stunde, weil ich eine strategische Aufstellung für eine Falle
hielt, die sich am Ende als eine Akkumulation der Kräfte erwies. Die dritte
Runde verlor ich nach zwei Stunden, weil ich vollkommen den Überblick über die
Aktivitäten meiner Eltern verlor. Am Ende der Runde hätten sie mich auf gut
zwanzig verschiedenen Wegen schlagen können. Sie waren äußerst gnadenlos, und
ich war schockiert und wütend. Ich dachte eine Minute lang nach, dann sagte:
„Ok!“, nahm das „Bǔcǎo“-Brett in die Hand, schaute mich um, schnappte
mir „Schach“, „Go“, noch ein Paar Spiele und schloss mich in einer Zeitlupe
ein, wo ich ein Jahr lang nur spielte… Nachdem ich wieder herauskam, spielte
ich „Bǔcǎo“ noch Mal gegen meine Eltern und gewann nach einer
dreitägigen Runde. Und weißt du, wieso ich gewann? Weil ich gelernt hatte, mich
selbst zu täuschen, hatten meine Eltern keine Ahnung, was meine Spielzüge zu
bedeuten hatten.
    .Pankov, bist du das?
    P…Du siehst einen Jungen Mann, der dir die Stadt zeigt,
siehst seine Kleidung, hörst wie er redet, wie er dich anspricht, du siehst
einen dritten Stuhl und schon erwartest du, dass der Große Huángdì Pankofu jede
Sekunde erscheint. Du hast einen typischen Fehler gemacht – geglaubt… Und
glaube nicht, ich mache das >nur< aus Spaß und Schadensfreude – ich
wollte dir etwas zeigen, was dein Tutor dir nicht erzählen wird, wenn du ihn
nicht fragst. Ich weiß warum du hier bist: Natürlich warst du noch nie bei mir
zu Gast, du bist neugierig, aber du willst mich auch fragen, was es mit diesen
zwei Schiffen und den ganzen Untoten auf sich hat. Ich werde dir diese Frage
>nicht< befriedigend beantworten – es hat mich nämlich viel Mühe
gekostet, ein Rätsel für dich zu erschaffen, das du hoffentlich selbst lösen kannst
und willst. Wenn du das Rätsel in einem Monat löst, bin ich zutiefst
beeindruckt, wenn du es in sechs Monaten schaffst, bin ich zufrieden… Damit
hätten wir alles geklärt, was dich beschäftigt. Nun habe ich auch ein Paar
Fragen an dich: Ich lasse Ryudiga regelmäßig Bericht über deine

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