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Cäsar Birotteaus Größe und Niedergang (German Edition)

Cäsar Birotteaus Größe und Niedergang (German Edition)

Titel: Cäsar Birotteaus Größe und Niedergang (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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nur ein Vorwand. Einer meiner Freunde, den ich beauftragt hatte, über alles Erkundigungen einzuziehen, hat meine Befürchtungen bestätigt. Jeder will bereits wissen, daß Popinot Wechsel ausstellen wird, du hättest ihn nur etabliert, um eine Wechselfabrik einzurichten. Kurz, alle Verleumdungen und bösen Nachreden, die sich an einen Mann hängen, der eine soziale Stufe höhersteigen wollte, werden jetzt in der Handelswelt herumgetragen. Du würdest acht Tage lang vergeblich Popinots Wechsel über die fünfzigtausend Franken in allen Kontoren anbieten; du würdest dich nur demütigenden Ablehnungen aussetzen, kein Mensch würde sie nehmen wollen; mit nichts kannst du beweisen, daß nicht noch mehr in beliebiger Höhe ausgestellt werden, und die Leute nehmen an, du wolltest das arme Kind opfern, um dich zu retten. So würdest du ganz umsonst den Kredit der Firma Popinot ruinieren. Weißt du, wieviel der waghalsigste Wucherer dir für die fünfzigtausend Franken bieten würde? Zwanzigtausend, zwanzigtausend, verstehst du? Es können im Leben eines Kaufmanns Zeiten kommen, wo er vor den andern drei Tage ohne zu essen durchhalten muß, als ob er einen verdorbenen Magen hätte, dann wird er am vierten Tage wieder zu der Speisekammer des Kredits zugelassen. Du kannst aber diese drei Tage nicht durchhalten, davon hängt alles ab. Mut, mein armer Neffe, du mußt Konkurs anmelden. Hier, Popinot und ich, wir beide werden uns, sobald deine Kommis schlafen gegangen sind, an die Arbeit machen, damit dir diese Aufregung erspart bleibt.«
    »Aber Onkel«, sagte der Parfümhändler und rang die Hände.
    »Cäsar, willst du eine schmähliche Bilanz vorlegen, die keine Aktiva aufweist? Dein Anteil bei Popinot rettet deine Ehre.«
    Von dieser letzten verhängnisvollen Aufklärung überzeugt, erkannte Cäsar endlich seine wahre Lage in ihrem vollen Umfange, fiel wieder in seinen Sessel zurück und von da auf die Knie, seine Gedanken verwirrten sich, er wurde wie ein Kind; seine Frau, die dachte, er sterbe, kniete nieder, um ihn aufzuheben; aber sie betete mit ihm, als sie sah, wie er die Hände faltete, die Augen nach oben richtete und mit reuiger Hingebung in Gegenwart des Onkels, der Tochter und Popinots das erhabene Gebet der Katholiken sprach:
    »Vater unser, der du bist im Himmel, geheiliget werde dein Name, zu uns komme dein Reich, dein Wille geschehe wie im Himmel also auch auf Erden, unser täglich Brot gib uns heute und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Amen.«
    Dem Stoiker Pillerault traten die Tränen in die Augen, Cäsarine, in Tränen aufgelöst, hatte ihren Kopf auf Popinots Schulter gelegt, der bleich und starr wie eine Bildsäule dastand.
    »Gehen wir hinunter«, sagte der ehemalige Kaufmann zu dem jungen Mann und nahm ihn beim Arme.
    Um halb zwölf Uhr überließen sie Cäsar der Sorge von Frau und Tochter. In diesem Augenblick erschien Cölestin, der während der stürmischen Tage, die sich im geheimen abspielten, das Geschäft leitete, in der Wohnung und trat in den Salon. Als sie seinen Schritt vernahm, eilte Cäsarine ihm entgegen, damit er die Niedergeschlagenheit des Prinzipals nicht sehen sollte.
    »Unter der Abendpost«, sagte er, »befindet sich ein Brief aus Tours mit unrichtiger Adresse, der deshalb verspätet eingegangen ist. Ich nahm an, daß er von Herrn Birotteaus Bruder ist, und habe ihn daher nicht geöffnet.«
    »Vater,« rief Cäsarine, »ein Brief vom Onkel aus Tours.«
    »Ach, dann bin ich gerettet!« schrie Cäsar. »Mein Bruder! Mein Bruder!« sagte er und küßte den Brief.
    Franz' Antwort an Cäsar Birotteau.
    »Tours, den 17. l. M.
    »Mein geliebter Bruder, Dein Brief hat mich in lebhafte Betrübnis versetzt; ich habe daher, als ich ihn gelesen hatte, eine Messe für Dich gelesen und Gott bei dem Blute, das sein Sohn, unser himmlischer Erlöser, für uns vergossen hat, angefleht, einen Blick der Barmherzigkeit auf Deine Not zu werfen. Als ich das Gebet pro meo fratre Caesare sprach, hatte ich die Augen voll Tränen in Gedanken an Dich, von dem ich unglücklicherweise gerade in den Tagen getrennt bin, wo Du der Unterstützung brüderlicher Freundschaft bedarfst. Aber ich denke, daß der verehrungswürdige Herr Pillerault mich Dir sicherlich ersetzen wird. Mein lieber Cäsar, vergiß in Deinem Kummer nicht, daß das Leben diesseits ein flüchtiges Dasein voller Prüfungen ist; daß wir eines Tages dafür belohnt sein werden, daß wir für den heiligen Namen

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