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Butter bei die Fische: Ein Ostfriesen-Krimi (Piper Taschenbuch) (German Edition)

Butter bei die Fische: Ein Ostfriesen-Krimi (Piper Taschenbuch) (German Edition)

Titel: Butter bei die Fische: Ein Ostfriesen-Krimi (Piper Taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Levke Winter
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dort, aus Wut, weil sie eine Kröte mit ihrem Rollstuhl totgefahren hatte oder so, in den Bach gekippt, wo sie ertrunken war. Dann hatte er ihre Leiche beseitigt – wobei man sich noch nicht recht vorstellen konnte, wie er das geschafft haben sollte – und anschließend Sören van Doom, über den er ja nur Schlechtes hörte, für die Tat verantwortlich gemacht.
    Boris sah mit einem flehentlichen Blick zu Elias herüber.
    »Vielleicht ist es ja gut, wenn man ihn erst mal in die Wanne steckt und ihm was zu essen gibt. Wenn er ausgeschlafen ist, hat er den Kopf wieder frei und kann uns alles erzählen«, schlug Elias vor.
    Niemand war seiner Meinung außer Gitta. Aber die setzte sich durch. Boris gehörte in die Wanne und ins Bett, da hatte der Herr Kommissar ganz recht. Der Junge hatte nichts verbrochen, außer dass er heimlich in seiner Baumhütte übernachtet hatte, und wenn man ihm daraus einen Strick drehen wollte, dann sollte man ihr etwas Schriftliches vorlegen. Bestimmt war dieses Verhör sogar illegal. Kannte man ja – die Bürger überrumpeln.
    Da zogen sie ab.
    Die letzten Polizeiautos verließen den Hof. Nur Elias und Olly blieben zurück. »Warum eigentlich?«, fragte Olly, als sie den Wagen hinterherblickten.
    »Weil ich gern noch mal mit Oma Inse und Opa Bartel reden würde«, sagte Elias. Sie gingen gemeinsam zu den beiden in die altmodische Wohnstube, wo Inse neben dem Bett ihres Mannes saß und vor Erleichterung über Boris’ Rückkehr immer noch Tränen in den Augen hatte.
    »Was für ein Glück, dass er wieder da ist«, sagte Elias und schob für sich und Olly ebenfalls Stühle ans Bett. Opa Bartel schaute sie an. Man wusste nicht, was er dachte. Seine Hand zuckte zu der Fernbedienung, die wie immer griffbereit auf der Bettdecke lag, aber er ließ den Fernseher aus.
    »Wir sind von der Polizei«, sagte Elias zu dem alten Mann. »Aber das wissen Sie ja längst.«
    »Was er weiß oder nicht weiß, kann niemand sagen«, erklärte Oma Inse. »Weil sich das nämlich jeden Tag ändert. Manchmal kommt es einem so vor, als wäre er völlig klar, dann wieder versteht er keinen Pieps. Die im Krankenhaus sagen, das ist so, wenn einer einen Schlaganfall hatte, und er kann ja leider nicht reden.«
    »Schreiben kann er wohl auch nicht?«
    Oma Inse lachte traurig, obwohl so etwas durchaus möglich gewesen wäre. Elias hatte davon gehört.
    Er blickte hinaus in den Garten und die Hofecke, die dahinter lag, und stellte sich vor, wie es für Opa Bartel sein musste, tagaus, tagein zur Untätigkeit verdammt, die Familie zu beobachten. Seine Tochter Bärbel, die mit wenig Verstand und Elan ein Leben führte, das fast ausnahmslos vor dem Fernseher stattfand. Steffi, die oft Schmerzen hatte und durch den Hof kurvte und weinte und Gitta und Inse mit ihren Forderungen malträtierte. Seine ältere Tochter, die versuchte, den Laden am Laufen zu halten, und dabei immer stärker an ihre Grenzen stieß. Und natürlich Inse, die ihr Bestes tat, aber auch nicht jünger wurde. Hatte ihm das Angst gemacht? Hatte er darunter gelitten zu sehen, wie seine Lieben allmählich vor die Hunde gingen?
    Der Hof wurde an der rechten Seite durch einen Zaun mit einem Türchen begrenzt. Dahinter verlief ein Entwässerungsgraben, von dem aus ein kleiner Weg zum Friedhof führte, wo morgen Bartels Tochter beerdigt werden würde.
    »… konnten dabei aber keinen Hinweis auf Al-Qaida-Aktivitäten in diesem Raum Pakistans …« Opa Bartel hatte nun doch den Fernseher eingeschaltet. Eine Nachrichtensendung. Seine hellen Augen in dem faltigen Gesicht blickten streng. Elias schaute über ihn hinweg wieder zum Gartenzaun. Sachte nahm er Ollys Hand und nickte in Richtung Tür.
    »Wie – du weißt, wo Steffi Coordes steckt?« Sie starrte ihn entgeistert an und krallte sich an seinem Arm fest, um ihn am Weiterlaufen zu hindern. »Nun red schon, Kerl. Mach mich nicht meschugge.«
    Aber Elias hatte keine Lust zum Reden.
    »Du bist eine Nervensäge«, beschwerte Olly sich. »Nie sagst du, was los ist. Wie soll ein Mensch mit dir nur klarkommen? Zum Friedhof? Willst du zum Friedhof?«
    »Olly, ich glaube, genau da haben sie sie hingebracht.«
    »Steffi?«
    Er nickte.
    »Aber wer denn, zum Teufel?«
    Sie gingen die Wege ab, doch sie brauchten nicht lange zu suchen. Nur wenige Meter neben der Grube, in der Bärbel am folgenden Tag beerdigt werden sollte, fand Elias ein überwuchertes Viereck, das sich gegen das rote Abendlicht abhob, weil man die Erde vor

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