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Byrne & Balzano 1: Crucifix

Byrne & Balzano 1: Crucifix

Titel: Byrne & Balzano 1: Crucifix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Montanari
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Offenbar liebte er diese Farbe noch immer. Heute Nacht trug er einen pfirsichfarbenen Leinenanzug und pfirsichfarbene Ledersandalen.
    Byrne hatte die Nachricht vernommen, war aber trotzdem nicht auf das geisterhafte Aussehen von Gauntlett Merriman vorbereitet.
    Gauntlett Merriman sah aus wie ein Gespenst.
    Es musste ihn böse erwischt haben. Sein Gesicht und seine Hände waren mit Kaposi-Sarkomen übersät; die Handgelenke ragten wie Stöcke aus den Ärmeln seiner Jacke hervor. Seine Uhr, eine Patek Philippe, sah aus, als würde sie ihm jeden Moment vom Arm rutschen.
    Trotz allem war er noch immer Gauntlett – gleichmütig, grobschlächtig und ein Macho. Sogar zu diesem späten Zeitpunkt sollte die ganze Welt wissen, dass er sich den Virus selbst mit der Nadel verpasst hatte. Außer dem skelettartigen Aussehen des Mannes, der nun mit ausgestreckten Armen auf ihn zukam, fiel Byrne auf dass Gauntlett Merriman ein schwarzes T-Shirt trug, auf dem große weiße Buchstaben verkündeten:
    VERDAMMT, ICH BIN NICHT SCHWUL!
    Die beiden Männer umarmten sich. Gauntlett fühlte sich an wie ein trockener Ast, der unter dem geringsten Druck zerbrechen würde. Sie setzten sich an einen Ecktisch. Gauntlett rief einen Kellner, der Byrne einen Bourbon und ihm selbst ein Pellegrino brachte.
    »Du trinkst nicht mehr?«, fragte Byrne.
    »Seit zwei Jahren«, erwiderte Gauntlett. »Die Ärzte, weißt du.«
    Byrne lächelte. Er kannte Gauntlett ziemlich gut. »Mann«, sagte er, »ich weiß noch, dass du damals saufen konntest wie ein Loch.«
    »Damals konnte ich auch die ganze Nacht vögeln.«
    »Nein, konntest du nicht.«
    Gauntlett lächelte. »Vielleicht eine Stunde.«
    Die beiden Männer strichen ihre Jacken glatt und nahmen Tuchfühlung auf. Es war eine Weile her. Der DJ ließ einen Song von Ghetto Priest laufen.
    »Mich hat’s ganz schön erwischt, was?«, sagte Gauntlett, der mit seiner dürren Hand vor seinem Gesicht und der eingefallenen Brust fuchtelte.
    Byrne wusste nicht, was er sagen sollte. »Tut mir Leid.«
    Gauntlett schüttelte den Kopf »Ich hatte meinen Spaß. Ich bereue nichts.«
    Sie nippten von ihren Getränken. Gauntlett schwieg. Er wusste, wie der Hase lief. Ein Cop blieb ein Cop. Ein Dieb blieb ein Dieb. »Was verschafft mir die Ehre deines Besuchs, Detective?«
    »Ich suche jemanden.«
    Gauntlett nickte wieder. Das hatte er sich fast gedacht.
    »Einen Scheißkerl namens Diablo«, erklärte Byrne. »Einen richtigen Scheißkerl. Sein ganzes Gesicht ist tätowiert. Kennst du ihn?«
    »Ja.«
    »Eine Ahnung, wo ich ihn finden kann?«
    Gauntlett Merriman war schlau genug, nicht nach dem Grund zu fragen.
    »Ist es offiziell oder inoffiziell?«
    »Inoffiziell.«
    Gauntletts nachdenklicher Blick glitt langsam über die Tanzfläche, um seiner Gefälligkeit jenes Gewicht zu verleihen, das ihr gebührte. »Ich glaube, da kann ich dir helfen.«
    »Ich will nur mit ihm sprechen.«
    Gauntlett hielt seine knöcherne Hand hoch. »Ston a riva battan nuh know sun hat« , sagte er in seinem jamaikanischen Patoi .
    Byrne kannte den Spruch. Ein Stein auf dem Grund des Flusses weiß nicht, dass die Sonne heiß ist.
    »Ich danke dir«, sagte Byrne, ohne Gauntlett darauf hinzuweisen, dass er das Gespräch für sich behalten sollte. Er schrieb seine Handynummer auf die Rückseite seiner Visitenkarte.
    »Keine Ursache.« Gauntlett trank einen Schluck Wasser und erhob sich ein wenig unsicher. Byrne hätte ihm gern geholfen, aber er wusste, dass Gauntlett ein stolzer Mann war. »Ich ruf dich an.«
    Die beiden Männer umarmten sich wieder.
    Als Byrne vor der Tür stand, drehte er sich noch einmal um und entdeckte Gauntlett zwischen den Gästen. Ein Sterbender kennt seine Zukunft , dachte er.
    Kevin Byrne beneidete ihn.
     

 
     
    42.
     
     
    Mittwoch, 2.00 Uhr
     
     
    S preche ich mit Mr Amis?«, erkundigte sich die zuckersüße Stimme am Telefon.
    »Hallo, meine Liebe«, sagte Simon in seinem besten Nordlondoner Akzent. »Wie geht es dir?«
    »Danke, gut«, sagte sie. »Was kann ich heute für dich tun?«
    Simon nutzte drei verschiedene Outcall-Dienste. Für diesen hier, StarGals, war er Kingsley Amis. »Ich bin schrecklich einsam.«
    »Dafür sind wir da, Mr Amis«, sagte sie. »Warst du ein ungezogener Junge?«
    »Furchtbar ungezogen«, erwiderte Simon. »Ich hab’s verdient, bestraft zu werden.«
    Während er auf das Mädchen wartete, schaute Simon sich die erste Seite der Ausgabe des Report an, die am nächsten Tag erschien. Er hatte

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