Cäsars Druide
Lederriemen zusammengebunden. Über der bläulichen Reitertunika trugen sie eine dunkle, langärmelige, aber sehr kurze Tunika. Den Rücken bedeckte ein langer, dicker Wollmantel, den vorne am Hals dicke Goldspangen zusammenhielten. Das auffallendste Merkmal war jedoch der lange rotblonde Haarschopf, den sie seitlich mit einem Knoten zusammengebunden und mit einer zusätzlichen Stirnbinde fixiert hatten. Die Schnurrbärte trugen sie nicht so üppig und wuchernd wie die Kelten. Auch die Kinnbärte waren seitlich beschnitten und verlängerten die Gesichter. Sie wirkten noch hagerer. In den Gesichtszügen lag eine Gelassenheit und Ruhe, die eine gewisse Abgeklärtheit ausstrahlte. Es waren sieben Gesandte. Sie wurden höflich empfangen und zu Cäsar geführt. Vor dem Feldherrenzelt ließ man sie warten. Prätorianer wollten ihnen die Pferde abnehmen, aber sie weigerten sich abzusteigen. Als einer der Prätorianer dabei etwas zu forsch vorging, versetzte ihm einer der Germanen einen Fußtritt ins Gesicht. In diesem Augenblick trat Cäsar aus seinem Zelt. Er hatte mich, Wanda und Procillus als Dolmetscher ausgewählt und erklärte, daß es mit Ariovist vermutlich noch zahlreiche Unterredungen geben würde, nicht nur im römischen, sondern auch in Ariovists Lager. Offenbar wollte Cäsar nicht seine Legaten riskieren. Und schon gar nicht die jungen Tribune, die ihm den Zorn ihrer Väter in Rom zugezogen hätten. Er hatte ja bereits einen verloren.
»Bist du Cäsar?«
»Ja«, antwortete Wanda, »er ist Cäsar.« Sie sprach, ohne gefragt worden zu sein. Die germanischen Gesandten schauten erstaunt zu ihr hinunter. Sie hatten nicht erwartet, daß eine gallo-römisch gekleidete Frau akzentfrei Germanisch sprach.
»Höre, was Ariovist dir zu sagen hat. Da du seinem Wunsch entsprochen hast und näher gerückt bist, kann Ariovist einer Unterredung zustimmen, ohne sich in Gefahr zu begeben. Die Unterredung soll in fünf Tagen stattfinden.«
Cäsar nickte dem Gesandten zu und sagte in lateinischer Sprache, daß er damit einverstanden sei. Er würdigte Wanda keines Blicks. Da Procillus erkannt hatte, daß Cäsar sich daran störte, von einer Frau übersetzt zu werden, hatte er mir einen Wink gegeben, die Übersetzung zu übernehmen.
Die Gesandten stellten die Bedingung, daß Cäsar zur Unterredung kein Fußvolk mitbringen dürfe. Beide Seiten sollten mit ihrem berittenen Gefolge erscheinen. Falls Cäsar damit nicht einverstanden sei, solle er überhaupt nicht kommen.
Cäsar erwiderte, daß er die Bedingung akzeptiere.
Wenig später rief Cäsar seine Offiziere zusammen. Es waren nur die Legaten und die obersten Tribune anwesend. Er war besorgt. War Ariovists Forderung, ohne Fußvolk zu erscheinen, eine Falle? Auch Ariovist wußte, daß Cäsar praktisch über keinerlei römische Reiter verfügte. Wollte Ariovist ihn zwingen, sich der häduerischen Reiterei anzuvertrauen? Cäsar wollte die Meinungen der höheren Offiziere hören. In Wirklichkeit wollte er vermutlich nur herausfinden, wer ihn einer Gefahr aussetzen wollte und wer nicht. Wer für und wer gegen ihn war. Etliche Tribune lobten scheinheilig die Zuverlässigkeit der Häduer, doch schließlich meldete sich der Legat Brutus zu Wort und empfahl Cäsar, den Häduern alle Pferde wegzunehmen und die zehnte Legion damit auszurüsten.
»Nachdem du die zehnte bereits zu deiner Leibwache ernannt hast, kannst du sie ja auch gleich noch zu deiner Reiterei machen«, scherzte Labienus. »Ich finde den Vorschlag des Legaten Brutus vernünftig.«
Ein Tribun gab zu bedenken, daß man mit dieser Geste die Häduer beleidigen könnte, aber er wagte nicht zu insistieren, denn er spürte, daß man ihm jede Hartnäckigkeit als Cäsarfeindlichkeit auslegen würde.
Fünf Tage später ritt Cäsar kurz vor Mittag aus dem Lager. Er wurde von einigen ausgewählten Legaten, Offizieren und Dolmetschern eskortiert. Die zehnte Legion war nun eine berittene Legion. Wir ritten eine gute Stunde über eine weite Ebene, bis wir schließlich einen hohen Erdhügel erreichten, der wie ein erdener Schildbuckel aus dem flachen Gelände ragte. Dieser Hügel war von beiden Lagern in etwa gleich weit entfernt. Cäsar befahl den Soldaten, ungefähr zweihundert pes vor dem Hügel haltzumachen. Von hier aus konnten sie nicht nur den Kamm des Hügels im Auge behalten, sondern auch das, was sich in der Ebene dahinter abspielte. Dort war mittlerweile Ariovist mit seinen Reitern eingetroffen. Auch er gab seinen
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