Byrne & Balzano 02 - Mefisto
keiner war so skrupellos wie Trey Tarver.
Er wollte den Club gerade betreten, als sein Blick auf die Rothaarige fiel. Ihr glänzendes Haar strahlte wie ein Licht in der Nacht; ihre langen, wohlgeformten Beine weckten geheime Wünsche. Trey hob eine Hand und ging auf die Frau zu, zum Verdruss seines Bodyguards. Es war gefährlich, an einer Straßenecke zu stehen, vor allem an dieser Straßenecke: Hier war Trey Tarver gegnerischen Bandenbossen, die in ihren Straßenkreuzern über die Kensington und Allegheny jagten, schutzlos ausgesetzt.
»Hi, Baby«, sagte Trey.
Die Rothaarige drehte sich zu dem Mann um, als bemerkte sie ihn erst jetzt. Natürlich hatte sie ihn längst kommen sehen, doch kühle Gleichgültigkeit gehörte zum Tango. »Selber hi«, sagte sie lächelnd. »Hast du Lust?«
»Ob ich Lust habe?« Trey trat einen Schritt zurück und musterte sie. »Kleine, wenn du Bratensauce wärest, würde ich in dir baden.«
Die Rothaarige lachte. »Nicht schlecht.«
»Wir könnten 'ne Menge Spaß miteinander haben.«
»Komm.«
Trey blickte auf die Eingangstür des Clubs und dann auf seine Uhr, eine goldene Breitling. »Gib mir zwanzig Minuten.«
»Gib mir einen Vorschuss.«
Trey Tarver lächelte. Er war ein Geschäftsmann, den die Straßenkämpfe gestählt hatten und der durch die harte Schule der gewalttätigen Vororte der Stadt gegangen war. Er zog ein Bündel Scheine aus der Tasche, suchte einen Hunderter heraus und hielt ihn hoch. Als die Rothaarige sich den Schein schnappen wollte, zog Trey die Hand zurück. »Weißt du, wer ich bin?«, fragte er.
Die Rothaarige stemmte eine Hand in die Hüfte, trat einen halben Schritt zurück und musterte ihn von oben bis unten. Sie hatte sanfte braune Augen, die golden blitzten, und sinnliche Lippen. »Lassen Sie mich raten«, sagte sie. »Taye Diggs?«
Trey Tarver lachte. »Stimmt.«
Die Rothaarige zwinkerte ihm zu. »Ich weiß, wer Sie sind.«
»Wie heißt du?«
»Scarlet.«
»Is' nich' wahr. Echt?«
»Echt.«
»Wie in dem Film?«
»Genau, Süßer.«
Trey Tarver dachte kurz nach. »Ich hoffe, meine Knete wird nicht vom Winde verweht.«
Die Rothaarige lächelte. »Ich verstehe.«
Sie nahm den Hundert-Dollar-Schein entgegen und steckte ihn in ihre Handtasche. Im selben Augenblick legte D'Shante eine Hand auf Treys Arm. Trey nickte. Im Club warteten Geschäfte auf sie. Sie wollten sich gerade umdrehen und den Club betreten, als die Scheinwerfer eines vorbeifahrenden Wagens einen blinkenden, schimmernden Gegenstand neben dem rechten Schuh des Obdachlosen anstrahlten. Einen metallenen, glänzenden Gegenstand.
D'Shante folgte dem Lichtstrahl mit Blicken und erkannte die Quelle.
Es war eine Pistole in einem Holster am Fußknöchel des Mannes.
»Was ist denn das für eine Scheiße!«, rief D'Shante.
Die Zeit schien stehen zu bleiben. Plötzlich war die Luft mit der Gewissheit geladen, dass Ärger bevorstand. Blicke trafen sich. Im Bruchteil einer Sekunde hatten alle den Ernst der Situation erfasst.
Es ging los.
Die Rothaarige in dem schwarzen Kleid – Detective Jessica Balzano von der Mordkommission des Philadelphia Police Department – trat einen Schritt zurück und zog mit einer geschickten Handbewegung die an einer Schnur hängende Dienstmarke unter ihrem Kleid hervor. Keine Sekunde später hatte sie die Glock 17, die sie in ihrer Handtasche versteckt hatte, auf Tarver gerichtet.
Trey Tarver wurde im Zusammenhang mit der Ermordung zweier Männer gesucht. Die Detectives hatten den Vibe-Club sowie drei weitere Clubs vier Nächte in Folge observiert, in der Hoffnung, Tarver würde dort auftauchen. Es war bekannt, dass er im Vibe-Club Geschäfte machte. Es war bekannt, dass er eine Schwäche für hochgewachsene Rothaarige hatte. Trey Tarver hielt sich für unantastbar.
Heute sollte er zur Strecke gebracht werden.
»Polizei!«, rief Jessica. »Hände hoch!«
Wie durch einen Nebel nahm Jessica das Gewirr von Farben und Geräuschen wahr. Sie sah, dass der Obdachlose sich regte. Sie spürte das Gewicht der Glock in ihrer Hand. Ein blauer Farbfetzen vor ihren Augen – D'Shantes Arm bewegte sich. Eine Waffe in D'Shantes Hand. Eine Tec 9 mit fünfzig Schuss Munition.
Nein, dachte Jessica. Nicht mein Leben. Nicht heute Nacht.
Nein.
Das Chaos löste sich auf, und die Welt drehte sich wieder mit normaler Geschwindigkeit.
»Vorsicht! Er hat eine Waffe!«, schrie Jessica.
Detective John Shepherd, der Obdachlose im Hauseingang, war bereits aufgesprungen. Doch
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