C14-Crash
Stoffwechselendes nur in Gestalt sogenannter »wiggle«. Darunter
versteht man kurzperiodische, gleichwohl starke Schwankungen des C14-Ge-
haltes in jahrgenauen Baumringfolgen. Diese spiegeln einen so starken zeitli-
chen Abfall der C14-Konzentration in der Atmosphäre wieder, daß ein erneu-
ter Anstieg nach typisch 100-200 Jahren einen gewissen Bereich zurücklie-
gender »C14-Alter« dupliziert (vergleiche Bild 2.7 ).
Wenn diese Schwankungen ausreichend groß sind und dicht genug aufein-
9.5
ander folgen, dann kann dieser Effekt sogar mehrfach hintereinander
auftreten. Auf diese Weise steht für manche C14-Alter ein Strauß alternativer
Todesdaten zur Verfügung, die einen Zeitraum von etlichen Jahrhunderten
aufspannen können. Auch nach offizieller Lesart ist keine eindeutige Korrela-
tion zwischen der C14-Geschichte der Atmosphäre und der rückgerechneten
336
C14-Crash
9.6 Das Problem der Mehrdeutigkeit
In beiden Diagrammen wird ein bestimmter zeitlicher Verlauf der C14-Konzen-
tration in der Atmosphäre wiedergegeben. Im Diagramm 1 (links) ist die mittlere
Schwankung der Konzentration unter 5 %, im Diagramm 2 (rechts) beträgt diese
im Mittel ±25%, was von der Stärke her den in Bild 9.3 aufgeführten Schwan-
kungen entspricht.
Die Schwankungsbreite im Dia-
gramm 1 ist niedrig genug, um –
Kenntnis der Chronologie der C14-
Konzentration vorausgesetzt – den
Zeitpunkt des Stoffwechselendes
(hier zum Zeitpunkt »11.460«) der
untersuchten Probe grundsätzlich
identifizierbar zu machen. Im Dia-
gramm 2 hingegen ist die Schwan-
kungsbreite so hoch, daß eine Re-
trokalkulation sinnlos ist, weil über
einen langen Zeitraum der Lagerung
(und sogar noch weit davor!) vielzu-
viele mögliche Zeitpunkte des Stoffwechselendes existieren. Die Methode kann
unter diesen Umständen nicht verwendet werden.
Das im Diagramm 2 gegebene Mehrdeutigkeitsproblem kann nicht akut wer-
den, solange man sich auf Meßergebnisse bezüglich solcher Baumarten konzen-
triert, die sich eng an die Ausgleichskurve anpassen lassen, die für stationäre
Verhältnisse steht. Das gilt gleichermaßen für die Interpretation von »Fehlrin-
gen«, die sich nicht unbedingt auf forstbotanische Indizien stützt, sondern auf die
Stärke der Abweichung gefundener C14-Konzentrationsverläufe von besagter
Idealkurve (dazu auch Kapitel 2.7).
9. Der radiometrische Tunnel – Kalibrieren? So nicht!
337
C14-Geschichte der Probe möglich, weil in der Vergangenheit zu unter-
schiedlichen Zeitpunkten immer wieder C14-Aktivitäten herrschten, die sich
heute jeweils in derselben Restaktivität widerspiegeln.
Während diese Uneindeutigkeit ein echtes Handicap für die Praktikabilität
der C14-Methode darstellt, werden die damit verbundenen charakteristisch
gewundenen C14-Muster benutzt, um Synchronismen zwischen Baumringfol-
gen zu finden, für die nach herkömmlichen dendrochronologischen Maßstä-
ben keine ausreichenden Vergleichskriterien existieren. Das hat seinen Grund
immer wieder in mangelnder Korrelation der jeweiligen Mikroklimata, die zu
unähnlichen Wuchsbreiten der Jahresringe gleichzeitig wachsender Bäume
aus entsprechend weit auseinanderliegenden Regionen führen müssen.
Seit dem Bekanntwerden dieser Muster etwa um 1960 galt folgerichtig die
Identität einzelner C14-Aktivitäten in unterschiedlichen Proben nicht mehr
als Ausweis gleichen absoluten Alters. Hingegen wird die Übereinstimmung
gleicher C14-Muster in unterschiedlichen Proben als Beweis für eine zeitglei-
che Entstehung verwendet (= Simultanitätsprinzip). Die entscheidende Frage
lautet nun: Wieviele Jahre muß ein solches Muster mindestens umfassen, da-
mit eine tatsächliche Ungleichzeitigkeit ausgeschlossen ist, denn diese Muster
könnten ja nun ebenfalls unterschiedlichen Zeiten entstammen? Die Literatur
gibt auf diese Frage keine Antwort, ja, stellt diese Frage nicht einmal.
Niemand hatte bis etwa 1960 ernsthaft daran gezweifelt, daß sich der
C14-Gehalt der Erdatmosphäre zumindest für die vor- und frühgeschichtliche
Zeit des Postglazial auf einem vollkommen gleichmäßigen Niveau befunden
haben muß. Dank dieser gerne geglaubten »Selbstverständlichkeit« konnte ein
Mehrdeutigkeitsproblem also gar nicht erst auftauchen. Selbst als dann klar
wurde, daß der C14-Gehalt der Atmosphäre schwankt (Bild 9.12-13 ), war
man ausnahmslos davon überzeugt, daß sich der übergeordnete Trend nach
wie vor in diesem
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