Cäsars Druide
zusammengebraut?«
»Ich bin noch in der Ausbildung, Wanda«, versuchte ich mich zu verteidigen.
»Aber hast du diese Mixtur schon mal ausprobiert?«
»Ja, schon … an einem Esel.«
»An einem Esel?!« entfuhr es Wanda.
»Ja, wir nehmen manchmal Tiere. Und da uns Hühner, Hunde und Pferde zu sehr am Herzen liegen, bleiben unter den Vierbeinern eigentlich nur noch die Esel.«
»Und was ist mit dem Esel passiert?«
»Also geschmeckt hat ihm die Tinktur, denn er hat die ganze Tränke leer gesoffen. Sein Glied schwoll ungeheuer an, und das arme Tier wurde immer wilder und heftiger. Rasend vor Wut besprang es die weiblichen Maultiere, bis sie sich mit Tritten und Bissen wehrten. Schließlich mußten wir das arme Tier mit Pfeilen niederstrecken. Ein zu Hilfe gerufener Bauer tötete es mit einem gezielten Axthieb auf die Halsschlagader. Das Blut spritzte nur so in die Höhe. Das war kein Vergleich mit den weißen Ochsen, die wir manchmal opfern. Da gibt's bloß einen kurzen Schwall, und das Tier bricht zusammen. Aber in den Adern dieses Esels tobte ein furchtbares Gewitter, und aus seinem Maul quoll weißer Schaum.«
Wanda schwieg eine Weile. Dann sagte sie: »Und dieses Gebräu hast du den Männern zubereitet?«
»Es gibt nichts Langweiligeres für einen Flötenspieler, als Melodien zu spielen, die andere komponiert haben. Ähnlich ergeht es mir, Wanda. Ich habe versucht, die Kräuter, die das männliche Tier im Mann verstärken, etwas anders zu dosieren.«
»Was heißt das?«
»Das wissen vermutlich nur die Götter. Sie lenken die Hände des Druiden!«
Wanda schenkte mir einen ratlosen Blick. »Ich weiß nicht, was ich hoffen soll. Daß sie alle noch leben oder alle tot sind.«
»Was hätte ich denn tun sollen? Das hab ich für dich getan, Wanda!«
»Du meinst, ich wäre gescheiter in Genava geblieben!«
»Ja, Wanda! Jetzt brauche ich die Hilfe sämtlicher Götter! Wenn sie überleben und zu Cäsar zurückkehren, wird mich der Prokonsul jagen wie einen weißen Tiger und im Zirkus den Bären zum Fraß vorwerfen.«
»Wolltest du nicht ohnehin mal nach Rom?«
»Ja, aber nicht als Tierfutter.«
Als wir die Anhöhe auf der anderen Seite der Schlucht erreicht hatten, war es noch hell. Auf unserem Rastplatz herrschte eine merkwürdige Stille. Für meinen Geschmack war es eher zu ruhig. Der junge Tribun lag auf dem Bauch. Vielleicht war er eingeschlafen. Der Offizier lehnte an einem Baum. Auch er schien vor sich hinzudösen. Plötzlich sah ich, wie sich etwas im Wald bewegte. Es war der Sklave Fuscinus. Er schleppte etwas hinter sich her. Es war Curio, der Häduer. Er zog ihn an einem Bein über den Lagerplatz. Vor dem jungen Tribun ließ er das Bein des Kelten zu Boden fallen, griff ihm unter die Arme und hievte ihn auf den Rücken des Römers. Dann verwischte er mit einem Reitermantel die Schleifspuren. Plötzlich hielt er inne und lauschte. Er war sehr nervös. Er griff nach dem Schwert des toten Kelten und wich langsam in den Wald zurück. Als er auf gleicher Höhe mit dem Offizier war, der gegen den Baum lehnte, schlug er ihm blitzschnell den Kopf ab. Jetzt erst sah ich die Pferde am Waldrand. Sie waren bereits bepackt.
Wanda und ich hatten genug gesehen. Nur der Sklave Fuscinus hatte überlebt. Wir mußten uns dringend eine Geschichte einfallen lassen.
»Das ist doch deine Spezialität«, zischte Wanda und wandte sich herausfordernd von mir ab.
»Wir waren im Wald, Beeren sammeln. Als wir zurückkamen, waren alle tot und der Sklave verschwunden. Das klingt doch plausibel.«
»Und dann?« fragte Wanda skeptisch.
»Na ja, dann sind wir weitergeritten, nach Bibracte. Wir haben schließlich einen Auftrag zu erfüllen.«
»Das klingt zwar alles einleuchtend«, sagte Wanda bedächtig, »aber mit dir, Korisios, wird es bestimmt schiefgehen. Ich glaube langsam … Also ich weiß nicht, ob in dir die Götter wohnen. Manchmal denk ich, du bist lediglich ihr Zeitvertreib.«
Wir ritten also weiter, Richtung Nordwesten. Unser Ziel war Bibracte, die befestigte Hauptstadt der keltischen Häduer. Unterwegs opferte ich Schmuck und Waffen des toten Cuningunullus den Wassergöttern. Und damit es nicht so aussah, als würde ich mich im Grunde genommen nur der kompromittierenden Gegenstände entledigen, warf ich auch noch ein paar Sesterzen dazu. Ungern, muß ich zugeben, aber ich hab's getan. Eigentlich schade, daß man nicht auch seine Schulden opfern kann.
Das Oppidum der Häduer war von beeindruckender Größe.
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