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Byrne & Balzano 1: Crucifix

Byrne & Balzano 1: Crucifix

Titel: Byrne & Balzano 1: Crucifix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Montanari
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»Das Gemälde von Blake.«
    »Ja.«
    »Er sagt uns, wo wir das nächste Opfer finden werden.«
    Für einen Detective der Mordkommission war es schlimm genug, wenn er keine Spuren hatte, aber noch viel schlimmer war es, wenn jemand Katz und Maus mit ihm spielte. Die kollektive Wut am Tatort war beinahe mit Händen zu greifen.
    »Das Mädchen heißt Bethany Price«, sagte Tony Park, der auf seine Notizen schaute. »Ihre Mutter hat sie heute Nachmittag als vermisst gemeldet. Sie war auf der Wache im sechsten Distrikt, als der Anruf kam. Da drüben steht sie.«
    Er zeigte auf eine Frau Ende dreißig in einem lohfarbenen Regenmantel. Die Frau erinnerte Jessica an Bilder aus den Auslandsnachrichten, wenn unter Schock stehende Menschen gezeigt wurden, unmittelbar nachdem eine Autobombe explodiert war. Verloren, benommen, fassungslos.
    »Wie lange wurde das Mädchen vermisst?«, fragte Jessica.
    »Sie ist heute nach der Schule nicht nach Hause gekommen. Alle Eltern, deren Töchter eine Highschool besuchen, sind jetzt übernervös.«
    »Den Medien sei Dank«, sagte Shepherd.
    Byrne ging auf und ab.
    »Was ist mit dem Burschen, der den Notruf verständigt hat?«, fragte Shepherd.
    Park zeigte auf einen Mann, der hinter einem der Streifenwagen stand. Es war eine gepflegte Erscheinung um die vierzig in einem marineblauen Anzug und mit schicker Krawatte.
    »Er heißt Jeremy Darnton«, sagte Park. »Er hat im Vorbeifahren gesehen, dass das Opfer von einem Mann auf den Schultern weggetragen wurde. Als Mr Darnton hielt und zurückfuhr, war der Bursche verschwunden.«
    »Keine Beschreibung?«, fragte Jessica.
    Park schüttelte den Kopf. »Weißes Hemd oder Jacke. Dunkle Hose.«
    »Das ist alles?«
    »Alles.«
    »Das passt auf jeden Kellner in Philadelphia«, sagte Byrne und ging wieder auf und ab. »Ich will diesen Kerl. Ich will diesen Scheißkerl zur Strecke bringen!«
    »Das wollen wir alle, Kevin«, sagte Shepherd. »Wir werden ihn schon schnappen.«
    »Parkhurst hat mich ausgetrickst«, sagte Jessica. »Er wusste, dass ich nicht allein kommen würde. Er wusste, dass ich einen ganzen Trupp mitbringe. Er wollte uns nur ablenken.«
    »Und das ist ihm gelungen«, brummte Shepherd.
    Als Tom Weyrich ein paar Minuten später mit seinen Untersuchungen begann, traten alle an das Opfer heran. Weyrich überprüfte den Puls und stellte den Tod fest. Dann nahm er die Ermordete näher in Augenschein. Über beide Handgelenke der Toten zogen sich Narben hin, krumme graue Kerben, die etwa drei Zentimeter unterhalb des Handballens schräg in den Arm geschnitten worden waren.
    Bethany Price musste irgendwann in den letzten Jahren einen Selbstmordversuch verübt haben.
    Als das Licht der Scheinwerfer auf Rodins Denker fiel, als mehr und mehr Schaulustige zusammenliefen, während der Regen immer stärker wurde und wertvolle Hinweise davonspülte, schaute ein Mann in der Menge dem Treiben zu – ein Mann, der geheimes Wissen über die Gräueltaten besaß, denen die Töchter Philadelphias zum Opfer fielen.
     

 
     
    39.
     
     
    Dienstag, 22.25 Uhr
     
     
    D ie Lichter auf dem Gesicht der Statue sind wunderschön.
    Aber nicht so schön wie Bethany. Ihre zarten weißen Züge verleihen ihr das Aussehen eines traurigen Engels, so strahlend wie der Wintermond.
    Warum decken sie das Mädchen nicht zu?
    Wenn sie wüssten, wie gequält Bethanys Seele war, wären sie nicht so außer sich.
    Ich muss gestehen, dass es mir einen Schauer der Erregung über den Rücken jagt, zwischen den braven Bürgern dieser Stadt zu stehen und alles zu beobachten.
    Noch nie habe ich so viele Streifenwagen gesehen. Die Blaulichter erhellen den Parkway, als wartete die Menge auf einen Festzug, und es herrscht eine beinahe erwartungsvolle Atmosphäre. Fast sechzig Schaulustige haben sich versammelt. Der Tod ist immer eine Attraktion. Wie eine Achterbahn. Man geht nahe heran, aber nicht zu nahe.
    Unglücklicherweise kommen wir alle dem Tod eines Tages so nahe, dass wir ihm nicht mehr aus dem Weg gehen können, ob wir wollen oder nicht.
    Was die Leute wohl denken würden, wenn ich meinen Mantel öffne und ihnen zeige, was ich bei mir trage? Ich drehe den Kopf nach rechts. Ein Ehepaar steht neben mir. Beide sind Mitte vierzig, wohlhabend und gut gekleidet.
    »Wissen Sie, was hier passiert ist?«, frage ich den Mann.
    Er schaut mich an, mustert mich rasch von oben bis unten. Ich bin nicht gekränkt. Ich fühle mich nicht bedroht. »Ich weiß es nicht genau«, sagt er. »Aber ich

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