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Cäsar Birotteaus Größe und Niedergang (German Edition)

Cäsar Birotteaus Größe und Niedergang (German Edition)

Titel: Cäsar Birotteaus Größe und Niedergang (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Prüfung meiner Geschäftslage fühle ich mich stark genug, die vierzigtausend Franken in drei Monaten zahlen zu können. Cäsars Ehrenhaftigkeit läßt keinen Zweifel darüber zu, daß er die vierzigtausend Franken zum Einlösen seiner Wechsel verwenden wird. Wenn er also auch Konkurs anmelden müßte, so könnten uns die Gläubiger keinerlei Vorwürfe machen! Und im übrigen, lieber Onkel, will ich lieber vierzigtausend Franken verlieren als Cäsarine. In diesem Augenblick hat sie sicher schon meine Weigerung erfahren und wird mich verachten. Ich habe gesagt, ich wolle für meinen Wohltäter mein Blut, hingeben! Ich stehe jetzt so wie ein junger Matrose, der beim Schiffbruch seinem Kapitän die Hand hinreicht, wie ein Soldat, der mit seinem General fallen will.«
    »Du bist ein braves Herz, aber ein schlechter Kaufmann, meine Achtung bleibt dir«, sagte der Richter und drückte seinem Neffen die Hand. »Ich habe viel über die Sache nachgedacht,« fuhr er fort, »ich weiß, daß du bis über die Ohren in Cäsarine verliebt bist, ich glaube, es ist doch möglich, daß du den Forderungen des Herzens wie des Handelsrechts genügen kannst.«
    »Ach, lieber Onkel, wenn Sie einen solchen Ausweg gefunden haben, so retten Sie mir meine Ehre.«
    »Schieße Birotteau fünfzigtausend Franken vor, indem du dir gleichzeitig ein Rückkaufsrecht auf seinen Anteil an eurem Ölgeschäft vertragsmäßig sicherst, das ein Eigentumsrecht darstellt, ich werde dir den Vertrag aufsetzen.«
    Anselm umarmte seinen Onkel, eilte nach Hause, stellte Wechsel über fünfzigtausend Franken aus und rannte von der Rue des Cinq-Diamants nach der Place Vendôme, wo er in dem Augenblick eintraf, als Cäsarine, ihre Mutter und der Onkel Pillerault den Parfümhändler anblickten, überrascht von dem Grabeston, mit dem er das Wort »Undankbarer!« als Antwort auf die Frage seiner Tochter ausgesprochen hatte. Die Tür öffnete sich und Popinot erschien.

»Mein geliebter, teurer Prinzipal,« sagte er und trocknete sich die schweißtriefende Stirn, »hier nehmen Sie, was Sie gewünscht haben.« Dabei reichte er ihm die Wechsel hin. »Jawohl, ich habe meine Geschäftslage genau geprüft, haben Sie keine Angst, ich werde zahlen, nur retten Sie, retten Sie Ihre Ehre!«
    »Ach, seiner war ich ganz sicher«, rief Cäsarine und drückte krampfhaft Popinots Hand.
    Frau Konstanze umarmte Popinot, der Parfümhändler richtete sich in die Höhe, wie der Gerechte sich aus dem Grabe erhebt, wenn die Posaune des jüngsten Gerichts ertönt! Dann streckte er mit wahnsinniger Hast die Hand aus, um die gestempelten Papiere zu ergreifen.
    »Einen Augenblick,« sagte da der furchtbare Onkel Pillerault und entriß Popinot die Wechsel, »einen Augenblick!«
    Und die vier Familienglieder, Cäsar und seine Frau, Cäsarine und Popinot, bestürzt über das Vorgehen und den Ton des Onkels, sahen mit Schrecken, wie er die Wechsel zerriß und ins Feuer warf, ohne daß ihn einer daran hindern konnte.
    »Onkel!«
    »Onkel!«
    »Onkel!«
    »Herr!«
    Die vier Stimmen und die vier Herzen wurden in einem einzigen erschreckenden Zusammenklang laut. Da faßte der Onkel Pillerault Popinot um den Hals, drückte ihn ans Herz und küßte ihn auf die Stirn.
    »Du bist es wert, daß alle, die ein Herz haben, dich lieben. Hätte ich eine Tochter und besäße sie eine Million und du hättest nichts als das da (dabei zeigte er auf die schwarze Asche der Wechsel), so wäret ihr, wenn sie dich liebte, in vierzehn Tagen Mann und Frau. Dein Prinzipal«, sagte er und wies auf Cäsar, »ist nicht bei Sinnen. Lieber Neffe,« fuhr Pillerault in ernstem Tone fort und wandte sich an den Parfümhändler, »lieber Neffe, mache dir keine Illusionen mehr! Geschäfte macht man mit Talern, aber nicht mit schönen Gefühlen. Dies hier war erhaben, aber es nützt nichts. Ich bin zwei Stunden auf der Börse gewesen, du hast nicht mehr für einen Heller Kredit: alle redeten über deinen Untergang, über die verweigerten Prolongationen, über deine fehlgeschlagenen Bittgänge zu mehreren Bankiers, über deine übermäßigen Ausgaben, daß du sechs Stock hinaufgeklettert bist, um von einem Hausbesitzer, der schwatzhaft wie eine Elster ist, die Prolongation eines Wechsels über zwölfhundert Franken zu erbitten, über deinen Ball, den du gegeben hast, um deine Verlegenheiten zu bemänteln. Man ist sogar so weit gegangen, zu sagen, du habest gar nichts bei Roguin stehen gehabt. Nach deinen Feinden zu urteilen, ist Roguin

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