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Cäsar Birotteaus Größe und Niedergang (German Edition)

Cäsar Birotteaus Größe und Niedergang (German Edition)

Titel: Cäsar Birotteaus Größe und Niedergang (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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harmonische Farbenverbindung zwischen den einzelnen Zimmern hergestellt war. Die Grundfarbe eines Raumes wurde im nächsten für die Verzierungen verwendet und umgekehrt. Der Stich »Hero und Leander« schmückte eine Wand in Cäsars Zimmer.
    »Du sollst das alles bezahlen«, sagte Birotteau lustig.
    »Diesen schönen Stich schenkt dir Herr Anselm«, sagte Cäsarine.
    Auch Anselm hatte sich seine Überraschung nicht nehmen lassen.
    »Das gute Kind; er hat es mit mir so gemacht, wie ich mit Herrn Vauquelin.«
    Dahinter befand sich Frau Birotteaus Zimmer. Hier hatte der Architekt einen Reichtum entfaltet, wie er diesen guten Leuten, die er für sich gewinnen wollte, gefallen mußte; er hatte sein Wort gehalten, daß er diese »Restaurierung« studieren wolle. Das Zimmer war mit blauer Seide mit weißen Verzierungen ausgeschlagen, die Möbel mit weißem, blau abgesetzten Kaschmir bezogen. Auf dem weißen Marmorkamin zeigte die Uhr eine auf einem schönen Marmorblock sitzende Venus; ein hübscher Moquette-Teppich in türkischem Muster verband das Zimmer mit dem Cäsarines, das mit dunkelblauem Stoff ausgeschlagen und äußerst zierlich gehalten war; es enthielt ein Klavier, einen hübschen Spiegelschrank, ein kleines bescheidenes Bett mit einfachen Vorhängen und alle die kleinen Möbelstücke, die die jungen Mädchen lieben. Das Speisezimmer lag hinter den Zimmern Birotteaus und seiner Frau und war im Stil Louis XIV. eingerichtet, mit einer Boulle-Standuhr, Büfetts mit Kupfer- und Schildpatt-Einlagen und einer Wandbekleidung von Stoff mit vergoldeten Nägeln. Die Freude der drei Familienmitglieder war nicht zu beschreiben, besonders als Frau Birotteau in ihr Zimmer zurückkam und hier auf ihrem Bett das kirschrote Sammetkleid mit Spitzen, das Geschenk ihres Mannes, erblickte, das Virginie inzwischen, auf den Zehen schleichend, hereingebracht hatte.
    »Diese Wohnung wird Ihnen viel Ehre eintragen«, sagte Konstanze zu Grindot. »Wir werden morgen abend über hundert Personen bei uns sehen und Sie werden die Lobsprüche der ganzen Gesellschaft entgegennehmen können.«
    »Ich werde Sie weiter empfehlen«, sagte Cäsar. »Sie werden die Creme der Kaufmannschaft hier sehen und an diesem einen Abend bekannter werden, als wenn Sie zehn Häuser gebaut hätten.«
    Konstanze war tief bewegt und dachte nicht mehr an die Kosten, noch auch daran, ihren Mann zu kritisieren. Und zwar aus folgendem Grunde: Am Morgen, als Anselm Popinot, den Konstanze für sehr intelligent und befähigt hielt, das Bild von Hero und Leander brachte, hatte er den Erfolg des Huile Céphalique, an dem er mit beispiellosem Eifer arbeitete, für gesichert bezeichnet. Der Verliebte hatte erklärt, daß die Kosten der Ausgaben Birotteaus für die Befriedigung seiner ehrgeizigen Ansprüche, wie hoch sie sich auch beliefen, in sechs Monaten durch seinen Gewinnanteil an dem Öl wieder eingebracht sein würden. Nachdem sie neunzehn Jahre aus der Angst nicht herausgekommen war, war es für sie ein so süßes Gefühl, sich einmal an einem einzigen Tage ganz der Freude hingeben zu können, daß Konstanze ihrer Tochter das Versprechen gab, das Glück ihres Mannes durch keinen Einwand zu trüben und sich in alles zu fügen. Als Herr Grindot sie gegen elf Uhr verlassen hatte, warf sie sich ihrem Manne vor Freude weinend an den Hals und sagte: »Ach, Cäsar, du hast mich ganz närrisch vor Glückseligkeit gemacht.«
    »Vorausgesetzt, daß es so bleibt, nicht wahr?« sagte Cäsar lachend.
    »Es wird so bleiben, ich habe keine Angst mehr«, sagte Frau Birotteau.
    »Gott sei Dank,« sagte der Parfümhändler, »endlich läßt du mir Gerechtigkeit widerfahren.«
    Wer großdenkend genug ist, um sich seine eigenen Schwächen einzugestehen, wird zugeben, daß eine arme Waise, die vor achtzehn Jahren erste Verkäuferin im Petit-Matelot, Ile Saint-Louis, war, und ein armer Bauernjunge, der mit einem Stock in der Hand, zu Fuß, in eisenbeschlagenen Stiefeln aus der Touraine nach Paris gekommen war, sich, geschmeichelt und glücklich fühlen mußten, ein solches Fest und aus so löblichen Gründen geben zu können.
    »Ich würde, bei Gott, hundert Franken hergeben,« sagte Cäsar, »wenn wir jetzt Besuch bekämen.«
    »Der Herr Abbé Loraux«, meldete Virginie.
    Und der Abbé Loraux trat ein. Dieser Priester war damals Vikar an der Kirche Saint-Sulpice. Niemals hat die Macht des Geistes sich kräftiger erwiesen als bei diesem Priester, dessen Umgang einen tiefen Eindruck auf alle,

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