Byrne & Balzano 3: Lunatic
ein Schatten oben durchs Bild. Es sah so aus, als würde jemand den Parkplatz überqueren und dort ans Flussufer hinuntergehen, wo Kristina Jakos’ Leichnam gefunden worden war. Kurz darauf wurde der Schatten von den dunklen Bäumen verschluckt.
Dann trat der dunkle Schemen wieder hervor und bewegte sich weiter. Diesmal sehr schnell. Jessica nahm an, dass die Person, die den Parkplatz überquert und Kristina Jakos’ Leichnam entdeckt hatte, im Laufschritt zu ihrem Wagen zurückgeeilt war. Sekunden später tauchte der Wagen vor dem Gebäude auf und raste zur Ausfahrt an der Flat Rock Road. Danach war auf dem Band der Überwachungskamera keine Bewegung mehr zu sehen. Nur noch der kleine, farbige Fleck am Flussufer, der einst menschliches Leben gewesen war.
Mateo spulte das Band bis zu der Stelle zurück, ehe der Wagen wegfuhr. Er drückte auf Play und ließ das Band laufen, bis sie das Heck des Wagens gut erkennen konnten, als dieser auf die Flat Rock Road einbog. Er drückte auf Pause , sodass das Standbild erschien.
»Kannst du erkennen, was für ein Wagen das ist, Jess?«, fragte Byrne. Da Jessica viele Jahre bei der Verkehrspolizei gearbeitet hatte, war sie die Autoexpertin der Abteilung. Einige der neueren Modelle aus den Jahren 2006 und 2007 kannte sie zwar nicht; dennoch kannte sie sich mit Luxusschlitten des letzten Jahrzehnts bestens aus. Die Verkehrspolizei hatte es oft mit gestohlenen Luxusschlitten zu tun.
»Sieht wie ein BMW aus«, sagte Jessica.
»Können wir das näher ranholen?«, fragte Byrne.
»Scheißt der ursus americanus in seinen eigenen Wald?«, fragte Mateo.
Byrne warf Jessica einen Blick zu und zuckte mit den Schultern. Sie wussten beide nicht, was Mateo meinte. »Ich nehm’s an«, sagte Byrne. Manchmal musste man die Scherze von Officer Mateo Fuentes einfach hinnehmen.
Mateo veränderte ein paar Einstellungen. Das Bild wurde größer, aber nicht viel schärfer. Auf jeden Fall war auf dem Kofferraum des Wagens eindeutig das BMW-Logo zu sehen.
»Kannst du erkennen, welches Modell das ist?«, fragte Byrne.
»Es sieht wie ein 525i aus«, sagte Jessica.
»Was ist mit dem Kennzeichen?«
Mateo verschob das Bild und nahm noch ein paar Veränderungen vor. Das Bild war nur ein gräuliches, verschwommenes Rechteck, und man konnte nur die Hälfte davon sehen.
»Das ist alles?«, fragte Byrne.
Mateo blickte ihn finster an. »Was glauben Sie, was wir hier unten machen?«
»Ich war mir nie ganz sicher«, konterte Byrne.
»Sie müssen weiter zurückgehen, um es erkennen zu können.«
»Wie weit?«, fragte Byrne. »Bis nach Camden?«
Mateo brachte das Bild in die Mitte und vergrößerte es. Jessica und Byrne traten ein paar Schritte zurück und blickten auf den Monitor, ohne etwas erkennen zu können. Noch ein paar Schritte. Jetzt standen sie auf dem Gang.
»Was meinst du?«, fragte Jessica.
»Ich sehe nichts«, sagte Byrne.
Sie traten so weit zurück, wie es ging. Das Bild auf dem Monitor war stark grobkörnig, doch es nahm allmählich Formen an. Es sah so aus, als handelte es sich bei den ersten beiden Buchstaben um HO.
HO.
Hornee1 , dachte Jessica. Sie warf Byrne einen Blick zu, der genau das aussprach, was sie dachte:
»Dieser Scheißkerl!«
47.
D avid Hornstrom saß in einem der vier Verhörräume in der Mordkommission. Er war freiwillig gekommen, und das war auch gut so. Wenn sie ihn zum Verhör hätten abholen müssen, hätte sich eine ganz andere Dynamik entwickelt.
Jessica und Byrne verglichen ihre Notizen und überlegten sich eine Strategie. Dann betraten sie den kleinen demolierten Raum, der nicht viel größer war als ein begehbarer Kleiderschrank. Jessica setzte sich, und Byrne stellte sich hinter Hornstrom. Tony Park und Josh Bontrager beobachteten das Verhör durch die Spiegelglasscheibe.
»Wir müssen nur ein paar Dinge abklären«, sagte Jessica. Das war die übliche Floskel der Cops und hieß im Klartext: Wir haben keine Lust, dich in der ganzen Stadt zu jagen, falls sich herausstellt, dass du unser Täter bist.
»Hätten wir das nicht in meinem Büro machen können?«, fragte Hornstrom.
»Erledigen Sie Ihre Arbeiten nicht auch gerne in Ihrem Büro, Mr. Hornstrom?«, fragte Byrne.
»Natürlich.«
»Wir auch.«
Hornstrom starrte die Detectives an. Dagegen konnte er nichts sagen. Nach ein paar Minuten schlug er die Beine übereinander und faltete die Hände auf dem Schoß. »Haben Sie schon eine Ahnung, was mit dieser Frau passiert ist?«, fragte er jetzt in
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