Cäsars Druide
einhalten, meine Schulden zurückzahlen und dann nach Massilia reisen.«
»Du machst immer noch Pläne, Herr? Das wird deine Götter belustigen. Vielleicht machen dich Cäsars Götter zum römischen Bürger und später gar zum Senator!«
Wanda strahlte mich an.
»Als Junge träumte ich immer davon, eines Tages in Massilia ein großes Handelshaus zu führen und von nubischen Sklavinnen verwöhnt zu werden …«
»Du willst nubische Sklavinnen?« fragte Wanda mit deutlichem Mißfallen.
»Ja«, scherzte ich, »aber zuvor werde ich dir die Freiheit schenken, Wanda.«
»Ist das wahr, Korisios?«
Sie nannte mich wieder Korisios. Ich nahm sie in die Arme.
»Im Grunde genommen bist du doch auch ein Sklave. Du bist der Sklave deiner Schulden, du bist Kretos' Sklave, und manchmal bist du auch der Sklave deiner Sklavin«, flüsterte Wanda, während sie ihre Tunika über den Kopf zog und übers ganze Gesicht strahlte, wie nur Verliebte strahlen können, »aber es geht uns gut.«
Wanda hatte recht. Wir hatten eine warme Unterkunft, genug zu essen, ich verdiente ganz ordentlich und hatte manchmal ganze Wochen zu meiner freien Verfügung, an denen ich mich um Kretos' Angelegenheiten kümmern konnte. Ich lernte die Märkte in Vesontio kennen, die Wirtshäuser und Kneipen, und die langen Winternächte verbrachte ich in Wandas Armen. Sorgfältig notierte ich alles, was hier hergestellt und verkauft wurde, notierte die dafür gebotenen Mindest- und Höchstpreise, erstellte Listen von Waren, die hier gewünscht, aber kaum angeboten wurden, ich schrieb die Namen der Händler und ihrer Produkte auf, die Namen der kleinen Fabriken, und ich staunte nicht schlecht, als ich immer wieder feststellte, daß man hier in Gallien praktisch alles gegen römischen Wein tauschen konnte. Ja, auch die milchtrinkenden Druiden in Vesontio schimpften, die Römer würden Gallien weder mit dem Schwert noch mit dem Spaten erobern, sondern mit ihrem Wein. Als hätten einige von uns sich nicht schon vor dem Einfall der Römer mit ihrem honigsüßen Weizenbier um den Verstand gesoffen! Für einen Weinliebhaber wie mich waren die druidischen Vorwürfe gelinde gesagt etwas einseitig. Man muß auch als Kelte zugeben können, daß der römische Wein dem keltischen Weizenbier überlegen ist. Aulus Hirtius war sogar der Meinung, daß Kolonisatoren die Eingeborenen seit Menschengedenken mit ihren berauschenden Getränken beglücken. Wie auch immer, ich habe die römischen Weinimporte nie den juckenden Geschlechtskrankheiten gleichgesetzt, sondern als Geschenk ihres Handelsgottes Merkur betrachtet. Auf den Märkten konnten wir zwar keinen Falerner kaufen, aber immerhin die Zutaten für einen richtigen Würzwein: griechischen geharzten Weißwein, Honig, schwarzen Pfeffer, Lorbeerblätter, Safran und Datteln. Überall, wo die Legionäre länger als ein paar Monate lagerten, tauchten, solange die Straßen befahrbar waren, auf den einheimischen Märkten römische Waren und Lebensmittel auf. Im Dezember und Januar machten Eis, Schnee und Schlamm den Transport unmöglich. Wer sich also nicht rechtzeitig mit Harzwein eingedeckt hatte, konnte seinen Gästen bereits zum Jahresende keinen heißen Würzwein mehr anbieten. Und Wanda und ich hatten oft Gäste: die Offiziere aus Cäsars Schreibkanzlei, Legionäre, die Briefe nach Hause schreiben wollten, oder Ursulus, den Primipilus, der an mir offenbar einen Narren gefressen hatte. So lernte ich unter Krixos' Anleitung die Herstellung eines perfekten Glühweins. Gut, dieses Gebräu kommt natürlich nicht an einen sechsjährigen Falerner heran, aber es reicht aus, um einen Abend lang die Gesellschaft römischer Offiziere zu ertragen.
»Trebatius Testa«, scherzte eines Abends Gaius Oppius, als wir mit einigen Offizieren bei uns in der Baracke saßen, »wenn Cäsar hier in Gallien fertig ist, wird er Legionen von Juristen brauchen, die in Rom seinen Kopf retten.«
»Wer Geld hat«, entgegnete der junge Jurist, »kann sich mittlerweile sogar den Rechtsbeistand sparen.«
»Er hat recht«, pflichtete ihm Aulus Hirtius bei. »Mein Schwager hat mir geschrieben, daß die Amtsbewerber in Rom mittlerweile in aller Öffentlichkeit Tische aufstellen, an denen der wählenden Bevölkerung ungeniert Bestechungsgelder bezahlt werden! Stellt euch das mal vor! In Rom darf ein Amtsbewerber ungeniert in aller Öffentlichkeit die Wähler bestechen!«
»Unter Sulla«, polterte Ursulus, »wäre das nicht möglich gewesen!«
»Sicher«,
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