Cäsar läßt grüssen
war die erfreulichste Leistung von Antoninus, dem das Volk später den Beinamen »Pius« gab. Er verhinderte die Absicht des undankbaren, in seiner Eitelkeit gekränkten Senats, erstens, weil er bei bestem Willen keinen Grund zu einer so fürchterlichen Verurteilung sah, und zweitens, weil er- dankbar sein wollte. Und da hatte er recht. Er baute auch Hadrians Grabmal zuende und bestattete ihn dort in allen Ehren. Die »Moles Hadriani« ist die heutige Engelsburg.
Titus Aurelius Fulvius Boionius Arrius Antoninus Hadrianus Caesar Augustus Imperator, einer Senatorenfamilie aus Nimes entstammend, war zweiundfünfzig Jahre alt, als er zur Regierung kam, nach der er sich bestimmt nicht gedrängt hat. Hadrian, der übrigens nur zehn Jahre älter war, hatte ihn adoptiert und sorgfältig auf sein Amt vorbereiten lassen. Antoninus war der Inbegriff des guten, langweiligen Kaisers. Unter ihm möchte ich zur Not gelebt haben; für die Unterhaltung hätte ich selbst gesorgt.
Sogar seine Ehe war über alle Maßen gut. Er reiste nicht, er war immer gemütlich zu Hause. Er liebte seine Frau in rührender Treue und Sorge und verewigte ihr Andenken in dem berühmten Faustinatempel auf dem alten Forum.
Als Antoninus, fünfundsiebzigjährig, im Jahre 161 n. Chr. starb, hinterließ er seinem Erben, den er noch auf Befehl Hadrians adoptiert hatte, einen würdigen Ruf und sieben Millionen Denare im Staatssäckel.
Es gäbe noch viel Gutes über ihn zu berichten. Wir aber wollen es uns verkneifen, denn Marc Aurel wartet schon, und der wird länger.
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Mit Marc Aurel wurde der Mann Kaiser, den Hadrian gemeint hatte und für den Antoninus nur den Stuhl warm halten sollte. Antoninus war als Zwischenlösung gedacht gewesen. Daß er den Stuhl dreiundzwanzig Jahre lang warm halten würde, konnte niemand ahnen. Marc Aurel war daher schon vierzig Jahre alt, als er 161 Kaiser wurde — ein würdig aussehender, vollbärtiger Mann. Sie können ihn auf dem Campidoglio (italienische Verballhornung des Wortes Kapitol) betrachten. Dort sitzt er als erste Reiterstatue der römischen Geschichte hoch zu Roß, die rechte Hand grüßend ausgestreckt, das Pferd im versammelten Schritt, Vorbild aller späteren Reiterstandbilder. Das Denkmal war einst vergoldet und stand auf einem Platz mitten in der Stadt. Es hat die gefährlichen Jahrhunderte der Nichtchristen-Verfolgung durch einen erfreulichen Irrtum überlebt: die Kirche hielt es für das Bildnis des frommen Kaisers Konstantin, sonst hätte man den Kopf sicher mit dem des Heiligen Petrus vertauscht. Erst in der Renaissance erkannte man Marc Aurel, und Michelangelo setzte das Denkmal vor seinen Konservatorenpalast auf dem Kapitol. Dort grüßt der Kaiser nun unentwegt in die Fotoapparate von hunderttausend Touristen unter ihm. Aber auf welchem Platz der Welt täte er es nicht? Marcus Aurelius Annius Verus Antoninus Caesar Augustus Imperator, um einige Ecken mit Hadrian verwandt, stammte aus einer vornehmen Familie, ebenfalls aus Spanien. Hadrian war überzeugt gewesen, mit ihm einen guten Griff getan zu haben, und er hat sich nicht geirrt. Die ersten Jahre waren etwas gehemmt durch die Mitregentschaft von Marc Aurels Adoptivbruder Lucius Verus, den Antoninus nach dem Prinzip »doppelt genäht hält besser« ebenfalls als Sohn angenommen hatte. Lucius Verus war ein Tropf. Er beschränkte sich zum Glück darauf, nur wenig Unfug zu machen. 169 tat er das beste, was er tun konnte, er segnete das Zeitliche.
Marc Aurel war nun allein und konnte loslegen mit seiner Güte. Inzwischen hatte sich eine der tausend Parthererhebungen sowie ein kurzer Krieg gegen die aufständischen Donaumarkomannen zur Zufriedenheit durch Friedensschlüsse erledigt — so glaubte der friedliebende Kaiser jedenfalls, setzte sich hin und verfaßte ein erstaunliches literarisches Werk, seine zwölfbändigen »Selbsterkenntnisse«, das Erkenne dich selbst des Menschen Marc Aurel, nicht des Herrschers. Aber es kann der Beste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt. Schon wieder mußte der gute Kaiser auf das Streitroß steigen, denn die Markomannen, die späteren Bayern, hatten mit erhobenen Bierseideln erneut die Grenzen überschritten. Ein unwiderstehlicher Drang scheint sie aus ihrer Heimat Böhmen nach München gezogen zu haben. Auf diesem Zweiten Markomannen-Feldzug ereilte Marc Aurel im Feldlager in der Nähe von Wien im Jahre 180 der Tod.
Sie werden nun sicherlich fragen, was Marc Aurel Gutes getan
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