Buschfeuer: Australien-Thriller (German Edition)
sie hatte nur einen Haken: » Simon ist der Einzige, der die Bank kennt. «
Das überraschte sie nicht. » Ich habe ihn gefragt, woher sie es wissen. Er behauptete, dein Anwalt hätte es ihnen gesagt. «
» Blödsinn. Der weiß von nichts. Wahrscheinlich haben sie mein Konto geknackt und die Gebühren für das Schließfach zurückverfolgt. «
» Das hat mich auch stutzig gemacht. Es roch jedenfalls gewaltig nach totem Fisch. Ich weiß nur nicht, ob Craig selbst dahintersteckt oder Joe Petric oder ob sonst jemand sie mit Informationen versorgt, jedenfalls habe ich Craigs Angebot, dir ein sicheres Haus zu besorgen, abgelehnt. «
Er nahm den Umschlag aus der Jacke und wendete ihn in den Händen. Die Sonne brannte auf den Beton herab. Er drehte den Umschlag noch einmal um, denn er wollte sich da nicht hineinziehen lassen, was auch immer es war, das Vince ausgeheckt hatte.
Sie lehnte an einem Betonpfeiler und nickte zu seinen Händen hin. » Du musst ihn aufmachen und nachsehen, was drin ist, dann können wir entscheiden, wie es weitergeht « , sagte sie.
Ja, das war ihm auch klar. Das Taschenmesser machte kurzen Prozess mit dem Siegel, und zwei kleinere Umschläge kamen zum Vorschein. Sein Magen krampfte sich zusammen, und er war drauf und dran, beide ungeöffnet in Stücke zu reißen.
Einen gab er an Kris weiter. Den anderen machte er selbst auf. Faltete etliche Blätter auseinander, überschrieben mit: » Letzter Wille und Testament von Vincenzo Francesco Russo « . Er überflog das übliche Anwaltslatein und konzentrierte sich auf das eigentliche Vermächtnis.
Eine Zuwendung an das von Simon geleitete Asyl, dazu große Spenden an diverse andere Wohltätigkeitsorganisationen.
Unterhalt für seine Exfrau, auf Lebenszeit.
Unterhalt für seine ehemalige Geliebte.
Eine großzügigere Unterhaltssumme für die aktuelle Geliebte, dazu die Wohnung, in der sie lebte.
Alles nicht sonderlich überraschend– abgesehen davon, dass nur drei Frauen aufgeführt waren. Vielleicht hatten seine sonstigen Gespielinnen ihm nicht so viel bedeutet. Oder sie hatten bereits ausreichend Gaben von ihm erhalten. Vince hatte wahnwitzige Reichtümer angehäuft, wobei seine legalen Beteiligungen und Immobilienprojekte das Drogengeld, welches die ursprüngliche Grundlage gebildet hatte, bei weitem in den Schatten stellten.
Gil wendete das Blatt, und der nächste Abschnitt sprang ihn förmlich an: » Meiner unehelichen Tochter, Marcella Doonan … «
Wenngleich Gil es längst geahnt hatte, ließ die Wut die Worte, die seine Ahnung bestätigten, vor seinen Augen verschwimmen. Wie hatte Vince all die Jahre mitansehen können, dass sie ihr Leben auf diese Art fristete, ohne auch nur das Geringste dagegen zu unternehmen? Er hatte zugelassen, dass sie von anderen, von praktisch jedem X-beliebigen benutzt wurde. Der eigene Vater. Himmel, Gil wurde speiübel. Er beugte sich über die Brüstung und sog die benzingeschwängerte Luft ein. Auch die großzügigste Erbschaft konnte Vinces Sünde nicht wiedergutmachen– selbst wenn sie noch am Leben gewesen wäre. Aber Vince hatte den richtigen Zeitpunkt verpasst.
» Gil? Was ist denn los? «
Sie war an seiner Seite und schlang den Arm um ihn, als fürchte sie, er könne stürzen.
Er drückte ihr die Blätter in die Hand. » Der Dreckskerl war eindeutig Marcis Vater. Er hat es die ganze Zeit gewusst. «
Sie überflog die erste Seite, wurde auf der zweiten etwas langsamer und stieß einen Pfiff aus, als sie den Betrag sah, den Vince seiner Tochter hinterließ.
Als hätten fünf Millionen Dollar Marci irgendwie helfen können, dachte Gil verbittert. Sie hätte sich von anderen ausnehmen lassen, und es wäre in null Komma nichts aufgebraucht gewesen. Und sie hätte weiterhin ihren Körper verkauft, weil das der einzige Wert war, den sie sich je hatte zuschreiben können.
» Gil. « Bebend krallte sich Kris’ Hand um die Seiten. » Gil, hast du weiter gelesen? «
Er sah ihr über die Schulter, und es war nicht allein das Zittern ihrer Hand, was es ihm schwer machte, den Sinn zu erfassen.
» Morgan Gillespie hinterlasse ich … die in Anhang A zu diesem Testament aufgeführten Immobilien … alle meine Anteile an San Damiano Enterprises … und mein gesamtes Restvermögen nach Aufteilung der hier verfügten Hinterlassenschaften. «
19
E s wollte ihm einfach nicht in den Kopf. Das Dreckschwein hatte ihm Immobilien und Aktien hinterlassen.
» Er hat den Verstand verloren « , wehrte er sich. »
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