Buschfeuer: Australien-Thriller (German Edition)
enthielt, wie detailliert die Geschäfte beschrieben waren– und unter Umständen auch von der Einschätzung des Testaments durch den Anwalt. Ganz zu schweigen davon, wie lange er noch am Leben war, da sich inzwischen herumgesprochen haben dürfte, dass er sich im Besitz des Testaments befand.
Kris fuhr in ein anderes Parkhaus, bei der Geschäftszone der Macquarie Street, von wo sie das kurze Stück zur Kanzlei ihres Vaters liefen.
Die Ausstattung des Empfangsbereichs kündete mit größtem Nachdruck von Wohlstand. Parkettböden, eine Rezeption aus Massivholz, Clubsessel aus Leder, originale Kunstwerke an den Wänden. Mit dem Mittdreißiger, der in dunklem Anzug, weißem Hemd und Krawatte hinter dem Empfang saß, assoziierte man eher » Sicherheitsdienst « als » Sekretär « – ein Eindruck, den der rasche Blick durchs Foyer bestätigte. Gil zählte wenigstens drei Überwachungskameras, bemerkte die Sicherheitstüren hinter dem Empfang und den Monitor, den die hohe Tischfront nicht gänzlich verdeckte.
Mit durchgedrücktem Rücken, gerecktem Kopf und einer Selbstgewissheit, der wohl kaum jemand gewachsen gewesen sein dürfte, marschierte Kris auf den Empfangstischzu.
» Setzen Sie Mr Matthews bitte in Kenntnis, dass seine Tochter Kris hier ist und ihn in einer dringenden Angelegenheit zu sprechen wünscht. «
Der Sicherheitsmensch meldete den Besuch per Sprechanlage und taxierte die beiden auf das Genaueste. Lederjacken, Motorradhelme, keine Terminvereinbarung– Gil nahm an, dass er sie ziemlich weit oben auf der Risikoskala einordnete. Hätte Kris nicht gesagt, dass sie Matthews’ Tochter war, man hätte sie höchstwahrscheinlich höflich, aber bestimmt hinauseskortiert.
Kris lief beim Warten auf und ab. Sie tat es zurückhaltend– eher eine Art Flanieren, bei dem sie vorgab, die Kunstwerke zu betrachten, aber mittlerweile kannte er sie, und er erkannte die Unruhe, die außergewöhnliche Anspannung. Verbrechern trat sie gegenüber, ohne mit der Wimper zu zucken, und sie war sämtlichen Krisen, die sich in ihrem Umfeld ereignet hatten, zielstrebig und rational begegnet, die Aussicht aber, ihren Vater zu treffen, machte sie nervös.
Schlagartig wurde ihm klar, wie wenig er über sie wusste. Sie war seit fünf oder sechs Jahren in Dungirri, war auch davor schon im Outback stationiert gewesen, und ihr Vater war Anwalt– mehr wusste er im Grunde nicht. Er kannte ihren Charakter– ihre Stärke, ihr Mitgefühl, ihren Mut, ihre unverrückbaren moralischen Prinzipien–, aber er hatte keine Ahnung, was sie beeinflusst hatte, wie ihr Leben und ihre Erfahrungen vor der Zeit in Dungirri ausgesehen hatten.
Der vergoldeten Tafel mit dem Mitgliedern der Kammer ließ sich exakt eine weitere Information entnehmen: An zweiter Stelle von oben, und die Liste war mutmaßlich nach Wichtigkeit geordnet, stand John Matthews, QC .
Gil war kein Experte, was die Finessen des Justizwesens anging, aber so viel war ihm doch klar, dass jemand, der den Zusatz Queen’s Counsel trug– Kronanwalt also–, kein gewöhnlicher Rechtsbeistand war, sondern ein höchst verdienter, dem diese hohe Ehrung durch seine Kollegen zuteilgeworden war– und zwar vor Jahren schon, bevor man den Ehrentitel in Senior Counsel umbenannt hatte.
Es dauerte nicht lange, bis er ihm in persona gegenüberstand. Die Automatiktür hinter dem Empfang öffnete sich geräuschlos, und Matthews schritt ihnen entgegen, eine achtunggebietende Erscheinung in tadellosem Zwirn.
» Kris! Das ist aber eine freudige Überraschung! Ich wusste gar nicht, dass du in Sydney bist « , begrüßte er sie und gab ihr ein Küsschen auf die Wange, ohne sie aber, wie Gil auffiel, zu umarmen.
» Hallo, Dad. Verzeih, dass ich unangemeldet bei dir hereinplatze. Hättest du ein Viertelstündchen für mich? Ich brauche in einer unaufschiebbaren Sache dringend deinen Rat. «
» Komm rein. Die heutige Vormittagsverhandlung wurde verschoben, ich habe also etwas Leerlauf. Und dein Freund…«
» Morgan Gillespie– Gil. « Gil streckte die Hand aus und erwiderte den abschätzenden Blick und knochenzermalmenden Händedruck des Anwalts.
Sie folgten Matthews, und Gil registrierte die Sicherheitsmaßnahmen– die mit Magnetstreifenkarte gesicherte Tür vom Foyer zu den dahinter liegenden Besprechungszimmern und Büros der Hilfskräfte; versteckte Kameras; eine weitere kartengesicherte Tür zum Korridor mit den Kanzleiräumen.
Das Büro, in das er sie führte, wollte beeindrucken: der
Weitere Kostenlose Bücher