C14-Crash
konstanten Niveau widerspiegelt, so daß lediglich mit kurz-
fristigen Verzerrungen eines langfristig jedenfalls gleichbleibenden Wertes zu
rechnen wäre (vergleiche Bild 9.7 ). Erst mit der ersten lückenlosen, rund
7.000 Jahre umfassenden Baumringchronologie von C.W. Ferguson wurde ei-
ne zusätzliche Tendenz offenbart, die einen Abfall der C14-Produktion und
damit auch der C14-Aktivität in der Atmosphäre um rund 10% über diesen
jahrtausendelangen Zeitraum aufwies.
9.6
Damit war der übergeordnete Trend der Kurve aber immer noch so
gleichförmig, daß einzelne C14-Werte nach wie vor wenigstens für eine rela-
tive Chronologie verwendet werden konnten. Niemand wäre auf die Idee ge-
kommen, die chronologische Abfolge zweier Proben, die beispielsweise um
500 oder, radikaler noch, um 1.000 C14-Jahre auseinanderliegen, umzukeh-
338
C14-Crash
9.7 Frühe Kalibriervisionen (II)
Das Bild links [aus Suess 1970b, 161] zeigt den Stand der Kalibrierung von 1970
für das jüngste Jahrtausend. Bereits zu diesem Zeitpunkt war deutlich, daß gera-
de die jüngsten und zweifelsfrei (nämlich historisch) vordatierten Proben ein fa-
tales Schwankungsverhalten aufwiesen, das zudem auf Produktionsdichten (mit ±
Vorzeichen) für C14 hinwiesen, die bereits damals als groß gegen die Verände-
rungen aus dem radioaktiven Zerfall anzusprechen gewesen wären.
Wie sehr H.E. Suess der Idee verfal en war, daß al zeit konstante Verhältnis-
se – nämlich die von heute – herrschen müßten, wird auch durch die gewaltsa-
me Anbindung der Kalibrierkurve an die Winkelhalbierende bzw. an den Koordi-
natenursprung deutlich (vgl. dagegen das kleine Bild rechts [Grey et al. 1970,
171]). So werden momentane Gegebenheiten kompromißlos in die Vergangen-
heit fortgeschrieben. Nimmt man dagegen gerade die für die jüngste Vergangen-
heit aufgefundenen Konzentrationsschwankungen ernst (siehe Bild 5.3 ), so ist ei-ne Fortschreibung des übergeordneten Trends in die Vergangenheit – theore-
tisch gesehen – aus einer einzigen aktuel en Momentaufnahme unvertretbar. Wir
müssen davon ausgehen, daß wesentliche C14-Vordatierungen für die Dendro-
chronologie von dieser fixen Idee infiziert gewesen sind. Die unzutreffende In-
terpretation dieser C14-Daten hat in den entscheidenden Phasen der Erstel ung
dieser Chronologien, die später selber wieder für die Kalibrierung verwendet
wurden, zu grundlegend falschen Synchronismen geführt.
9. Der radiometrische Tunnel – Kalibrieren? So nicht!
339
ren und so wurde auch die zeitliche Synchronität ähnlicher Muster, die je-
weils erheblich kürzere Zeiträume überdecken, niemals in Frage gestellt.
Bislang ist noch nicht die Überlegung angestellt worden, ob sich die Kon-
zentration von C14 in der Atmosphäre nachhaltig und dauerhaft stärker än-
dern kann, als größenordnungsmäßig durch die Halbwertszeit von C14 vorge-
geben wird. Das darf als fahrlässige Behandlung der vorliegenden Tatsachen
bewertet werden: Einerseits vollzieht sich infolge der langen Halbwertszeit
von C14 die Abnahme der C14-Konzentration innerhalb isolierter Proben nur
»schleichend«. Andererseits ist die sensible Abhängigkeit der Atmosphären-
zusammensetzung und damit auch die des Verlaufs der C14-Konzentration
vom Großklima in den »wiggle« dokumentiert. Es gibt also allen Grund, eine
entsprechende Dynamik nicht nur des kurzfristigen sondern auch des mittel-
und langfristigen Verlaufs der atmosphärischen C14-Konzentration zu erwar-
ten.
Innerhalb des Zeitraumes, in dem die Änderungsrate der C14-Konzen-
tration in der Atmosphäre einmal positiv und darauf hin wieder negativ ist –
und zwar negativer als durch den radioaktiven Zerfall allein –, kommt es
zwangsläufig zu einer Verdoppelung heutzutage gemessener C14-Restakti-
vitäten. Eine Verdoppelung könnte es nicht geben, wenn jene Änderungsrate
Null wäre, d.h. wenn sich die C14-Produktion auf der einen Seite und radio-
aktiver Zerfall sowie die Abwanderung in die umgebenden Reservoire auf der
anderen Seite dauerhaft die Waage halten würden.
Da aber die drei genannten Ursachen für eine Änderung der C14-Konzen-
tration in der Atmosphäre – Produktion, Zerfall, Diffusion – voneinander un-
abhängig bzw. voneinander entkoppelt ablaufen, ist eine gegenseitige Kom-
pensation nicht zu erwarten. Dabei fällt bekanntermaßen die Konzentrati-
onsänderung durch radioaktiven Zerfall so extrem niedrig aus,
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