C14-Crash
tatsächlichen Umstände – für eine einzelne ab-
Daten annähernd
gleich sind, führt
gestorbene Probe oder für die Atmosphäre als Ganzes – kann diese einfache
zu schwerwiegen-
den Mißverständ-
Formel nicht greifen. Dann muß eine komplette Bilanzgleichung erstellt wer-
nissen.
den, die alle über den radioaktiven Zerfall hinausgehenden Einflußmöglich-
keiten zu berücksichtigen hat.
9.6 Der allgemeine Fall
Die eben diskutierte Formel bildet den Spezialfall einer Bilanzgleichung, die
alle Ursachen für die zeitliche Änderungeiner mengenmäßig bilanzierbaren
Meßgrößeinnerhalb eines bestimmten Volumensberücksichtigt. Diese Bilanzgleichung (vergleiche Anhang 9.11) müssen wir automatisch ansetzen,
sowie wir nicht mehr ausschließlich den Bereich einer organischen Probe be-
trachten, der tatsächlich von jedem weiteren Stoffwechsel isoliert ist. Selbst-
verständlich gilt das auch, wenn etwa die Erdatmosphäre als Ganzes zu be-
trachten ist. Sie ist nicht isoliert, sondern steht im Austausch mit der Biosphä-
re und den Ozeanen.
Es werden vier verschiedene Vorgänge unterschieden, die die Zusammen-
setzung eines Systems hinsichtlich der zu bilanzierenden Größe beeinflussen
können:
342
C14-Crash
9.8 Ursachen für lokale Änderungen der C14-Konzentration
Aufzählung möglicher Ursachen zeitlicher Änderungen dA/dt der Konzentration
A von C14 in verschiedenen Systemen führen: Proben, Ozeane, Atmosphäre
±
dA/dt ...
Probe
Ozeane
Atmosphäre
... Atmosphäre,
... direkter Um-
... Ozeanen,
durch Zufluß
Biosphäre, Sedi-
+
gebung (Konta-
Biosphäre, Vul-
aus ...
menten, Lava
mination)
kanen
etc.
... Atmosphäre,
... die direkte
durch Abfluß
Biosphäre, Sedi-
... Ozeane, Bio-
-
Umgebung (De-
in ...
menten, Lava
sphäre
kontamination)
etc.
durch
+
... »in situ«
-
... aus N14
Produktion ...
durch Vernich-
... radioaktiven Zerfalls
-
(proportional zur lokalen Konzentration)
tung infolge ...
Der hellgrau unterlegte Bereich in der Spalte »Probe« soll signalisieren, daß hier im Normalfall kein Beitrag zur Änderung von A(t) erwartet wird
9. Der radiometrische Tunnel – Kalibrieren? So nicht!
343
Einfluß auf die Konzentration
Nr.
Bemerkung
durch
1.
Zuflüsse
jeweils über die Volumensbe-
2.
Abflüsse
grenzungen hinweg
3.
Produktion
jeweils innerhalb der Volu-
4.
Vernichtung
mensbegrenzungen
Es sei angemerkt, daß im Zusammenhang mit einer isolierten Probe nur der
Punkt 4 »Vernichtung« von Bedeutung ist, obwohl zeitweise auch Punkt 3,
nämlich eine »in situ«-Produktion von C14, diskutiert, aber letztlich verwor-
fen worden ist (vergleiche Kapitel 8.3.3). Tatsächlich ist aber immer mit Zu-
und Abflüssen von Kohlenstoff anderer Zusammensetzung zu rechnen, die
die im vorangegangenen Abschnitt diskutierte Äquivalenz von Restaktivität
und Startaktivität in Frage stellt.
Die Tabelle 9.8 identifiziert für verschiedene Systeme die möglichen Bei-
träge zur internen Änderung der C14-Konzentration A(t). Die Grautönung der
auf die isolierte Probe bezogenen ersten drei Bereiche signalisiert, daß hier
im Normalfall kein Beitrag zur Änderung von A(t) erwartet wird und daß
folglich nur die Vernichtung durch radioaktiven Zerfall zu berücksichtigen
ist. Die oben näher erläuterte Formel IX.3
dA/dt = -λ • A(t)
ist tatsächlich nur als ein Spezialfall der allgemeinen Form einer Bilanzglei-
chung, die alle 4 Terme berücksichtigt, zu verstehen. Bei den Systemen »Oze-
an« bzw. »Atmosphäre« ist die Wechselbeziehung der Zu- und Abflüsse zu
erkennen. Wenn diese in der vor- und frühgeschichtlichen Zeit nicht konstant
waren, dann gibt es keine realistische Aussicht, daß trotz größerer Änderun-
gen über die letzten 12.000 Jahre dennoch ein Quasi-Gleichgewicht mit dem
radioaktiven Zerfall eingehalten wurde. Das wesentliche Merkmal der beiden
Vorgänge 1 und 2 besteht darin, daß Zu- bzw. Abflüsse (für das betrachtete
Volumen gerechnet) immer Ab- bzw. Zuflüsse auf die Umgebung bezogen
bedeuten, mit anderen Worten: die derart bilanzierten Mengen bleiben »in der
9.8
Welt«, sie ändern tatsächlich nur ihren Ort (und nicht etwa eine Eigenschaft),
indem sie unverändert über die betrachteten Systemgrenzen wandern. Des-
halb spricht man auch von Flußtermen.
Die beiden Vorgänge 3 und 4 – Produktion und Vernichtung – beschrei-
ben dagegen Vorgänge, durch die die Menge des
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