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Burakkuboru: Die kleine süsse Überraschung (German Edition)

Burakkuboru: Die kleine süsse Überraschung (German Edition)

Titel: Burakkuboru: Die kleine süsse Überraschung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eduard Spiegel
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todbringenden
Kanonen, die unser Schiff pulverisieren würden, sollten wir auch nur einen
Mucks von sich geben. Werfen Sie einen Blick auf den Schiffscomputer, der ihnen
bestätigen wird, dass die Halbwertszeit unserer Überlebenschancen bei siebzehn
Tausendstel der Sekunde ab Feuereröffnung liegt (Angaben wie immer ohne
Gewähr). Das schmale Ende des Trichters wird Menschen mit Anatomiekenntnissen
eventuell an den Schließmuskel erinnern, weil es den Durchfluss je nach Bedarf
vergrößern oder verringern kann. Wer es geschafft hat, dadurch zu kommen, darf
sich nicht in Sicherheit wähnen, denn die dritte, die vierte und die fünfte
Verteidigungslinien sind noch durchzuqueren. Erst in der oberen
Atmosphärenschicht kann man durchatmen, denn hier trifft man auf keine Schiffe
und keine Kanonen – die nächste Verteidigungslinie liegt immobil auf der
Oberfläche des Planeten, ist allerdings noch tödlicher und effektiver, als die
mobile Alternative… Betrachten Sie genauer die Hauptstadt – Kǒnghuāng,
der wir uns von der Seite nähern: Sie werden keine Anzeichen der Baugeschichte
erkennen können, da die ganze Stadt am Stück gebaut wurde, so wie eine Uhr oder
ein Computerchip. Am Beispiel dieser Stadt können Sie sehen, wie man richtig,
oder eben falsch bauen kann, je nach Geschmack und Nutzungsvorgaben. Da ich
selbst von der Stadt bezahlt werde, bin ich verpflichtet zu sagen, dass
Kǒnghuāng sehr schön, äußerst praktisch und unglaublich effizient ist
… dass sich die Bewohner der Metropole manchmal selbst als Maschinen empfinden,
ist ein böses Gerücht, das Ihnen nur lebensmüde Zeitgenossen bestätigen
würden…“ Ich weiß auch nicht, warum der Reisebegleiter in meinem Kopf immer so
zynisch sein muss, ich persönlich finde es sehr romantisch, neue Orte zu
besuchen … auch wenn ich mehr Kanonen zählen kann, als Blätter auf den Bäumen –
wunderschöne, romantische Kanonen…
     
      Im Hangar hat mich ein elegant gekleideter junger Mann
„übernommen“, mit dem wir in eine Art selbst schwebende Gondel gestiegen sind,
um eine Stadtrundfahrt zu unternehmen. Diesmal hatte ich einen echten
Reiseführer, der von der Stadt tatsächlich schwärmte. Und je mehr er die Stadt
lobte, desto besser verstand ich den Zynismus der Stimme in meinem Kopf.
Einerseits wurden die Bedürfnisse der Stadtmenschen sehr gewissenhaft
recherchiert und in solide Architektur umgewandelt, aber andererseits ist jeder
Zentimeter so fest eingeplant, dass es kaum Platz für Individualität geblieben
ist. Sogar die Gärtner in Kǒnghuāng scheinen einen militärischen Rang
zu besitzen, weil es in allen Parks so aussieht wie im Spind eines akkuraten
Soldaten … und das obwohl dort von Vögeln und Tieren nur so wimmelt wie im
Aquarium – sehr zur Freude von Kindern, die in der Stadt übrigens gänzlich
fehlen. Die Menschen leben hier also quasi mitten in der Natur und sind
gleichzeitig von derselben komplett abgetrennt. Ausgenommen sind die
Wintergärten – die Puffer zwischen Wohnung und Zoo. Jeder in der Stadt hat
einen Wintergarten – es scheint, als hätte jemand einen persönlichen Traum
allgegenwärtig gemacht… Im Großen und Ganzen erinnert die Stadtplanung an eine
Mischung zwischen einer eher runden mittelalterlichen Burg, einem chinesischen
Palast mit den typischen Innenhöfen und dem Inneren einer halb mechanischen,
halb elektronischen, halb botanischen Uhr.
     
      Unsere Rundreise und der anschließende kurzer Spaziergang
enden in der Mitte des hiesigen Kronsaals. Prinzipiell ist dieser Saal ähnlich
organisiert wie auch mein Heimischer, allerdings mit einigen Unterschieden: er
ist eher breit, als hoch, der Boden ist uneben – steigt zur Mitte des Raums, wo
sich ein runder Tisch mit drei Sitzgelegenheiten befindet, was auch der einzige
Platz im Raum ist, von wo man die ganze Stadt auf einmal betrachten kann, weil
die Fensterumrahmungen sehr tief in den Saal hineindringen, sodass sie die
meiste Aussicht versperren, wenn man sich nicht im Raumzentrum befindet. Die
Fenster enden nicht unter der Decke, sondern gehen komplett durch das Gebäude,
werden zur Mitte schmaler und enden an der imposanten Kristallkrone direkt über
dem Tisch. Von Außen betrachtet erinnert die Halle an eine runde Torte, die in
vierundzwanzig ungleiche Stücke geschnitten wurde. Den Grund für die
Unterschiedlichkeit der Sektoren finde ich wiederum äußerst amüsant: nun hat
sich Pankov eine hoch technisierte Stadt bauen lassen, in deren Mitte

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