Cäsars Druide
beieinander, daß die Schilder übereinanderlappten. Plötzlich erklangen aus allen Richtungen die ohrenbetäubenden Stöße der Cornus. Die Legionäre warfen ihre Pila und stürmten den Hügel hinunter. Wie ein eisernes Netz zischten Abertausende von Wurfgeschossen durch die Luft und verdeckten für kurze Zeit den Blick auf die keltischen Schlachtreihen. Weil die Helvetier so eng standen, durchbohrten die Pila oft zwei Schilde und hefteten sie so aneinander. Vergebens versuchten die Kelten die Pila, deren weiche Eisenspitze sich nach dem Aufprall verkrümmte, abzuschütteln. Entnervt ließen viele ihre Schilde fallen und wurden von den nachfolgenden Wurfspeeren, die nun die Legionäre aus der zweiten und dritten Reihe herabschleuderten, durchbohrt. Als die mit gezücktem Gladius herunterrennenden Legionäre die helvetische Schlachtreihe erreichten, klafften dort bereits riesige Löcher, und es war für die kampferprobten Römer ein leichtes, den verdutzten Kelten den Schild ins Gesicht zu donnern, während sie gleichzeitig mit dem Gladius zustachen und gezielt Achselhöhle oder Unterleib durchbohrten. Da die Römer in enger, aber nicht beengender Aufstellung kämpften und ein kurzes Schwert benutzten, das vor allem zum Stoßen geeignet war, waren sie den verdutzten Kelten, die überlange und deshalb unhandliche Hiebschwerter benutzten, weit überlegen. Unerwartet rasch zogen sich die Helvetier auf einen Berg zurück, der kaum tausend Schritte entfernt war. Die siegessicheren Legionäre rückten unaufhaltsam vor. Doch plötzlich erschienen rund fünfzehntausend Bojer und Tiguriner auf dem Schlachtfeld. Sie hatten die Nachhut des Helvetierzuges gebildet. Sie griffen sofort in den Kampf ein und stürzten sich in die rechte, ungeschützte Seite der nachrückenden Legionäre. Als die Helvetier, die sich auf den Berg zurückgezogen hatten, die lautstark eintreffende Verstärkung sahen, gingen sie erneut zum Angriff über und rannten wieder den Berg hinunter. Mit voller Wucht prallten sie auf ihre Verfolger, die nun von zwei Seiten arg bedrängt wurden. Cäsar ordnete sofort an, daß die ersten beiden Reihen der vier Legionen den Helvetiern auf dem Berg trotzen sollten, während die dritte und letzte Reihe die heranstürmenden Bojer und Tiguriner aufhalten müsse. Auf beiden Seiten wurde erbittert gekämpft. Die Helvetier wußten, daß eine Niederlage das Ende ihrer Atlantikträume war, und jeder Legionär war sich bewußt, daß eine Niederlage in dieser Wildnis den sicheren Tod bedeutete. Auf beiden Seiten sah man niemanden fliehen. Nur die römischen Sklaven, die oben auf dem Hügel beim verschanzten Gepäck gebannt dem Schauspiel folgten, glaubten plötzlich die Römer unter Druck. Zuerst grinsten sie sich nur frech an. Allmählich verschwand der eine oder andere auf der Rückseite des Hügels, und plötzlich rannten sie zu Hunderten weg. Johlend und spottend. Die Centurionen verboten den Rekruten, die Verfolgung aufzunehmen. Sie brauchten jeden Mann Reserve. Der Kampf unten am Hügel artete in eine regelrechte Abschlachterei aus, die von Mittag bis tief in die Nacht dauerte. Auf beiden Seiten waren die Verluste riesig, die Zahl der Verletzten unüberschaubar. Doch selbst jene, die sich mit schwersten Verwundungen vorübergehend aus dem Kampfgeschehen zurückgezogen hatten, erhoben sich nach einer Weile wieder, um weiterzukämpfen. Jede Seite versuchte immer wieder mit einem allerletzten Aufbäumen die Entscheidung herbeizuführen. Die Männer fielen und starben, zu Tausenden lagen sie auf der blutgetränkten Erde. Ein Centurio rannte wie von Sinnen mit abgetrennten Armen durch das unüberschaubare Leichenfeld, bis er in einem Brei von dampfenden Gedärmen ausglitt und der Länge nach hinfiel. Ein Kelte torkelte in die feindlichen Linien und versuchte dabei das abgeknickte Pilum aus seinem Hals zu ziehen. Ein Schwerthieb spaltete ihm den Kopf. Ein großes Auge kullerte über den bronzenen Muskelpanzer eines jungen Tribuns, der bewegungslos, aber mit weit aufgerissenen Augen in den Himmel starrte. Ein Kelte brach tot über ihm zusammen. Der Gladius steckte noch in seiner Achselhöhle. Und langsam wurden die Rufe der Kelten schwächer. Die Bojer und Tiguriner zogen sich allmählich zurück. Sie taten es so ruhig und geordnet, daß man den Eindruck haben konnte, sie hätten nun genug von der Schlacht. Die Frauen und Alten, die an der Stelle geblieben waren, wo der lange Treck sich am Mittag aufgelöst hatte, hatten
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