Cäsar Cascabel
vortrefflichen Fischen für seinen Tisch versahen, so kostete ihm die Reise eigentlich nichts. Und der kleine Schatz vermehrte sich. Aber ach! wie weit er hinter den in den Pässen der Sierra Nevada gestohlenen zweitausend Dollars zurückblieb!
Wenn die kleine Truppe indessen schließlich von den Bissen der Klapperschlangen und Taranteln verschont blieb, so wurde sie dafür auf andere Weise heimgesucht. Es geschah dies wenige Tage später, – so viel verschiedene Mittel hat die freigebige Natur ersonnen, die armen Sterblichen auf dieser Erde zu Grunde zu richten!
Auf seiner Fahrt durch die Länderstrecken von Oregon war der Wagen soeben an Eugène-City vorübergekommen. Dieser Name hatte großes Vergnügen erregt, da sein französischer Ursprung auf der Hand lag. Herr Cascabel hätte jenen Landsmann, jenen Eugène, kennen mögen, der zweifelsohne als einer der Gründer des genannten Marktfleckens anzusehen war. Es mußte ein wackerer Mann gewesen sein; und wenn sein Name auch nicht unter den modernen Namen französischer Herrscher, eines Karl, Ludwig, Franz, Heinrich, Philipp… und Napoleon figurierte, so war er darum doch nicht minder französisch – gut französisch.
Nachdem sie in den Städten Harrisburg, Albany und Jefferson Halt gemacht, ging die Belle-Roulotte vor Salem, der am Ufer der Villamette gelegenen ziemlich bedeutenden Hauptstadt von Oregon, vor Anker. Man schrieb den 3. April.
Herr Cascabel gönnte den Seinen eine vierundzwanzigstündige Ruhe, – wenigstens als Reisenden, denn der große Platz des Fleckens diente den Künstlern zur Bühne, und eine schöne Einnahme entschädigte sie für ihre Anstrengungen.
In ihrer freien Zeit gingen Jean und Xander, da der Fluß ihnen als sehr fischreich beschrieben wurde, dem Vergnügen des Fischens nach.
Aber in der folgenden Nacht empfanden Eltern und Kinder solches Jucken am ganzen Körper, daß sie sich fragten, ob sie nicht etwa die Opfer irgend eines Scherzes geworden seien, wie sie noch heute bei Dorfhochzeiten vorkommen.
Und wie groß war ihr Erstaunen, als sie einander am folgenden Morgen betrachteten!…
»Ich bin so rot wie eine Indianerin des Far West!« rief Cornelia.
»Und ich bin ganz geschwollen!« rief Napoleone.
»Und ich bin vom Kopf bis zu den Füßen mit Blasen bedeckt!« rief Clou-de-Girofle.
»Was bedeutet das?« fügte Herr Cascabel hinzu. »Herrscht hier im Lande die Pest?«
»Ich glaube, ich weiß, was es ist,« antwortete Jean, indem er seine mit rötlichen Flecken bedeckten Arme betrachtete.
»Was denn?…«
»Wir sind von der Yedra angesteckt, wie die Amerikaner es nennen.«
»Hol der Teufel deine Yedra! Laß sehen: wirst du uns sagen, was das bedeutet?«
»Die Yedra, Vater, ist eine Pflanze, die man, wie es scheint, bloß zu berühren, zu riechen, ja, auch nur zu sehen braucht, um allen durch sie verursachten Unannehmlichkeiten ausgesetzt zu sein. Sie vergiftet aus der Entfernung…«
»Wie?… wir sind vergiftet?« fiel Frau Cascabel ein; »vergiftet!…«
»O, fürchte nichts, Mutter,« beeilte sich Jean zu erwidern. »Wir werden mit einigem Jucken und vielleicht ein wenig Fieber davonkommen.«
Die Erklärung war richtig. Diese Yedra ist eine ungesunde, außer ordentlich giftige Pflanze. Wenn der Wind den fast unsichtbaren Samen dieser Staude verweht und die Haut in die geringste Berührung damit kommt, so wird sie rot und bedeckt sich mit Blasen und Ausschlag. Ohne Zweifel waren Herr Cascabel und die Seinigen in den vor Salem gelegenen Wäldern in eine Yedra-Strömung hineingeraten. Aber schließlich dauerte der Ausschlag, der ihnen allen großes Unbehagen verursachte, nicht länger als vierundzwanzig Stunden.
Am 5. April verließ die Belle-Roulotte Salem; sie trug eine klägliche Erinnerung an die waldigen Ufer der Villamette mit sich fort – obgleich dieser Flußname hübsch ist und in französischen Ohren einen guten Klang hat.
Die Familie passierte Fairfield, Canemah, Oregon-City, Portland, die bereits bedeutendere Städte sind, und erreichte am 7. April ohne weiteres Mißgeschick die Ufer der Kolumbia und damit die Grenze jenes Staates Oregon, den sie in einer Länge von hundertundfünfzehn Meilen durchzogen hatte.
Gegen Norden dehnte sich das Gebiet von Washington aus. Der östlich von der Reiseroute der Belle-Roulotte gelegene Teil ist gebirgig. Dort entwickeln sich die Verzweigungen der als Cascade-Ranges bekannten Bergkette, mit Gipfeln wie der neuntausendsiebenhundert Fuß hohe Mount St. Helena,
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