BY706 - Im Magoon-Club saß mein Henker
Verhandlungen müssen in Ruhe über die Bühne gehen.«
Es trat eine Pause ein, während Morelli gebannt auf den Lautsprecher blickte, der in den Bücherschrank seines Büros eingebaut war.
Dann kam die kalte Stimme noch einmal zurück. »Hat sich Wade gemeldet?«
»Nein, Chef.«
»Versucht, ihn heute noch zu erreichen. Die Verhandlungen müssen vorverlegt werden. Wir haben nicht mehr viel Zeit.«
»Okay, Chef.«
»Schluß, ich melde mich wieder.«
Morelli nickte ergeben, als ob Ihn der geheimnisvolle Chef, den noch nie jemand gesehen hatte, beobachten könnte. Der Respekt und die Angst vor dem Unbekannten waren grenzenlos. Er schien alles zu wissen. Keine Einzelheit entging ihm. Es war ausgeschlossen, etwas zu tun, von dem er nicht in kürzester Zeit erfahren würde.
Das war das Geheimnis des Erfolges.
Morelli zündete sich eine Zigarette an, holte eine Flasche aus dem Schreibtisch hervor und nahm einen kräftigen Schluck. Wenn die Aktion planmäßig verlief, und nach den bisherigen Vorarbeiten war nicht daran zu zweifeln, würden sie ein Vermögen kassieren. In der Organisation sprach man von drei bis sechs Millionen Dollar. Andere wollten sogar noch eine Null anhängen. Eine unvorstellbare Menge!
Etwas quälte Morelli. Wer würde das Geld kassieren? Und wie würden die übrigen Mitglieder der Organisation ihr Geld erhalten? Bis jetzt hatte der Chef pünktlich und auch großzügig bezahlt. Die Sache sah dann allerdings anders aus, wenn er niemanden mehr brauchte. Er konnte mit dem Geld verschwinden und sie sitzenlassen. Niemand würde ihm etwas beweisen können, denn niemand kannte ihn.
Er schüttelte die Gedanken ab, die ihn von Zeit zu Zeit befielen. Er hatte zu gehorchen, sonst waren seine Stunden gezählt.
Er hob den Hörer des Haustelefons ab. »Die Mannschaft zu mir«, befahl er kurz.
Es dauerte nicht lange, bis die Tür aufging und fünf Männer hereindrängten. Zwei von ihnen waren bei der Flugplatzaktion gegen Phil eingesetzt worden.
Es waren ausgesuchte Leute. Männer, die alles taten, was man von ihnen verlangte. Notfalls auch einen Mord.
Sie bauten sich vor dem Schreibtisch auf und warteten, bis Morelli das Wort an sie richtete.
Mike Morelli kostete seine Macht genüßlich aus. Er musterte die Männer wie eine Ware, die er zu kaufen beabsichtigte. Der lange Ted und der grobschlächtige Joe senkten den Blick. Sie waren die gemeinsten der fünf, aber auch die feigsten. Sie fühlten sich nur stark, wenn sie ein Schießeisen in der Faust hielten und durch ein paar Komplicen Rückendeckung erhielten.
Endlich brach Morelli das Schweigen.
»Gloria ist uns durch die Lappen gegangen. Sie muß zurückgeschafft werden, bevor sie plaudern kann.« Er lächelte zynisch. »Das ist ein Befehl vom Chef. Es ist ihm übrigens gleichgültig, ob sie noch lebt. Ich hoffe, ihr habt mich verstanden.«
»Okay«, antwortete Ted.
»Wo sich Gloria zur Zeit aufhält ist unbekannt. Ihr Wagen fehlt aus der Garage.«
Biggy drängte sich vor. Er war der kleinste der fünf, aber seine Augen waren am lebendigsten. Er trug einen grobkarierten Anzug, der ihm um mindestens zwei Nummern zu groß war. Biggy hatte eine Vorliebe für das Überdimensionale, wie auch die Uhr und die Ringe an seinen Fingern bewiesen.
»Ich weiß vielleicht, wo sich Gloria aufhält«, sagte er großspurig. »Sie hat ein Wochenendhaus an der Chesapeake Bay.«
»Was?«
Biggi nickte. »Ist ’n reiner Zufall. Ich habe mal ’ne Überweisung für sie gemacht. Grundsteuer oder so was. Da hab’ ich die Adresse gelesen. Colbersund heißt das Nest. Es liegt südlich von Annapolis, ungefähr fünfzig Meilen von Washington.«
Morellis Augen leuchteten auf. »Wenn das stimmt, Biggy, und ihr erwischt das Biest, dann bekommst du eine Son-' derprämie. Fahrt sofort ab. Nehmt zwei Wagen.«
Ted lächelte geringschätzig. »Fünf Männer wegen eines kleinen Mädchens?«
Morellis Stimme wurde ganz leise. »Ihr habt mich verstanden, auch du, Ted!«
Wortlos drehten sie sich um und verließen das Zimmer.
***
Zum zweitenmal innerhalb von vierundzwanzig Stunden zwängten wir uns zu dritt auf die Vordersitze eines Sportwagens. Jims Ferrari war zwar breiter als Glorias Wagen, doch kaum bequemer.'
Wir fuhren ungefähr zehn Minuten quer durch die Stadt und hielten schließlich vor einer Tankstelle.
Jim sprang aus dem Wagen.
»Tanken?« fragte ich ihn.
»Nein, ich will mir nur den Weg beschreiben lassen.« Er verschwand in dem gläsernen Office. Wir sahen,
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