Cäsar Birotteaus Größe und Niedergang (German Edition)
Schildwache muß vor mir präsentieren.«
In diesem Augenblick kam Grindot mit Braschon herunter. Nach dem Essen sollte dem Ehepaar und Cäsarine der Genuß des ersten Blicks auf die neuen Räume zuteil werden; der erste Gehilfe Braschons schlug noch die letzten Haken ein und drei Männer zündeten die Lichter an.
»Wir brauchen hundertzwanzig Lichte«, sagte Braschon.
»Das kostet bei Trudon zweihundert Franken«, sagte Konstanze, deren Klage auf einen Blick des Ritters Birotteau verstummte.
»Ihr Fest wird großartig werden, Herr Ritter«, sagte Braschon.
Birotteau sagte bei sich: »Schon sind die Schmeichler da. Der Abbé Loraux hat mich mit Recht davor gewarnt, in ihre Schlingen zu fallen, und mir geraten, bescheiden zu bleiben. Ich werde nicht vergessen, wo ich herstamme.«
Cäsar verstand nicht, was der reiche Tapezierer aus der Rue Saint-Antoine mit seinen Worten bezweckte. Braschon machte zehn vergebliche Versuche, mit Frau, Tochter, Schwiegermutter und Tante eingeladen zu werden. So wurde er Birotteaus Feind. Auf der Schwelle redete er ihn immer noch mit »Herr Ritter« an.
Jetzt begann die Generalprobe. Cäsar, seine Frau und Cäsarine verließen den Laden und betraten das Haus durch die Haustür. Diese war großartig erneuert worden, mit zwei in gleiche quadratische Felder geteilten Türflügeln, in deren Mitte eine architektonische Verzierung aus gestrichenem Gußeisen angebracht war. Solche Türen, die in Paris inzwischen so allgemein verbreitet sind, waren damals eine seltene Neuheit. Am Ende des Vestibüls befand sich die Treppe, die aus zwei geraden Stiegen bestand, zwischen denen sich der Sockel befand, der Birotteau so beunruhigt hatte, und der eine Art Loge bildete, in der eine alte Portierfrau untergebracht werden konnte. Das Vestibül mit einem Fußboden von weißen und schwarzen Marmorplatten und mit marmorartig gemalten Wänden wurde von einer antiken vierflammigen Lampe erleuchtet. Der Architekt hatte hier Gediegenheit mit Einfachheit vereinigt. Ein schmaler roter Teppichläufer ließ das Weiß der Treppenstufen aus mit Bimsstein geglättetem Sandstein noch mehr hervortreten. Auf dem ersten Treppenabsatz befand sich der Eingang zum Zwischengeschoß. Die Eingangstür zur Wohnung war ähnlich wie die Haustür, aber in Holzschnitzerei gestaltet.
»Wie reizend!« sagte Cäsarine. »Und dabei gibt es nichts, was sich aufdrängte.«
»Gewiß, mein Fräulein; die reizvolle Wirkung beruht auf dem richtigen Verhältnis zwischen Säulenbasis, Deckplatte, Gesims und Ornament; außerdem habe ich nichts mit Gold überziehen lassen, die Farben sind gedämpft, nirgends sehen Sie schreiende Töne.«
»Das ist ja eine ganze Wissenschaft«, sagte Cäsarine.
Sie traten nun alle in das geschmackvolle, parkettierte, geräumige, einfach ausgestattete Vorzimmer ein. Von hier gelangte man in einen dreifenstrigen, nach der Straße zu gelegenen Salon, in weiß und rot gehalten, mit fein gearbeitetem Gesims und zarter Malerei, in dem nichts unruhig wirkte. Auf dem weißen, mit Säulen versehenen Marmorkamin stand eine sorgsam ausgewählte Garnitur, an der keinerlei Geschmacklosigkeit beleidigte, und die zu den übrigen Details gut paßte. Überall herrschte die gefällige Harmonie, die allein von Künstlerhand geschaffen werden kann, die die Einheitlichkeit der Ausstattung bis in die geringsten Nebendinge durchführte, und wovon die Bourgeoisie keine Ahnung hat, die sie aber in Erstaunen setzt. Ein Kronleuchter mit vierundzwanzig Kerzen ließ die rote Seide der Vorhänge erstrahlen und das Parkett hatte ein so einladendes Aussehen, daß Cäsarine Lust bekam, zu tanzen. Ein grün und weiß gehaltenes Boudoir führte in Cäsars Arbeitszimmer. »Ich habe hier ein Bett untergebracht«, sagte Grindot und öffnete die Tür eines Alkovens, der geschickt hinter den beiden Flügeln der Bibliothek verborgen war. »Sie oder Ihre Frau Gemahlin können einmal krank sein, und dann hat jeder sein Schlafzimmer für sich.«
»Aber diese Bibliothek mit den gebundenen Büchern! Ach, Frauchen, Frauchen!«
»Nein, das ist Cäsarines Überraschung.«
Cäsar umarmte seine Tochter und sagte dabei zu dem Architekten: »Verzeihen Sie mir und halten Sie das meiner väterlichen Rührung zugute.«
»Aber ich bitte Sie, verehrter Herr!« sagte Grindot. »Sie sind doch hier zu Hause.«
In dem Arbeitszimmer waren braune Töne vorherrschend, die durch grüne Verzierungen gehoben wurden, wie denn in äußerst geschickter Weise eine
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