Cäsar Birotteaus Größe und Niedergang (German Edition)
Sie mich sehr verpflichten, wenn Sie mir mein Honorar auszahlen wollten.«
Birotteau, der sein Wechselportefeuille leer gemacht und sein bares Geld ausgegeben hatte, sagte zu Cölestin, er solle ein Dreimonats-Akzept über die zweitausend Franken ausstellen und sich eine Quittung darüber geben lassen.
»Ich bin sehr froh, daß Sie die fällige Miete für Ihren Nachbarn übernommen haben«, sagte Molineux mit heimlichem Spott. »Mein Portier hat mir heute früh mitgeteilt, daß der Friedensrichter dort die Siegel angelegt hat, weil der Herr Cayron verschwunden ist.«
»Wenn ich bloß nicht wegen der fünftausend Franken in Anspruch genommen werde«, dachte Birotteau.
»Er galt als ein tüchtiger Geschäftsmann«, sagte Lourdois, der eben hereingetreten war, um dem Parfümhändler seine Rechnung zu präsentieren.
»Ein Kaufmann ist vor Nackenschlägen erst sicher, wenn er sich zurückgezogen hat«, sagte der kleine Molineux und faltete seinen Vertrag mit peinlicher Sorgfalt zusammen.
Der Architekt betrachtete den kleinen Alten mit dem Vergnügen, das jeder Künstler empfindet, wenn er eine solche Karikatur sieht, die seine Ansicht über die Bourgeois bekräftigt.
»Wenn man den Kopf unter einen Schirm hält, so denkt man gewöhnlich, daß er geschützt ist, wenn es regnet«, sagte der Architekt.
Molineux examinierte den Schnurrbart und die Fliege des Architekten viel genauer als sein Gesicht, und er dachte ebenso verächtlich über Grindot, wie dieser über ihn. Er blieb aber noch, um ihm beim Abschied einen Tatzenhieb zu versetzen. Infolge seines Zusammenlebens mit den Katzen hatte Molineux in seinem Wesen wie in seinem Blick etwas von der Natur dieser Tiere angenommen.
Jetzt traten Ragon und Pillerault ein.
»Wir haben über unsere Angelegenheit mit dem Richter gesprochen,« sagte Ragon leise zu Cäsar; »er ist der Ansicht, daß man bei einem solchen Spekulationsgeschäft eine Quittung der Verkäufer haben und die Abmachungen realisieren müsse, wenn wir alle tatsächlich Eigentümer sein ...«
»Ach, Sie machen das Terraingeschäft bei der Madeleine,« sagte Lourdois; »man spricht schon davon, da wird es bald an ein Häuserbauen gehen!«
Und der Stubenmaler, der eigentlich seine Rechnung sich pünktlich bezahlen lassen wollte, hielt es für vorteilhafter, den Parfümhändler nicht zu drängen.
»Ich habe Ihnen hier meine Rechnung gebracht, weil wir am Jahresschlüsse stehen,« sagte er leise zu Cäsar, »aber ich brauche jetzt kein Geld.«
»Aber was ist dir denn, Cäsar?« sagte Pillerault, als er die Überraschung seines Neffen bemerkte, der, verblüfft über den Betrag der Rechnung, weder Ragon noch Lourdois antwortete.
»Ach, eine Lappalie! Ich habe für fünftausend Franken Wechsel für meinen Nachbarn, den Schirmhändler, akzeptiert, der bankrott ist. Wenn er mir faule Wechsel gegeben hat, werde ich wie ein dummer Junge hineingefallen sein.«
»Ich habe es Ihnen schon immer gesagt,« rief Ragon aus: »wer am Ertrinken ist, der klammert sich noch an die Beine des eigenen Vaters an, um sich zu retten, und geht dann mit ihm zusammen unter. Ich habe schon so viele Fallissements mit angesehen! Wenn das Unglück anfängt, dann haben sie ja nicht geradezu die Absicht, betrügerisch zu handeln, nachher aber zwingt sie die Not dazu.«
»Das ist richtig«, sagte Pillerault.
»Ach, wenn ich jemals Deputierter werden sollte, oder wenn ich irgendwie Einfluß bei der Regierung hätte ...«, sagte Birotteau, erhob sich auf den Fußspitzen und ließ sich wieder auf die Hacken zurückfallen.
»Was würden Sie denn dann tun?« fragte Lourdois, »Sie sind ja ein kluger Mann.«
Molineux, den jede Diskussion über eine Rechtsfrage interessierte, blieb weiter im Laden stehen; und da die Aufmerksamkeit anderer ansteckend wirkt, so hörten Pillerault und Ragon, die Cäsars Ansicht schon kannten, ebenso ernst wie die drei Fremden zu.
»Ich würde verlangen,« sagte der Parfümhändler, »daß eine Kammer mit unabsetzbaren Richtern und einem Staatsanwalt über den Schuldigen zu Gericht säße. Nach der Untersuchung, bei der ein Richter selbst die jetzigen Funktionen der Agenten, Syndici und kommissarischen Richter auszuüben hätte, müßte der Kaufmann entweder für einen rehabilitierbaren Konkursschuldner oder für einen Bankrotteur erklärt werden. Im ersten Falle wäre er verpflichtet, alle Schulden zu bezahlen; er wäre nur der Treuhänder seines Vermögens und desjenigen seiner Frau; denn seine
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